Montag, September 16, 2024

Reinhold Messner erreicht Gipfel in Familienkrieg

Die Familie des Rekord-Bergsteigers Reinhold Messner liegt im Streit. Grund dafür ist die vorzeitige Aufteilung seines Erbes.


Reinhold Messner ist einer der wohl bekanntesten Südtiroler. Der Extrembergsteiger hat als erster Mensch den Mount Everest – den höchsten Berg der Welt – ohne künstliche Sauerstoffzufuhr erklommen, ebenso war er der erste Bergsteiger, der ohne Sauerstoff-Flasche alle Gipfel der famosen 8000er bestiegen hat. In späteren Jahren, für die 8000er zu alt, lehnte er sich nicht zurück, bis heute zeigt er seinen Unternehmergeist: Er gründet Museen, schreibt Bücher, erzählt über seine einzigartigen Geschichten und Erfahrungen. Sein Erbe ist groß, kulturell und finanziell. Und um dieses Erbe wird jetzt gestritten, so heftig, dass sich die Familie Messner in zwei Lager gespalten hat. Was steckt hinter der jüngsten Eskalation? ZackZack arbeitet den Fall auf.


Erste Anzeichen eines Familienstreits


Im Spätsommer bis Herbst sollte das jüngste Messner Mountain Museum (MMM) in Sexten in der Bergstation der alten Seilbahn auf dem Berg Helm fertiggestellt werden. Das Museum würde sich auf das in den umliegenden Gebirgen häufig praktizierte Felsenklettern fokussieren. Plötzlich aber zieht sich der Namensgeber und Gründer aus dem Projekt zurück und verkündet einen neuen Namen für die Seilbahnstation: „Messner Mountain Heritage“. So eine Namensgebung kann zwar irrelevant wirken, der Hintergrund spielt aber eine große Rolle. Die Messner Mountain Museen werden seit dem vorzeitigen Erbe mehrheitlich von seiner Tochter Magdalena geführt. Mit dem Rückzug entzieht er das Projekt der MMM-Kette und bindet es somit an sich. Diese Aktion deutet einen tiefen Spalt in der Familie an.


Das Erbe des Kletterers


Messners Vermögen wird auf etwa 30 bis 40 Millionen Euro geschätzt, dieses hat er vor fünf Jahren mittels Schenkungen größtenteils an seine Kinder und seine jetzige Ehefrau weitergegeben. Die Messner Mountain GMBH und damit die sechs Messner Mountain Museen gingen mehrheitlich an die Tochter Magdalena Messner, deren Leitung sie seit 2014 innehatte. Seinem Sohn Simon wurden die Bauernhöfe Oberord und Unterord unterhalb des Schlosses Juval zugeschrieben, das Schloss bekam Tochter Anna geschenkt. Über die Schenkungen an seine Tochter Layla ist nichts weiter bekannt. Erbin war auch Diane Schumacher, seine jetzige Frau, die das Management Messners neuer Projekte, wie etwa das Messner Mountain Heritage, übernimmt. „In dem Moment, als ich mein materielles Geld an die Kinder und Ehefrau verteilt hatte, zerbrach die Familie“, erzählt der 79-jährige in einem Interview mit der deutschen „Apotheken-Umschau“. Es sei nur noch darum gegangen, wer mehr bekommen hat und wer weniger.


Magdalena Messner äußerst sich nicht zur Familiensituation


Der Streit in der Familie bestätigt sich auch dadurch, dass der Abenteurer künftig nicht mehr an den Veranstaltungen bei den MMM teilnehmen wird. Darunter fallen auch die im August stattfindenden „Gespräche am Feuer“, bei denen seine Erzählungen Jahr für Jahr tausende Zuschauer angelockt haben.
Magdalena Messner, Tochter von Reinhold Messner und inzwischen Leiterin der MMM, stellte sich am 6. August dem Rai-Morgengespräch – unter der Bedingung, dass sie nicht zur Situation in der Familie befragt werde. Beim Interview wirkte alles fast wie normal. Reinhold Messner solle mehr in den Mittelpunkt der Museen gestellt werden, diese seien das Lebenswerk ihres Vaters, erklärte die mehrheitliche Besitzerin des Messner Mountain GMBH. Im Gespräch geht es vor allem um die Zukunft, der Gründer und Star der MMM ist im fortgeschrittenen Alter und man müsse sich um das Morgen Gedanken machen. Hier zeigt sich Magdalena Messner positiv und stellt unter Beweis, dass das System MMM auch in Zukunft funktionieren wird. So finden die diesjährigen „Kamingespräche“ auf Schloss Sigmundskron – dem Herzstück der MMM – heuer zum ersten Mal ohne Reinhold Messner statt. Für ihn ergreifen andere Gäste, darunter Familie und Freunde, das Wort. Magdalena Messner bezeichnet diesen Schritt als „gelungenen Spagat in die nächste Generation“. Sie spielt die Entwicklung, die Veranstaltungen ohne ihren eigentlichen Star durchzuführen, herunter, aber die kurzfristige Entscheidung dazu offenbart anderes. Indirekt wirkt der Schritt wie ein Zeichen an alle und ganz besonders an ihren Vater: Es geht und es wird auch ohne Südtirols Kultfigur Reinhold Messner weitergehen.

