“Dieser Ton steht ihm nicht zu!”

Breite Empörung in der Kulturszene über eine abfällige Aussage des Bundeskanzlers. Neuester Kurz-Kritiker ist der deutsch-österreichische Star-Schriftsteller Daniel Kehlmann, der in Richtung Kurz sagt: “Dieser Ton steht ihm nicht zu!”

Wien, 30. November 2020 | Die Empörung der Kulturbranche über einen Sager von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) ist groß. Der bekannte Literat Daniel Kehlmann („Die Vermessung der Welt“) äußerte im 3sat-Interview scharfe Kritik am Kulturversagen der Regierung Kurz II. Die ökonomische Lage für Kulturschaffende ist derzeit sehr ernst.

“Viele werden nicht zurückkehren”

Einige der momentan nicht arbeitsfähigen Künstler werden nach der Krise nicht mehr in ihre alte Arbeit zurückkehren, sagte Kehlmann am vergangenen Mittwoch. Aufgrund der drastischen Maßnahmen, die zur Schließung der Kulturstätten geführt hatten, äußerte er auch Kritik am politischen Vorgehen. Es sei nicht immer nachvollziehbar, warum Kinos und Theater trotz Hygienekonzepten geschlossen würden. Die Kulturbranche habe eben „nicht so eine gute Lobby wie die Gastwirte und die Baumärkte“. In Richtung Sebastian Kurz sagte der Schriftsteller:

„Wenn der österreichische Kanzler herablassend von den ´Kulturverliebten´ spricht, dann muss man auch sagen: Dieser Ton steht ihm nicht zu! Als jemand, der keine Ahnung hat und sich dafür nicht interessiert, hat er sich nicht in diesem herablassenden Ton zu äußern.“

Am 2. November hatte Kurz im Ö1-Morgenjournal gesagt: “Kulturverliebte kritisieren die Schließung der Kulturstätten“. In der Kulturszene sorgte die von vielen als arrogant bezeichnete Aussage des Bundeskanzlers für großen Unmut.

“Erbärmlich” und “abschätzig”

Die Wiener Schriftstellerin Marlene Streeruwitz sagte gegenüber dem “Profil”:

„Jemanden ‘kulturverliebt’ zu nennen, nur weil er gern ins Konzert oder Kino geht, ist einfach erbärmlich. Eine ganze Kulturnation lebt davon. Wurde Kurz selbst eigentlich je in einem Theater gesehen?“

Der Schriftsteller Ludwig Laher schrieb derweil in einem “Standard”-Gastkommentar: „Wer von ‘Kulturverliebten’ spricht, drückt ohne Zweifel eine abschätzige Haltung aus. Man stelle sich nur vor, Kurz hätte in Zusammenhang mit Religion von ‘Gottverliebten’ gesprochen.“

(bf)

Titelbild: APA Picturedesk