Samstag, Mai 18, 2024

Steigende Armut: Sozialmärkte unter Druck

Steigende Armut:

Sozialmärkte versorgen ihre Kunden billig mit dem Notwendigsten. Doch das wird angesichts der anhaltenden Teuerung immer schwieriger. ZackZack hat sich in Wien und Graz umgehört.

Graz/Wien, 31. Oktober 2022 | Die steigende Preislast erdrückt die Kaufkraft in Österreich. Immer mehr Menschen müssen deshalb ihren notwendigen Bedarf in einem Sozialmarkt decken. Dort sind Produkte des täglichen Bedarfs deutlich günstiger zu haben. Doch bald könnte der nächste Schock kommen. Denn die Inflation macht auch vor den Sozialmärkten nicht Halt.

Erste Preise erhöht

In Wien haben letzte Woche bereits einige Sozialmärkte wie etwa “SOMA” bestimmte Preise leicht anheben müssen. Besonders bei denjenigen Sozialmärkten, die selbst Waren zukaufen, ist insbesondere Frischmilch teurer geworden. Beim “Sozialmarkt Wien” kletterte der Preis für einen Liter Milch beispielsweise auf 1,10 Euro. Damit macht man Verlust, derzeit rund 400 Euro pro Woche, verrät Präsident Alexander Schiel im Gespräch mit ZackZack.

Energiekosten enorm

Man sei aber trotz Preisdruck weiterhin bemüht, die höheren Kosten möglichst nicht an die Kunden weiterzugeben. Bei circa 30 Prozent mehr Kunden und gesunkenem Spendenumfang keine leichte Aufgabe, zumal sich die Energiekosten beim Sozialmarkt Wien in den letzten Monaten vervierfacht hätten, stellt Schiel fest.

Armut in Mittelschicht angekommen

Sowohl Alexander Schiel, als auch Svjetlana Wisiak von den sozial engagierten “Vinziwerken” beklagen im ZackZack-Gespräch die Verlagerung von Bedürftigkeit in den Mittelstand. Bei den “Vinzimärkten”, die ihren größten Sozialmarkt in Graz betreiben, könnten die einkaufenden „Gruppen nicht einmal mehr so genau definiert werden“, sagt Wisiak. Neben Sozialhilfebeziehern würden zunehmend auch Menschen mit schlechter bezahlten Jobs in Sozialmärkte kommen.

Angesprochen auf die generelle soziale Lage in Österreich sagte Wisiak, der Vinzimarkt in Graz sei ein „Barometer, wo sich abzeichnet, was passiert“. Auch hier würden jeden Tag in etwa 30 Prozent mehr Menschen einkaufen als noch vor einigen Monaten.

Weniger Spenden

Sowohl der “Sozialmarkt Wien”, als auch die Vinzimärkte haben derzeit mit abnehmenden Spenden zu kämpfen. Neben privaten Unterstützern setzt man auch auf die Kooperation mit Supermärkten, die überschüssige oder fehlerhafte Waren gratis weitergeben. Im ZackZack-Gespräch betonen sowohl Schiel als auch Wisiak, dass die Supermärkte sparsamer kalkulieren und deshalb bestimmte Waren immer seltener an die Sozialmärkte weitergeben. So seien bei den Vinzimärkten besonders Frischprodukte wie Fleisch generell knapp geworden.

“Too good to go”

Ein lösbares Problem ist für die Sozialmarktbetreiber die etwaige Konkurrenz zu anderen Initiativen. Grundsätzlich würden sowohl die Sozialmärkte Wien, als auch die Vinzimärkte Projekte wie beispielsweise „Too Good To Go“ begrüßen, die Lebensmittel via rabattiertem Privatkauf vor dem Mistkübel bewahren.

Man müsse sich aber in Zukunft genauer mit allen Beteiligten koordinieren, damit das Angebot der Sozialmärkte weiterhin sichergestellt ist. „Es braucht eine Aussprache“, sagt Svjetlana Wisiak, denn es sei „genug für alle da, es geht nur um die Verteilung“.

Regierung gefordert

Von der Bundesregierung wünscht sich Wisiak „zielgerichtetere Hilfe“, denn man merke in persönlichen Gesprächen mit Kunden, dass „sich Verzweiflung breitmacht“. Nur so könne man dem eigenen Grundsatz treu bleiben: „jedem helfen, der Hilfe sucht“.

(dp)

Titelbild: ZackZack / Christopher Glanzl

DanielPilz
DanielPilz
Taucht gern tiefer in komplexe Themengebiete ein. Lebt trotz Philosophiestudiums nicht im Elfenbeinturm und verpasst fast kein Fußballspiel.
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17 Kommentare

  1. Aber genau dort wollen doch die die is Sagen haben, die breite Masse ja haben, ned …
    Gemäß dem Motto ‘wer der der nix zum Fressn hat, der kan si ah ned wehrn’

  2. Gibt es dazu auch Lösungsmöglichkeiten von der Sozialdemokratischen Partei Österreichs?
    Nein.
    Man legt sich lieber in das Bett mit der ÖVP, siehe Tirol.

  3. Es ist gut, zu lesen, dass es noch Menschen mit Mitgefühl, Selbstlosigkeit und Anstand gibt. Danke!

  4. Eine Schande, dass es in einem reichen Land wie Österreich solche Einrichtungen überhaupt geben muss. Und gleichzeitig ein Spiegelbild des permanenten Versagens unserer ach so stabilen Politik…
    Es muss dringend heller werden!

  5. Glücklicherweise sind Flüchtlinge geschützt vor solchen Existenzängsten und Zukunftssorgen mit ihrer vom Steuerzahler beahlten lebenslangen Sozialhilferente.

  6. In Uruguay gab es vor nicht so langer Zeit einen Präsidenten namens Mujica, der 90 % seines Gehaltes den Armen gespendet hatte. Das könnte Österreichs Alex v d Bellen auch nachmachen, ebenso die Minister, die 20 plus im Monat einstreifen und die Nationalratsabgeordnete, die 10 plus einstreifen. Wenn diese Damen und Herren nur 50 % ihrer Einkünfte spendieren, wäre schon viel Armut beseitigt.

    • ‘Wenn diese Damen und Herren’

      … sich nicht als elendige Mastdarmakrobaten gegenüber dem Geldadel, Industriellen, etc … erweisen würden, dann …

      ‘wäre schon viel Armut beseitigt.’

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