Das größte Herz der Welt
Ein mehr als 300 Kilo schweres Herz versorgt einen 70 Tonnen schweren Körper mit 5.000 Liter Blut pro Minute. Mehr als 30 Meter lang können Blauwale werden. Damit sind sie die schwersten Tiere, die jemals auf dieser Erde gelebt haben. Sie wurden beinahe ausgerottet und wir wissen immer noch sehr wenig über diese Riesen der Meere. Der Herzschlag von Blauwalen gab Forschern bisher Rätsel auf. Einem Team um den Meeresbiologen Jeremy Goldbogen von der Stanford University ist es nun zum ersten Mal gelungen, ein EKG eines Blauwals zu erhalten.
Standford, Kalifornien, 28. November 2019 / Für den Herzschlag von Säugetieren gibt eine Faustregel: je kleiner das Tier, desto schneller der schlägt es. 1000 Schläge pro Minuten sind es bei der bei der Etruskerspitzmaus, 900 bei der Zwergfeldermaus und 72 beim Menschen. Ein Elefant hat einen Ruhepuls von 25 bis 30 Schlägen pro Minute. Doch wie sieht es mit dem größten Tier der Welt, dem Blauwal aus? Bisher lagen dazu nur Vermutungen vor, denn bei den Riesensäugern kann nicht so einfach ein EKG erstellt werden.
EKG für den Blauwal
Meeresbiologen aus Kalifornien ist nun dieses Kunststück gelungen. Mit ein wenig Glück gelang es, ein EKG-Messgerät an einem Blauwalmännchen anzubringen. Die Forscher platzieren mit Hilfe von vier Saugnäpfen zwei EKG-Sensoren und ein Aufzeichnungsgerät auf der Brust des Blauwals. „Ich war mir wirklich nicht sicher, ob das funktionieren wird, weil so viele Dinge klappen mussten: Wir mussten einen Blauwal finden, den Sensor an genau der richtigen Stelle und in gutem Kontakt mit der Walhaut befestigen und dann natürlich noch sicherstellen, dass der Sensor funktioniert und Daten aufzeichnet“, sagt Jeremy Goldbogen.
Acht Stunden Monitoring
Das Kunststück gelang. Die Forscher konnten über 8,5 Stunden lang ein EKG aufzeichnen. In dieser Zeit unternahm der Wal mehrere Tauchgänge zur Nahrungssuche. Dabei taucht der Wal zuerst tief ab, um dann bei einem schnellen Aufstieg mit aufgerissenem Maul durch Schwärme seiner Beute, kleine Krebse Fische, hindurch zu tauchen.
Von einem Extrem ins andere
Beim Abtauchen sinkt die Herzrate des Blauwals zunächst stark ab. Das Herz schlägt dann nur noch vier bis acht Mal, im Extremfall sogar nur noch zwei Mal pro Minute. Beim für den Wal anstrengenden Hochschnellen erwarteten die Wissenschaftler eine Beschleunigung des Herzschlages. Doch das war nicht der Fall. Der Herzschlag war kaum schneller als der normale Ruhepuls von rund 15 Schlägen pro Minute. Nach dem Auftauchen fällt das Schlagen in das andere Extrem. Der Puls schlägt nun mit einer Rate mit bis zu 37 Schlägen pro Minute.
Tauchgänge sind für Wale kurz
Dieses Wechselspiel könnte erklären, warum die Futtertauchgänge der Blauwale meist sehr kurz sind. Der Körper der gigantischen Meeressäuger gerät zuerst in eine Sauerstoffschuld, die der Blauwal nicht lange verträgt. Die Forscher vermuten, dass der Aortenbogen der Blauwale zumindest einen gewissen Ausgleich für den langsamen Herzschlag schafft. Dieser Bogen kann sich zusammenziehen und so zwischen den Herzschlägen zusätzliches Blut in den Körper pressen.
Wachstumslimit erreicht?
Nach dem Auftauchen muss das Sauerstoffdefizit kurzfristig beseitigt werden, deshalb der für das Tier sehr schnelle Herzschlag. Laut den Meeresbiologen liegt diese Pulsrate am biologisch möglichen Limit. Ein schnellerer Herzschlag ist für so große Tiere nicht mehr möglich. Das bedeutet auch, dass Blauwale die mögliche Wachstumsgrenze von Tieren erreicht haben. Größer können Blauwale also nicht werden.
(sm)
Titelbild: APA Picturedesk