Inmitten des Angriffs der Türkei auf die Kurden prescht ein Teil der US-amerikanischen Politik mit Symbolpolitik vor. Das US-Repräsentantenhaus erklärte den Tod von 1,5 Millionen Armeniern im Osmanischen Reich als Völkermord. So gesellt sich die USA überraschend zu 21 weiteren Staaten. Der Möchtegern-“Sultan” Erdogan reagierte erwartungsgemäß wütend, denn er und seine AKP leugnet den Völkermord.
Istanbul/Washington, 30. Oktober 2019 / Kaum ein Kurden-Vertreter warnt aktuell nicht vor einem drohenden Genozid gegen das eigene Volk. Seitdem Erdogan in die Kurdengebiete von Syrien eingefallen ist, geistert das schreckliche Gespenst des Völkermords um die Welt. Ein vergangener Völkermord aus dem Ersten Weltkrieg war nun durch eine Resolution Thema im US-Repräsentantenhaus. Die demokratische Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, erinnerte an eine der schlimmsten Gräueltaten des 20. Jahrhunderts und zeigte sich erfreut über das deutliche Abstimmungsverhältnis von 405 zu 11 Stimmen.
Symbolischer Akt aus Washington
Just wenige Stunden, nachdem die Waffenruhe in Syrien ausgelaufen war, wurde eine symbolische Geste von Washington an Erdogan übermittelt. Mit großer Mehrheit wurden die Massaker an den Armeniern, die im Osmanischen Reich verübt worden waren, durch das Hohe Haus gebracht. Man würde die Tötung von 1,5 Millionen verurteilen. Hierzulande war man schneller: hundert Jahre nach den Geschehnissen der systematischen Ermordung von 1,5 Millionen ethnischer Armenier stufte Österreich 2015 das Massaker des Osmanischen Reiches von 1915-17 als Völkermord ein. Davor vermieden österreichische Politiker stets den Begriff Völkermord in Bezug darauf zu verwenden.
Erwartungsgemäß reagierte der Bosporus-Sultan auf den Vorstoß aus den USA erzürnt. Er sprach von der „größten Beleidigung“ gegenüber dem türkischen Volk und betrachte die Resolution als „ohne Wert, die ohnehin nicht anerkannt wird“. Zugleich zitierte die türkische Regierung den US-Botschafter, David Satterfield, ins Außenministerium. Er musste zum Rapport, wegen einer „Resolution, die jeder historischen oder rechtlichen Grundlage entbehrt.“ All dies geschieht inmitten des Angriffs der Türkei auf Rojava (kurdisch-autonomes Gebiet, red.). Die Beziehungen zwischen USA und Türkei sind seit Wochen aufgrund der türkischen Militäroffensive gegen Kurden in Nordsyrien angeschlagen.
USA in Nord-Syrien völlig abgemeldet
Militärbasen nahe Kobanê, die Grenzstadt zur Türkei, die von den Kurden jahrelang gehalten wurde und einige Male erfolgreich gegen den IS verteidigt werden konnte, ist mittlerweile von russischen Militärs besetzt. Denn im Vertrag zwischen Putin und Erdogan ist auch vereinbart, dass die kurdischen Truppen aus besagter Stadt zurückziehen. Den USA, die aus der Region nun verdrängt wurden, bleibt nur noch die symbolische Politik. Im Krisengebiet Nord-Syrien hat Trump nichts mehr zu melden. Dieser Schritt ist allerdings selbstgewählt.
(wh/bf)
Titelbild: Flickr:VillageHero CC-BY-SA