330 Millionen weniger fürs Klima?
Die türkis-grüne Regierung hat das grüne Superministerium für Klima, Energie und Umwelt für den Übergang kräftig zusammengestutzt: dem Ressort stehen jetzt um 54 Prozent weniger Mittel zur Verfügung. Davon profitiert vor allem das Landwirtschaftsministerium. Die provisorische Budgetpostenverteilung zeigt eine klare Linie: weniger für Grün, mehr für Türkis.
Wien, 18. Februar 2020 / Mit der neuen Ressortverteilung unter Türkis-Grün werden entsprechende Veränderungen nun auch bei den Budgetposten vorgenommen. Das Budget wird dabei unter den 35 Untergruppen, die wesentliche Politikbereiche zusammenfassen, unterteilt. Diese unterstehen der Verantwortung der jeweiligen türkisen bzw. grünen Ressorts. ÖVP und Grüne brachten nun die Änderung der bestehenden Budgetposten ein. Mit der Umverteilung der Zuständigkeit über Millionenbeträge geht auch eine Umverteilung von Macht einher: Die Grünen werden zugunsten der ÖVP kräftig beschnitten und erhalten damit eine geschwächte Ausgangsbasis für die Budgetverhandlungen der neuen Regierung.
Minus 54 Prozent für „Klima, Umwelt und Energie“
Die von ÖVP und Grünen eingebrachten Änderungen der Zuständigkeit über Budgetposten bringen herbe Schläge vor allem für das sogenannte Superministerium der Grünen. Denn am stärksten trifft der Beschluss die Untergruppe „Klima, Umwelt und Energie“. Gewessler verliert damit die Zuständigkeit über Posten von in Summe rund 320 Millionen Euro, was 54 Prozent der Mittel ausmacht. Das Geld fließt in die Zuständigkeit der dem Landwirtschaftsministerium (ÖVP) unterstehenden Untergruppe „Landwirtschaft, Natur und Tourismus“. Dazu gehören unter anderem die Budgetposten für Bergbau und Siedlungswasserwirtschaft, die mit insgesamt knapp 486 Millionen Euro an Erträgen ins Landwirtschaftsministerium wandern.
Insgesamt verliert Leonore Gewessler die Zuständigkeit über fast 320 Millionen Euro an Mitteln aus der Untergruppe “Klima, Umwelt und Energie”, sowie über weitere 10 Millionen Euro aus den Untergruppen Mobilität, Innovation und Technologie. Auf dem Bild sehen Sie den Abänderungsantrag.
Screenshot Twitter @MartinThuer, Ergänzungen ZackZack.
Das wahre Superministerium: Landwirtschaft
Das größte Zuckerl im Rahmen der im Nationalrat beschlossenen Umverteilung bekommt also Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger von der ÖVP. Die Untergruppe „Landwirtschaft, Regionen und Tourimus“, die ihrem Ministerium untersteht, freut sich bei der neuen Budgetpostenverteilung über einen kräftigen Verantwortungszuwachs mit einem Plus von 17 Prozent– in Zahlen: Rund 379 Millionen Euro mehr als zuvor. Das Ressort erhält neben der Zuständigkeit über die bereits erwähnten 320 Millionen Euro aus der Untergruppe „Klima, Umwelt und Energie“ weiters Posten aus dem Bereich „Verkehr, Innovation und Technologie“, der ebenfalls Leonore Gewesslers Klimaministerium unterliegt. Insgesamt budgetiert die Regierung 2,6 Milliarden Euro für die Untergruppe „Landwirtschaft, Regionen und Tourismus“. Die Untergruppe „Klima, Umwelt und Energie“ erhält knapp ein Zehntel davon: 267 Millionen Euro sind diese Agenden der Regierung wert.
Köstinger kann alles: Zivildienst, Infrastruktur, Bergbau
Das ist noch nicht alles: Auch die Erträge des Postens „41.02.07 Fernmeldebehörden/Funküberwachungen“ in der Höhe von über 430 Millionen Euro, die bisher bei der für Infrastruktur zuständigen Ministerin Leonore Gewessler waren, fallen nun dem Landwirtschaftsministerium unter Elisabeth Köstinger zu. Auch die Agenden für den Zivildienst wandern zu Köstinger, und damit ein über 50 Millionen Euro schwerer Posten.
Auch mehr als 400 Mio. Ertrag aus dem Titel Fernmeldebehörden wandern von Leonores Gewessler BMVIT zu Köstingers Landwirtschaftsministerium.
Wichtig zu beachten: Nicht inkludiert in den Budgetvoranschlägen sind ausgelagerte Gesellschaften wie die ÖBB, das AMS oder andere.
— Martin Thür (@MartinThuer) February 15, 2020
2 Millionen von Justiz an Bundeskanzleramt
Neben dem Landwirtschaftsministerium freut sich auch das türkise Bundeskanzleramt über einen Machtzuwachs. Der Verfassungsdienst wanderte von Justizministerin Zadic (Grüne) zu Kanzleramtsministerin Edtstadler (ÖVP) – und damit die Verantwortung über 2 Millionen Euro Budget. Bei diesem Posten geht es aber wohl vor allem um Macht und weniger um Geld. Stichwort: Sicherungshaft – oder auch Justizreformen. Insgesamt wird das Bundeskanzleramt bei der Budgetpostenverteilung kräftig gepimpt, mit einer Erhöhung von rund 26,5 Millionen Euro. Neben dem Machtzuwachs aus dem Justizministerium erhält es Posten aus dem Außenministerium in Höhe von rund 24,5 Millionen Euro.
Von Grün zu Türkis: Vom Ressort “Justiz und Reformen” auf dem Posten 13.01.01. wandern rund zwei Millionen Euro ans Bundeskanzleramt auf die Posten 10.01.01. und 10.01.02.
Auf dem Bild sehen Sie den Abänderungsantrag.
Screenshot Twitter @MartinThuer, Ergänzungen ZackZack.
Klimaministerium: Schall und Rauch?
Diese Veränderungen in der Budgetverantwortung sind auf die Verschiebungen der Zuständigkeiten zwischen den Ministerien zurückzuführen. Dabei gibt es offensichtlich einen klaren Sieger: Türkis. Umweltministerin Leonore Gewessler hat unter anderem die Zuständigkeit über die Bergbau-Agenden und damit einhergehende Erträge in der Höhe von 168,6 Millionen Euro verloren, die von Unternehmen, die in Österreich Erdöl oder Erdgas fördern, bezahlt werden. Gleichzeitig hat sie damit auch einen wesentlichen Stellhebel in Sachen Klima- und Umweltpolitik verloren. Neben den großen türkisen Gewinnern wie Landwirtschaftsministerium und Bundeskanzleramt wird auch das Innenministerium, konkret das Fremden- und Asylwesen, an Mitteln gestärkt: Es erhält 10,92 Prozent mehr an Mitteln.
(lb)
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