Vorbild für andere Länder?
Mehr Freizeit, weniger Arbeit – in vielen Ländern wird eine Vier-Tage-Woche bereits breit diskutiert. Spanien macht nun den ersten Schritt und testet die Arbeitszeitverkürzung an über 200 Unternehmen. Ziehen andere EU-Staaten bald nach?
Wien, 17. März 2021 | 32 Wochenstunden bei vollem Gehalt? Während viele Arbeitnehmer weltweit von einer Arbeitsverkürzung nur träumen können, soll die Viertagewoche, eht es nach der Regeriung, in Spanien vielleicht bald zum Standard werden. Denn dort wird das System “Vier Tage Arbeit, drei Tage frei” nun in einem Pilotprojekt getestet.
Staat unterstützt Unternehmen mit 50 Millionen Euro
Der Vorschlag kam von der linken Partei Más País. Schon am Anfang des Jahres nahm die spanische Regierung den Antrag an, im Oktober soll dann der Versuch starten. Laut dem Antrag sollen etwa 200 Unternehmen mit einem Budget von 50 Millionen Euro für drei Jahre dabei unterstützt werden. Mit den finanziellen Hilfen soll das Risiko für die teilnehmenden Unternehmen minimiert werden.
Wie der revolutionäre Versuch tatsächlich funktionieren soll, werde in den nächsten Wochen ausgearbeitet. Für den Parteigründer von Más País, Inigo Errejón, war es bereits höchste Zeit für eine Arbeitszeitverkürzung.
“In Spanien arbeiten die Menschen mehr Stunden als der europäische Durchschnitt. Dennoch gehören wir nicht zu den produktivsten Ländern”,
twitterte Errejón.
Mehr Produktivität, gesündere Mitarbeiter
Wie auch viele andere linke Parteien in Europa und immer mehr Arbeitgeber und -nehmer auf der Welt, ist auch er davon überzeugt, dass mehr Arbeitszeit nicht unbedingt eine höhere Produktivität bedeutet. Im Gegenteil: Viele Unternehmen wagten bereits den Vorstoß und führten die Vier-Tage-Woche für ihre Mitarbeiter ein. Oftmals mit positiven Auswirkungen auf Produktivität und auf die Gesundheit und Zufriedenheit der Angestellten.
Spanien könnte damit zum weltweiten Vorbild beim Thema der Vier-Tage-Woche werden. So wurde, laut Más País, ein solches Pilotprojekt noch nirgends auf der Welt getestet. Kritik für den Versuch kommt vor allem aus der Wirtschaft. Gegner der Vier-Tage-Woche sprechen von “Wahnsinn”, um aus der jetzigen Krise herauszukommen müsse man “mehr arbeiten, und nicht weniger”.
Zieht Österreich bald nach?
Auch in Österreich fordern, neben der SPÖ als größte politische Verfechterin für die Arbeitszeitverkürzung, immer mehr Experten aus der Wirtschaft eine Reduktion auf 32 Wochenstunden. Einer von ihnen ist Oliver Picek, Chefökonom beim Momentum Institut. Er sieht im spanischen Modell ein gutes Vorbild für Österreich.
Dass es für die Arbeitnehmer gesundheitliche Vorteile bringt und in Folge auch die Produktivität im Unternehmen steigert, hätten schon mehrere Unternehmen in Österreich bewiesen, so Picek. Als Beispiel nennt er die Online-Marketing-Firma “eMAgnetix” aus Bad Leonfelden. Diese hat bereits 2018 ihre Arbeitszeit auf sogar 30 Wochenstunden gesenkt und damit, laut eigenen Aussagen, die Motivation ihrer Mitarbeiter steigern können.
“Eine realistische Umsetzung für Österreich würde ein Vorangehen der Sozialpartner vorraussetzen. Diese müssten die Arbeitszeitverkürzung in ausgewählten Branchen vorantreiben, wie es auch in der Pflege passiert ist.”
Ob die Arbeitszeitverkürzung auch jetzt in Zeiten von hoher Arbeitslosigkeit diese reduzieren könnte, dafür würden momentan noch Studien fehlen. Eine Verkürzung alleine wäre, so der Ökonom, jedoch nicht die Lösung für das Problem am Arbeitsmarkt. Allerdings hätten Berechnungen des Wirtschaftsforschungsinstituts vor einigen Jahren ergeben, dass durch Arbeitszeitverkürzung langfristig 100.000 Arbeitslose abgebaut werden können.
“Es weiß halt keiner so genau, bevor man es nicht wirklich probiert.”
Abgesehen von allen wirtschaftlichen Aspekten, ist für Picek auch klar, dass es für die Gesundheit Arbeitnehmer zukünftig nur Vorteile bringen kann. Die Arbeitswelt hätte sich verändert über die Jahre, seit 1985 hätte sich in Bezug auf Arbeitszeitverkürzung in Österreich nichts mehr getan:
“Der Arbeitsdruck ist enorm gestiegen. Die Verkürzung wäre hier ein guter Ausgleich: Ich arbeite weniger, dafür produktiver.”
(mst)
Titelbild: APA Picturedesk