Samstag, April 27, 2024

Regierung kürzt bei Insolvenzfonds – Unternehmen ersparen sich 125 Millionen im Jahr

Unternehmen ersparen sich 125 Millionen im Jahr

Arbeitsminister Martin Kocher kündigte eine Halbierung der Beiträge zum Insolvenzentgeltsicherungsfonds an. Die türkisgrüne Regierung setzt damit einen Wunsch der Industriellenvereinigung um.

Wien, 14. Dezember 2021 | Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP) kündigte an, die Beiträge zum Insolvenzentgeltsicherungsfonds (IESG) halbieren zu wollen. Aus diesem Fonds werden Löhne und Gehälter weitergezahlt, wenn ein Unternehmen Konkurs anmeldet. Bisher zahlten Unternehmen 0,2 der Sozialversicherungs-Beitragsgrundlage. Durch die angekündigte Halbierung ersparen sich Unternehmen insgesamt rund 125 Millionen Euro im Jahr.

Für die Industriellenvereinigung (IV) ist das Grund zur Freude. Ihr Präsident Georg Knill sieht durch Kochers Vorgehen einen Vorschlag der Industrie umgesetzt. Knill spricht von einem “Schritt in die richtige Richtung” und einer “klugen Maßnahme, die Arbeitsplätze sichert und stärkt.” Die IV fordert weitere Steuersenkungen für Unternehmen. Im Rahmen der “ökosozialen Steuerreform” hatte die türkisgrüne Regierung bereits eine Senkung der Körperschaftssteuer (KöSt), also der Steuer auf Unternehmensgewinne, festgelegt. Die KöSt wird bis 2023 von derzeit 25 auf 23 Prozent gesenkt. Das Regierungsprogramm sieht eine weitere Reduktion auf 21 Prozent vor. Zum Vergleich: In Deutschland liegt die KöSt bei 30 Prozent.

“Brandschutzversicherung”

Aus Sicht Kochers und der IV bestehe keine Gefahr, dass dem IESG das Geld ausgehen könnte. Es seien genügend Mittel vorhanden, um allfällige Pleiten abfangen zu können. Anders sehen das Gewerkschaften und die SPÖ. Deren Sozialsprecher Josef Muchitsch wählte einen drastischen Vergleich: “Wenn es brennt, kündigt man nicht die Brandschutzversicherung”, sagte Muchitsch mit Blick auf die Coronakrise. Als Krisenhilfe hatte die Regierung per Gesetz eine Stundung von Unternehmenskrediten erwirkt. Die läuft in Kürze aus. Dann, so befürchten Kritiker, würden verstärkt Unternehmen in die Pleite rutschen.

Für den ÖGB übte die Leitende Sekretärin Ingrid Resichl Kritik an Kochers Vorgehen: Kleine Unternehmen hätten durch die Kürzung keine spürbare Entlastung, große würden deswegen nicht mehr Arbeitsplätze schaffen. Reischl hält statt der Kürzung sogar eine Aufstockung des IESG für denkbar.

SPÖ-Muchitsch kritisierte die mit der Kürzung einhergehende Schließung von Außenstellen des Fonds. Arbeitnehmer müssen im Fall einer Pleite persönlich beim Fonds erscheinen. Das werde nun noch schwieriger, so Muchitsch.

(tw)

Titelbild: APA Picturedesk

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25 Kommentare

  1. So geht Umverteilung. Von Arm zu Reich nämlich. Wetten, dass neben der Regierung nach einigen empörten Wortmeldungen schliesslich der ÖGB, die AK, die SPÖ und die Neos das Ganze abnicken werden? Wette 1 Kiste Champagner, von der Sorte, die diese Leader auf der Licht ins Dunkel Party gesoffen haben. Als Zugabe gibts ein Etikett mit dem Foto eines Gesässes einer Ministerin.

  2. In Anbetracht dessen, dass nach dem Auslaufen der Hilfen (die wegen der Lockdown Politik notwendig waren um die Klein- und Mittelbetriebe am Leben zu erhalten), viele in eine Insolvenz schlittern werden, zweifle ich daran, dass das im Moment die richtige Massnahme ist.

  3. Ist doch toll. Die Industrie spart sich 125 Millionen. Ö kann das ja mit komischen Regeln für die 500,- Covid-Prämie einsparen. Und natürlich auch, indem Kindergärtnerinnen und Altenpfleger keinen Cent mehr bekommen. Dann geht sich das schon aus mit den 125 Millionen.

