Mittwoch, April 24, 2024

Überraschende Einigkeit: Gewerkschaften fordern Arbeitszeitverkürzung

Bei den Kollektivvertragsverhandlungen in der Bankenbranche fordern sowohl die sozialdemokratischen Gewerkschafter, als auch Christgewerkschafter eine Verkürzung der Arbeitszeit auf bis zu 32 Stunden.

Wien | Überraschende Einigkeit demonstrieren die Christgewerkschafter (FCG) und die sozialdemokratischen Gewerkschafter (FSG). Beide Fraktionen fordern im Rahmen der Verhandlungen zum Kollektivvertrag im Bankensektor eine Arbeitszeitverkürzung des Vollzeitvolumens auf 36 beziehungsweise 32 Stunden – bei vollem Lohnausgleich.

Christgewerkschafter fordern Arbeitszeitverkürzung

Erst kürzlich habe eine groß angelegte Studie in Großbritannien die wünschenswerten Folgen eines vollen Lohnausgleichs bei weniger Arbeitsstunden belegen können, weiß auch der Vorsitzende der Christgewerkschafter, Norbert Schnedl, gegenüber dem “Ö1-Morgenjournal”. Kein Rückgang der Produktivität, weniger Krankenstände und seltenere Jobwechsel sind nur einige Beispiele für den „guten Grund“, ein Umdenken einzuleiten. Schnedl nennt „gute Beispiele“ für Betriebe in Österreich, etwa im IT-Bereich, wo die Arbeitszeitverkürzung schon funktioniert.

Von den 61 Unternehmen, die an der britischen Studie teilgenommen hatten, blieben 56 bei der zuvor getesteten 4-Tage-Woche bei vollem Lohnausgleich.

FSG und SPÖ unterstützen Forderung

Die sozialdemokratischen Gewerkschafter (FSG) erneuern ihre Forderung nach einem Pilotversuch in Österreich – ganz nach dem Vorbild der britischen Studie. In einem ersten Schritt sollten Unternehmen das Vollzeitpensum auf 36 Wochenstunden umstellen, um dann sukzessive auf 32 zu reduzieren, so Jusef Muchitsch, designierter FSG-Vorsitzender.

Muchitsch, der auch SPÖ-Sozialsprecher ist, verkündete zudem den Umstieg seiner Partei zum angesprochenen Arbeitszeitmodell. Die SPÖ werde die Arbeitszeit bei vollem Lohnausgleich verkürzen und „mit gutem Beispiel vorangehen“, sagte Muchitsch.  

Widerstand noch groß

Die Vorbehalte gegen Arbeitszeitverkürzungen bleiben in Österreich groß. Sowohl die Wirtschaftskammer, als auch die Industriellenvereinigung sind dagegen. Auch EcoAustria-Vorsitzende Monika Köppl-Turyna äußerte im “Ö1-Morgenjournal” Bedenken gegen den vollen Lohnausgleich bei weniger Arbeitszeit. Die Leistung würde dann sinken, wiederholte Köppl-Turyna ein altbekanntes Argument, das sich in der britischen Studie nicht bestätigte.

Titelbild: CHRISTOPHER DUNKER / APA / picturedesk.com

DanielPilz
DanielPilz
Taucht gern tiefer in komplexe Themengebiete ein. Lebt trotz Philosophiestudiums nicht im Elfenbeinturm und verpasst fast kein Fußballspiel.
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7 Kommentare

  1. Die Forderung nach der Reduzierung der Normalarbeitszeit ist nichts anderes als das Eingeständnis, dass in diesen Branchen wo das von der Auslastung her möglich wäre, schon bisher viel zu viele Menschen beschäftigt waren. Das sind vermutlich die ziemlich sinnlosen Verwaltungsjobs, nicht selten auch in der öffentlichen Verwaltung. Dort wo echte Wertschöpfung betrieben wird, kann man sich jedenfalls diesen Unfug nicht leisten, sonst gäbe es nicht das andauernde Geschrei nach mehr ausländischen Arbeitskräften.

