Schreddergate
Finanzminister Gernot Blümel kann sich nicht mehr daran erinnern, einen Laptop gehabt zu haben. Jan Krainer von der SPÖ glaubt, dass die Festplatte von diesem mysteriösen Gerät geschreddert wurde. Es gab mächtig Aufregung und auch Widerspruch zu dieser Darstellung. Die Schredderei des Kurz-Kanzerlamts ist jedenfalls wieder im Fokus.
Wien, 02. Februar 2021 | Was geschah mit Gernot Blümels (ÖVP) Laptop? Jan Krainer (SPÖ) lieferte im Ibiza-U-Ausschuss letzte Woche eine mögliche Erklärung: Blümels Festplatte landete im Schredder. Die ÖVP war bereits während der Befragung bemüht, die Darstellung Krainers als „Unterstellung“ und „Behauptung“ abzutun.
Ricoh schaltet sich ein
Am Tag darauf teilte die Volkspartei dann eine Stellungnahme der Firma Ricoh. Sie stellte fest, dass die beiden standardmäßigen Laptopfestplatten auch in Druckern eingebaut werden könnten. „Aus technischer Sicht ist das möglich“, so Ricoh gegenüber der APA. Im Zuge der Recherche habe aber auch der SPÖ-Parlamentsklub bei der Firma angefragt, heißt es von dort. Gegenüber der SPÖ verweigerte Ricoh allerdings jegliche Auskunft.
Für Krainer ist es „mehr als unwahrscheinlich“, dass diese beiden Festplatten in einem Drucker gelandet seien, auch wenn es technisch möglich sei.
Mysterium Minister-Laptop
Der Auftritt Krainers im U-Ausschuss sorgte jedenfalls für ordentlich Wirbel. Auf dem Social-Media-Kanal „Reddit“ stürzte man sich auf die von ZackZack berichteten, neuen Indizien und die Frage, wohin Blümels Laptop verschwunden sein könnte.
Aus „technischen und zeitlichen“ Gründen sei es recht unwahrscheinlich, dass das Gerät mit Blümels Laptop zusammenpasst, schloss man dort. Krainers Beweisführung hätte einige Mängel. Blümel müsste letztlich auf einem relativ alten HP-Gerät seine Geschäfte als Kanzleramtsminister durchgeführt haben. Auszuschließen ist es jedoch nicht; auch nicht, dass es sich um Festplatten für Laptops handeln könnte.
Kanzleramt weiß es nicht
“Es ist klar, dass es sich um eine Laptopfestplatte handelt, die standardmäßig in Laptops verbaut wurde, wie Blümel einen hatte“, heißt es aus dem Büro von Jan Krainer. Man werde die Spur zu Blümels Laptop weiterverfolgen. Die Beweisführung gestalte sich natürlich schwierig, weil die Verantwortlichen im Bundeskanzleramt die Schredder-Causa wie ein Staatsgeheimnis behandeln.
“Dabei wären nur ein paar Fragen klar zu beantworten. Das Bundeskanzleramt hat diese Informationen, sie müssen einfach damit herausrücken. Hat die Firma Ricoh in den Multifunktionsdruckern im Kurz-Blümel-Kabinett diese Hitachi-Laptop-Festplatten verbaut und im Mai 2017 wieder ausgebaut? Welchen Laptop hatte Blümel, war das ein fabriksneues Gerät oder eines älteres aus dem Bestand des BKA? Welche Festplatte hatte Blümels Laptop? Und was genau ist mit der Festplatte von Blümels Laptop passiert, nachdem Blümel damals aus dem Kanzleramt ausgeschieden ist?”
Um diese Fragen endlich beantworten zu können, hat der Untersuchungsausschuss auch eine umfangreiche ergänzende Beweisanforderung an das Bundeskanzleramt gestellt. Von der hat der Ausschuss bisher noch keinen einzigen Akt erhalten.
Das Kanzleramt hilft jedenfalls nicht bei der Aufklärung. Die NEOS-Anfrage, bei der der Kanzler zwar im November zugab, dass Blümel ein Laptop zugeteilt wurde (jedoch nicht, welches HP-Elite-Modell genau), gibt keine Auskunft darüber, wo die beiden Festplatten verbaut waren.
Keine Aufzeichnungen im Kanzleramt.
Schredder-Staatsanwältin kommt
So oder so: Die Beweisführung wird schwierig werden. Verantwortliche ÖVP-Mitglieder liefern dem U-Ausschuss kaum mehr als Erinnerungslücken. Aktuell führt Blümel mit 89, Bonelli liegt seit letzter Woche auf Platz zwei mit 69 Leerstellen im Gedächtnis.
Vielleicht liefert jene Staatsanwältin, Christina Jilek, dem Ausschuss neue Erkenntnisse, die unter anderem den Schredderfall für die WKStA führte. Dieser wurde der WKStA durch eine geheime Weisung bekanntlich entzogen. Nächsten Mittwoch wird sie im U-Ausschuss befragt, sie ermittelte auch im Fall Alois-Mock-Institut und in der Insider-Anzeige gegen die ÖVP-Spitze. In der WKStA hat Jilek hingeschmissen. Sie wird wohl erklären, warum.
(ot)
Titelbild: APA Picturedesk