    Nur zur Sicherheit: das war schwarzer Sarkasmus pur!

    Es ist ohnehin alles nur mehr zum Kotzen. Traurig.

  4. Es ist high time, die ganze schwarze partie auf jahrzehnte abzuwählen.

  5. An alle AN, EPU und KUs. Wir alle werden kämpfen müssen, wenn wir nicht als Tiere und Pöbel untergehen wollen. Diese ÖVP mit ihrem Grünen Beiwagerl stopfen sich die Taschen voll und wir können es zahlen.

  6. Woher hat der Typ bloss die selbe braune Rosette um den Hals wie der K(r)opf vom AMS ?

  7. Wow!!!
    0,1 Prozent Ersparnis wird sich in den Bilanzen der Klein- und Mittelbetrieben sehr entlastend bemerkbar machen. Jene Klein- und Mittelbetriebe, die für den Wirtschaftsstandort das meiste leisten und dafür sorgen, dass die Arbeitslosigkeit im Rahmen bleibt.

    Für diesen Herrn Kocher ist anscheinend nur wichtig, die Wünsche der Industriellenvereinigung mit ihren Grossbetrieben zu befriedigen. Denn von dort kommen auch die Spenden für den nächsten ÖVP – Wahlkampf!

    • War noch nie anders bei der Mafia. EPU, KMU und AN gehen denen am Arsch vorbei. Siehe die letzten Steuerreformen.
      Was zahlen die Konzerne eigentlich noch in die Staatskasse fürs Gemeinwohl ( Pflichtabgaben so wie alle anderen auch) ein?
      Von Jahr zu Jahr immer weniger. Steuerschllupflöcher werden auch nicht geschlossen, Strafen gesenkt……
      Umsatz steuerbetrug wird auch nicht eingestellt,
      Mindestlöhne nicht angehoben, aus Drittstaaten Fachkräfte importiert damit man Löhne noch weiter drücken kann……
      Geht’s noch ihr A**********?

  8. Vom ersten Interview an war mir klar wohin mit Kocher die Reise führt und alle, auch die Opposition, hat damals Beifall geklatscht. Er wird nicht ruhen bevor er dem Arbeiter und Angestellten das letzte Hemd ausgezogen hat. Ein gruseliger Typ.

    • Arbeitslosengeld kürzen, obwohl Österreich in der EU eine der geringsten Auszahlung hat. Natürlich, das Geld, daß die Menschen selbst eingezahlt haben braucht die Regierung für ihr Klientel.

    • Im wahrsten Sinn des Wortes: ein gruseliger Typ. Das letzte Hemd ist noch zuwenig, der wird den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern noch die Haut abziehen.

      • Man könnte ihm ein paar federn mittels teer auf die glatzbirne kleben.

  9. Super, Pflegemilliarde ablehnen, dafür Insolvenzfonds kürzen, damit große Unternehmen sich was sparen — toll, jeden Tag ist diese Regierung für eine Überraschung gut — zum kotzen

    • Und dagegen demonstriert niemand.
      Was für ein schwacher pöbel.
      Bei 12/60 hätte schon ein generalstreik stattfinden müssen.

  10. Kannst nicht erfinden – kurz vor einer möglichen Insolvenz-Explosion wird der Insolvenzfonds abgeräumt. Und alles nur damit die Firmen mehr Geld zur Verfügung haben, aber die Arbeiter um ihren Lohn zur Gänze umfallen. Soll ein Umfallen um den Lohn verhindert werden, so muss der Steuerzahler einspringen – also wieder die Arbeiter und Angestellten; die Firmenbesitzer sind aus dem Schneider.

  11. Der neue WIFO-Chef, ganz sicher alles andere als ein “Linker” stellt in der Pressestunde die Frage:

    “… was wollen wir volkswirtschaftlich erreichen.”

    und er hält fest

    “Andere müssen sich die Frage stellen:
    Wie kann ich den Unternehmen die ich vertrete in der Politik, wie kann ich denen Vorteile bringen?”

    das hat er zur senkung der KÖST gesagt – gilt aber sicher auch für die nunmehrige halbierung beim insolvenzfonds.

    unabhäng was diese regierung sonst noch ist, ist jedenfalls eines
    immer noch ihren spendern verpflichtet.
    das ist nicht nur der reine neoliberalsmus, sondern auch korruption in reinkultur.

    https://youtu.be/EV40qf1Qw2w

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