Mittwoch, Dezember 11, 2024

Baum-Pflanz? Fake News zum Thema Klimawandel

Viele Bäume pflanzen gegen die Klimaerhitzung. Eine Studie eines Teams um Jean-Francois Bastin von der ETH Zürich legt das nahe. Eine wunderbar einfache Idee, die nun gerne von Politikern und Aktivisten aufgegriffen wird. Doch wie so oft bei simplen Lösungen gilt: Ganz so einfach ist die Sache nicht.

Wien, 18. Oktober 2019 / Bis zu 200 Milliarden Tonnen Kohlenstoff sollten der Atmosphäre entzogen werden, wenn die Menschheit mehr als eine Billion Bäume pflanzen würde. Bäume könnten damit zwei Drittel der bisherigen menschengemachten CO2-Belastung ausgleichen. Die Folgen von über zwei Jahrhunderten industrieller Entwicklung sollen damit verschwinden. Laut den Forschern gibt es genügend ungenutzte Flächen auf unserem Planeten, die in der Lage wären, dieser Menge an Bäumen die sprichwörtliche Lebensgrundlage zu bieten. Einfach wunderbar! Doch stimmt das überhaupt?

Kritiker wurden nicht gehört

Schon kurz nach der Veröffentlichung der Studie wurde unter vielen Klimawissenschaftlern Kritik laut. Das renommierte Science Magazin hat bisher einige Artikel veröffentlich, in denen mehrere Wissenschaftler ihre Kritik konkretisieren. Auch Stefan Rahmstorf, Klimatologe am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung hat sich im Spektrum der Wissenschaften zu Wort gemeldet. Er hat leider eher schlechte Nachrichten.

CO2 Puffer Erde nur mangelhaft berücksichtig

Wichtige Rückkopplungseffekte im CO2-Kreislauf wurden offenbar in der Studie nicht berücksichtigt. „Es wurden dabei Äpfel mit Birnen verglichen“, so Rahmstorf. Die Erde puffert CO2 und das im positiven wie auch im negativen Sinne. Das heißt übersetzt: seit der Industrialisierung im 19. Jahrhundert ist nicht alles CO2, dass der Mensch ausgestoßen hat, in der Atmosphäre gelandet, sondern nur ein Teil davon. Ein Teil wurde von der Erde in Böden und Ozeanen gepuffert. Das funktioniert leider auch umgekehrt. Alle Bäume zusammengerechnet würden zwar das vorgesehene CO2 aufnehmen. Die Puffer im CO2 Kreislauf würden das aber diesmal im negativen Sinne funktionieren und weniger CO2 aufnehmen. Der Effekte wäre wesentlich weniger stark, als die Wissenschaftler der ETH in ihrer Studie nahelegen.

Bäume brauchen Zeit, zu wachsen

Ein weiterer Kritikpunkt ist: viele berücksichtigenden den Zeitraum, in dem die Bäume das CO2 aufnehmen, nicht. Rahmstorf bringt es so auf den Punkt: Es würde laut ETH-Studie 50 bis 100 Jahre dauern, bis die 1000 Milliarden Bäume 200 Gigatonnen Kohlenstoff gespeichert haben. Im Schnitt wären das also 2 bis 4 Gigatonnen Kohlenstoff pro Jahr. Die derzeitige Emission beträgt aber 11 Gigatonnen Kohlenstoff pro Jahr. Damit beseitigt die Maßnahme nur rund ein Drittel aller CO2 Emissionen. Wir sind also weiterhin gezwungen, unseren Ausstoß stark zu reduzieren.

Wo sollen die Bäume gepflanzt werden?

Die ETH-Forscher habe neuste Methoden wie Maschinen-Lernen kombiniert mit hochaufgelösten Satellitenbildern verwendet, um festzustellen, wo denn die vielen Bäume gepflanzt werden könnten. 1,8 Milliarden Hektar Land müsste es sein. So viel wie die Fläche von China und den USA zusammen. Ein erheblicher Teil des für die Pflanzung in Frage kommenden Landes liegt dabei im hohen Norden in Alaska, Kanada, Finnland und Sibirien.

Dunkle Wälder nehmen Wärme auf

Nicht berücksichtigt wurde in der ETH-Studie der damit verbundene negative Rückkopplungseffekt von Wäldern, die wie gesagt im hohen Norden wachsen müssten.

Wälder sind deutlich dunkler als der derzeitig dort vorkommende Tundra-Boden. Damit würden die neuen Wälder mehr Wärme aufnehmen und diese letztlich wieder an die Atmosphäre abgeben. Damit würden sie das Klima aber zusätzlich aufheizen. Der Kohlenstoff-Speichereffekt wäre damit noch einmal deutlich geringer.

Es gibt keinen Klimaschutz, der niemanden weh tut

Zusammenfassend muss man leider feststellen, dass ein gewisses Potential in dem Vorhaben liegt, möglichst viele Bäume zu pflanzen. Dieser Effekt ist aber deutlich geringer als vorhergesagt. Das heißt, wir müssen uns weiter um einen effizienten und schnellen Schutz vor der heraufziehenden Klimakatastrophe bemühen.

(sm)

 

Titelbild: APA Picturedesk

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