  2. Eine flächendeckende Arbeitszeitverkürzung wirds in Österreich nicht spielen. Dafür bräuchten wir Zuzug von Arbeitskräften aus den Ausland und das ist im xenophoben Österreich nicht möglich. Alternativ könnte man ja noch eine “Wurfprämie” nach ungarischem Modell einführen. Aber wenn die Frauen wieder mehr Kinder kriegen dann fehlen sie auch länger am Arbeitsmarkt….oder aber es kommt das Modell Kocher, die geklonte Frau. Ein Kind am Rücken zwei an der Hand und das größere kommt hinten nachgelaufen und auf gehts zum 40 Stunden Job. Bis die Schwarte kracht und das bis 65 um anschließend den Ehemann zu pflegen. Die ÖVP ist ein Haufen von Sadisten.

    • Warum? Da es vielversprechende Versuche gibt, die dafür sprechen, dass die Leistung und Produktivität bei weniger Wochenstunden nicht sinken, brauchen wir kein mehr an Arbeitskräften um den gleichen Leistungsumfang zu erreichen. Dass das nicht in allen Branchen funktionieren kann, sei an dieser Stelle dahingestellt.

      • An der gesamtwirtschaftlichen Leistung hat der Dienstleistungssektor einen Anteil von 68%! Und genau das ist der Bereich der zum einen jetzt schon an Arbeitskräftemangel leidet, Pflege, Tourismus und mittlerweile auch die frauenspezifischen Dienstleistungsberufe (aufgrund des niedrigen Lohnniveaus). Zum anderen sind diese Bereiche sehr personalintensiv und werden das auch bleiben trotz Digitalisierung. Hier werden Tätigkeiten verrichten die just on Time verrichtet werden müssen….sie können ein Essen nicht zwei Tage vorher kochen oder zwei Leuten gleichzeitig die Haare schneiden und einen Pflegebedürftigen einen Tag nicht pflegen….Ex Neos Sepp Schellhorn hat das gestern “im Zentrum” sehr gut auf den Punkt gebracht. Bei einzelnen Sparten des Dienstleistungssektors wird sich eine Arbeitszeitverkürzung ohne zusätzliches Personal ausgehen, wie Banken, IT Branche was schlicht an der Art der Tätigkeit liegt. Nur die Jobs in den Banken wurden teilw. eh schon wegrationalisiert und ITler sind ohnehin Mangelware, auch da sind wir auf Zuzug angewiesen.

        • Die größten Zweige sind technische Dienstleistungen und Handel, da kann man über sowas schon nachdenken. Man muss hier immer mitbedenken: Dieses Modell verspricht vor allem eines: deutlich weniger Krankenstände und deutlich weniger Kündigungen. Das ist ja gerade in Branchen mit Arbeitskräftemangel ein massiver Gewinn – die Attraktivierung der Branchen

          • Natürlich wird an einer Arbeitszeitverkürzung kein Weg vorbeiführen, schließlich ist ja auch der Wunsch da, dass die Menschen wirklich erst mit 65 in Rente gehen. In vielen Branchen ist das mit einer 40 h Woche nicht zu schaffen. Weniger arbeiten, später und gesünder in Pension gehen, das wäre eine echte Errungenschaft und zwar in allen Branchen. Derzeit ist das noch eine Frage des Lohnniveaus und das ist besonders in der Dienstleistungsbranche zu gering auch weil die Lohnnebenkosten in Ö so hoch sind und die Branche so personalintensiv ist. Aber das Problem ist schon so lange bekannt, dass man es gar nicht mehr widerkäuen mag….leider hat die Agenden Wirtschaft und jetzt auch Arbeit seit Jahren die ÖVP und der fehlen schlicht die Visionen, auch weil sie ihrer Klientel verpflichtet ist. 🤷‍♀️ Stellt sich noch die Frage, ob die Kunden das auch wollen, dass Handel oder andere Dienstleister nicht mehr so lange offen haben? Amazon dagegen würds bestimmt freuen….im Tourismus wäre eine ganzjährige Beschäftigung mit Arbeitszeitverkürzung sehr wünschenswert. Ich denke, das alles ist abhängig vom Lohnniveau und den Lohnnebenkosten.

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