Reinhold Mitterlehner im Ibiza-Ausschuss über Kurz-Politik
Sichtlich nervös zeigte sich die Volkspartei während der Befragung ihres Ex-Parteichefs Reinhold Mitterlehner. Verständlich, denn dieser sezierte das „Programm Kurz“, rauschte von Großspender-Einfluss zu machiavellistischer türkiser Machtpolitik.
Wien, 16. März 2021 | Die Volkspartei, längst schwer in Bedrängnis und ins Visier der Behörden geraten, attackiert nicht nur Journalisten, sondern den parlamentarische Untersuchungsausschuss insgesamt. Ein „künstlich aufgeblasenes Konstrukt“ sieht Klaus Fürlinger (ÖVP) im Ibiza-Ausschuss. Das mediale Interesse sei ohnehin kaum mehr vorhanden, die übrig Gebliebenen würden „ihre ideologische Neigung als Journalismus tarnen“, hörte man im Vorfeld der Befragung von Reinhold Mitterlehner – dem letzten schwarzen ÖVP-Chef. Seither regiert Türkis.
Biotop Anti-Vermögenssteuern
Die Nervosität der ÖVP war erkennbar – man stellte dem Ex-Parteichef keine einzige Frage. Denn der Ex-Vizekanzler kennt das Projekt Kurz genau, erlebte den Aufstieg des aktuellen Kanzlers hautnah. Natürlich sei sein Nachfolger auf Spendenrallys gegangen, so Mitterlehner, das sei aber auch verständlich gewesen. Und man fischte dann eben im „Biotop“ der Großspender. Im Jahr 2016, noch weit vor der Kurz-Übernahme, sei ihm zugetragen worden, dass Siegi Wolf für den „Tag X“ schon Finanzmittel in die Wege leitet. Kurz ging auf „Roadshows“, umgarnte mögliche Sponsoren.
Auch die Planung zum „Projekt Ballhausplatz“ ging „natürlich“ an Mitterlehner vorbei, er sei „nicht eingebunden“ gewesen. Dementsprechend könnte Mitterlehner auch nichts dazu sagen, warum manche Kurz-Gönner „am Rechnungshof vorbei“ und auf 49.000 Euro gestückelt gespendet hätten.
Zwei Möglichkeiten sieht Mitterlehner: Entweder diese Großspender zahlten auf eine andere Adresse ein – noch bevor Kurz die ÖVP türkis umfärbte -, oder sie zahlten dann nach der Übernahme. Wahrnehmungen dazu habe er aber keine. Doch der Ex-Vizekanzler weiß, welches Ziel das „Biotop Großspender“ zusammenhält: Keine Vermögenssteuern.
Medien im Fokus
Er habe sich auch gewundert, dass Kurz schon im Jahr 2016 Umfragen durchführte, um abzufragen, wie beliebt er in der Bevölkerung ist. Mitterlehner erfuhr von dieser Umfrage, er wisse auch, dass dies nicht durch die ÖVP finanziert worden sei. Laut Helmut Brandstätter (NEOS) tauchte die Umfrage in keinem Rechenschaftsbericht auf.
Kurz ließ sich in der Bevölkerung abfragen. Wer das finanzierte, ist nicht bekannt.
Auch dass seine türkisen Nachfolger manche Zeitungen anfütterten und dort später Fake News über ihn zu lesen waren, überraschte Mitterlehner nicht. „Die Gleichschaltung der Medien“ sei ein Teil des Kurz-Stils, und damit habe der türkise Kanzler auch Erfolg. Das müsse man anerkennen.
(ot)
Titelbild: APA Picturedesk