Immobilientycoon René Benko wollte einen Immo-Deal mit der Vorarlberger Gemeinde Lech möglichst rasch durchziehen. Als Gegenleistung bot er 500.000 Euro. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft ermittelte, doch die Oberstaatsanwaltschaft Wien schlug das Verfahren per Weisung nieder. Sie sah in Benkos Angebot kein Verbrechen.
Wien/Lech, 15. Oktober 2019 / Frühling 2011: Über zwei seiner Unternehmen kauft René Benko eine Firma, der ein riesiges Anwesen in der Vorarlberger Tourismusgemeinde Lech gehört. Die Gemeinde hält ein Vorkaufsrecht an der Immobilie. Die Beratungen darüber, ob die Gemeinde nun ihr Vorkaufsrecht in Anspruch nehmen soll, würden einige Zeit dauern.
Schnelles Verfahren ist Benko “etwas wert”
Doch gerade das will Benko nicht. Er möchte, dass die Gemeinde den Deal möglichst rasch und unkompliziert über die Bühne bringt. Bei einer Besprechung mit dem Vizebürgermeister und anderen Gemeindepolitikern macht der Gemeindesekretär einen Aktenvermerk. Er notiert, dass es Benko “wichtig wäre und auch etwas wert ist, relativ schnell zu einem Projekt zu gelangen.”
Wie viel ihm das wert ist, sagt Benko auch dazu: “Er möchte ein Chalethotel mit 10 bis 12 Suiten im hochwertigen gastronomischen Segment errichten.” Ein Luxushotel also. Nicht irgendein Luxushotel, sondern eine Absteige für Superreiche – 270.000 Euro kostet sie pro Woche. Etwas weniger, nämlich “unpräjudiziell einen Beitrag in Höhe von 250.000 Euro” bot Benko der Gemeinde Lech, wenn “seitens der Gemeinde auf ein Ausjudizieren des Vorkaufsrechtes verzichtet wird.”
Insgesamt 500.000 Euro geboten
Unpräjudiziell, das heißt ohne großes rechtliches Aufsehen. Und Benko will keine Verzögerungen: “Er wäre zusätzlich bereit im Rahmen einer zeitlich vernünftigen Abwicklung der Genehmigungsverfahren für sein Projekt im Nachhinein einen Beitrag in Höhe von Euro 250.000.– für Projekte der Gemeinde zur Verfügung zu stellen.”
Eine Art Erfolgsprämie für rasche Abwicklung von Genehmigungsverfahren? Kein Wunder, jede Woche könnte Benko schließlich 270.000 Euro mit dem “Chalet N” verdienen.
Für die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) ist die Sache klar: Da verspricht jemand Geld dafür, dass Amtsträger ihm unter Verletzung ihrer Pflichten einen Vorteil verschaffen. Es geht also um Korruption.
Alte Bekannte
Doch die Oberstaatsanwaltschaft sieht die Sache anders. Von Benkos Anwälten – der Immomagnat wird von der Kanzlei des Ex-Justizministers Dieter Böhmdorfer vertreten – auf die Sache aufmerksam gemacht, weist sie die WKStA am 14.10.2016 an: Das Verfahren ist einzustellen.
Pikantes Detail: Leiterin der Oberstaatsanwaltschaft ist damals Eva Marek. Sie hat ihre Karriere im Justizministerium unter Böhmdorfer gemacht. Auf ihre Stelle als Leiterin der Oberstaatsanwaltschaft gelangte sie, obwohl sie im Besetzungsvorschlag der Personalkommission nicht Erstgereihte war. Das war ausgerechnet die Leiterin der WKStA, Ilse Maria Vrabl-Sanda.
“Interpretationsspielraum”
In den Äußerungen Benkos, die für die WKStA ein Bestechungsangebot darstellen, sieht die Oberstaatsanwaltschaft laut ihrer Weisung einen “weiten Interpretationsspielraum”. Obwohl das Gesetz vorschreibt, dass diese Entscheidung der Oberstaatsanwaltschaft veröffentlicht werden muss, passiert drei Jahre lang gar nichts. Erst vor einigen Wochen veröffentlicht die OStA ihre Weisung.
Warum die lange Verzögerung? Michael Klackl, erster Oberstaatsanwalt, sagt gegenüber ZackZack, die Veröffentlichung sei “im Sinne der Transparenz” erfolgt: Nachdem klar wurde, dass es ein großes öffentliches Interesse an dem Fall gebe, sei die Entscheidung schließlich veröffentlicht worden.
Benko einschlägig vorbestraft
Eine einschlägige Vorstrafe Benkos wird in der Einstellungsweisung überhaupt nicht erwähnt. Seit 2014 ist Benko rechtsgültig vorbestraft, weil er für den raschen und wunschgemäßen Abschluss eines italienischen Steuerverfahrens 150.000 Euro zahlen wollte. Ein Freund des kroatischen Ex-Premiers Ivo Sanader sollte den Deal mit Italiens Premier Silvio Berlusconi einfädeln. Die Sache flog auf und Benko wurde zu einem Jahr bedingter Haft verurteilt.
Schon damals sah Benkos Anwalt Dieter Böhmdorfer nichts Verwerfliches. Eckart Ratz, der Präsident des Obersten Gerichtshofes, jedoch schon: Wenn ein Ministerpräsident den anderen anriefe, könne man wohl davon ausgehen, dass Druck ausgeübt werde.
Die Tatsache, dass Benko also in einer ganz ähnlichen Causa verurteilt ist, wurde in der Einstellungsbegründung der OStA nicht einmal erwähnt. Benko wird in dieser Sache nicht vor den Richter treten müssen.
(tw)
Titelbild: ZackZack Grafik