Bild: Das heurige Line-Up bei den Gesprächen am Feuer – links Tochter Magdalena Messner, daneben Sohn Simon Messner. Reinhold Messner selbst ist heuer zum ersten Mal nicht dabei – Quelle: Messner Mountain Museum


„Die Familie hat mich rausgeworfen“


Magdalena Messner äußerst sich nicht zu der Familienfehde, vielmehr deutet sie eine relativ friedliche Überbrückung in die nächste Generation an. Reinhold Messner aber lässt nicht locker. In einem Gespräch, wieder mit dem Regionalsender Rai Südtirol, erzählt er zwei Tage später, am 8. August von seiner Isolierung in der Familie und verwendet dabei harte Worte: „Wenn ich die ganze Geschichte erzähle, würde sie mir niemand glauben – so schlimm ist sie.“ Es sei ein großer Fehler gewesen, seine Erbschaften zu Lebzeiten zu verteilen, so würde er das nicht mehr regeln. Er habe seinen Besitz zwar nach bestem Wissen und mit viel Überlegung aufgeteilt und war sich „hundertprozentig sicher, dass meine Familie nicht über das Erbe streitet.“ Schlussendlich ist es dennoch anders gekommen. Die Kluft zwischen ihm und den Kindern liegt laut Messner so tief, dass er seine Familie schon lange nicht mehr gesehen hat: „Die Beziehungen sind so schlimm geworden, dass es fast keine Kontakte mehr gibt. Das letzte Mal hatte ich zu meinen Sohn Simon Kontakt, vor inzwischen einigen Monaten“. Er fühle sich regelrecht aus der Familie rausgekickt. „Die Zeit wird zeigen, wer bei uns im Recht ist“, ist sich Messner sicher.


Gegendarstellung der „alten Familie“


Mit dabei beim Gespräch auf Schloss Juwel war seine jetzige Ehefrau Diane Messner. Die gebürtige Luxemburgerin ist 36 Jahre jünger als ihr Ehemann, die beiden sind seit circa drei Jahren verheiratet. Sie nutzt die Gelegenheit, um sich zur Situation zu äußern: „Ich kam erst spät in Reinholds Leben, für mich ist dieser Streit nicht greifbar“. Ihr und ihrem Mann bleibe im Gegensatz zu anderen Ehepaaren nicht so viel Zeit, sie schaue nach vorne und konzentriere sich auf ihn. Eine positive Einstellung also, dennoch finde sie es schockierend, was in der Familie Messner vor sich gehe und könne sich sowas in ihrer eigenen Familie nie vorstellen.
Anders stellt es das Südtiroler Wochenmagazin FF dar. Es berichtet über den Streit und zitiert Messners zweite Frau, die gebürtige Wienerin Sabine Stehle, die sich „mit den Kindern gut verstehe“. Auch Simon Messner, Sohn und einst Geschäftspartner seines Vaters bei „Messner Mountain Movie“ bestätigt das in einem Gespräch mit der FF: „Es gibt keinen Streit zwischen den Geschwistern.“ Er nehme es dem Vater übel, dass dieser an die Öffentlichkeit gehe, anstatt mit der Familie zu kommunizieren. Je nach Seite also andere Ansichten, die sich so sehr eigentlich nicht unterscheiden. Zwischen den Geschwistern gibt es anscheinend keinen Streit um das Erbe, die Kluft besteht also mehr oder weniger einheitlich zwischen der „alten Familie“ und dem Vater und seiner neuen Frau.


Geburtstag zu zweit alleine


Das Leben geht unterdessen weiter. Am 17. September feiert Reinhold Messner seinen 80. Geburtstag. Eine große runde Zahl, die man normalerweise gerne im Kreis der Engsten feiern würde. Messner feiert ihn zu zweit „allein“ mit seiner Frau Diane auf einer Almhütte. Der Spalt in der Familie sei wohl zu tief, um für den großen Tag über die Uneinigkeiten hinwegzublicken.


„Glück“ im Unglück


Reinhold Messners Name erscheint bald wieder in den Regalen der Büchergeschäfte. Ende August, zur Feier seines 80. Geburtstags, wird sein neuestes Werk „Gegenwind“ veröffentlicht. Wie es der Titel des autobiografischen Buches schon andeutet, geht es dabei um Hürden, mit denen Reinhold Messner in seiner Zeit als Unternehmer in Südtirol zu kämpfen hatte. Auch über seine Familiensituation werde er sprechen, so der Herr mit Legendenstatus in Südtirol und außerhalb. Der Familienzwist bringt jedenfalls mediale Aufmerksamkeit – kurz vor der Veröffentlichung eines Buches nicht schädlich.



Titelbild: Mario/pixabay

Autor

  • Nathanael Peterlini

    Nathanael Peterlini ist freier Journalist, kommt aus Bozen und lebt in Wien. Wenn ihm das aktuelle Weltgeschehen eine Verschnaufpause lässt, spielt er gerne Schach oder liest über organisierte Kriminalität aus Italien.

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