Samstag, April 27, 2024

Kocher toleriert Kinderarbeit: Österreichs Schweigen beim EU-Lieferkettengesetz

Am Freitag stimmt der Ausschuss der Ständigen Vertreter der EU-Mitgliedstaaten über das geplante EU-Lieferkettengesetz ab. Das Abkommen, das Unternehmen bei Kinder- oder Zwangsarbeit zur Verantwortung zieht, wird wohl auf der Ziellinie scheitern.

Eigentlich war die Abstimmung im Europäischen Rat zum lange ausgearbeiteten EU-Lieferkettengesetz eine reine Formsache. Bis Deutschland, nach Widerstand der wirtschaftsliberalen FDP, plötzlich ankündigte, dem zuvor gemeinsam ausgearbeiteten Kompromiss doch nicht zuzustimmen. Plötzlich drohte das Gesetz zu scheitern. Auch Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP) will sich nun der Stimme enthalten. Eine Enthaltung kommt einer Gegenstimme gleich.

„Meilenstein“ gegen Kinderarbeit

Das EU-Lieferkettengesetz würde Unternehmen mit 500 Beschäftigten und 150 Millionen Euro Umsatz in der europäischen Union dazu verpflichten, ihre Produktions- und Lieferketten zu kontrollieren. So würde etwa verheerende Ausbeutung von Arbeitskräften im Globalen Süden, sowie Kinder- und Zwangsarbeit in Zukunft aus der Wertschöpfungskette ausgeschlossen bleiben. Auch folgenschweren Kollateralschäden wie etwa dem Vergiften der Umwelt sollte das Lieferkettengesetz einen Riegel vorschieben. Das Gesetz sollte für alle Unternehmen gelten, die die Kriterien erfüllen – egal, ob sie ihren Sitz in der EU haben oder nicht.

Um Schlupflöcher zu unterbinden, mussten entsprechende Unternehmen alle ihre Tochterfirmen und Zulieferer kontrollieren und sicherstellen, dass etwa keine Zwangs- oder Kinderarbeit in der Produktionskette enthalten sei.  Bei einem Verstoß drohe eine Strafzahlung von bis zu fünf Prozent des jährlichen Umsatzes.

Das Büro der Arbeiterkammer (AK) in Brüssel bezeichnete das Lieferkettengesetz im Gespräch mit ZackZack als „wirklichen Meilenstein“, der die Position von Arbeitnehmern nicht nur im Globalen Süden, sondern auch in der Europäischen Union stärken würde. Man fordere ein entsprechendes Gesetz schon jahrelang und betonte die „gesamtökonomisch positiven Auswirkungen“ der geplanten Regelung. „Die Wirtschaft insgesamt nachhaltig auszurichten, ist das Gebot der Stunde“, so die AK.

Kompromissvorschlag bereits zugestimmt

Im Dezember hatte sich die Europäische Kommission, das Europäische Parlament und der Europäische Rat, vertreten durch die belgische EU-Ratspräsidentschaft, auf einen Kompromissvorschlag verständigt. Die Finanzbranche sollte vom Lieferkettengesetz weitgehend ausgenommen bleiben.

Die Abstimmung am 9. Februar im Europäischen Rat galt deshalb nur noch als Formsache. Bis die deutsche Ampelkoalition über die FDP stolperte. Die wirtschaftsliberale Partei – das Pendant der NEOS – hatte sich dem Druck der Wirtschaftslobbys gebeugt und verweigerte plötzlich die Zustimmung.

Die Industriellenvereinigung (IV) verwies auf ZackZack-Anfrage auf eine Presseaussendung der Wirtschaftskammer. Darin wird IV-Generalsekräter Christoph Neumayr zitiert: „Gut gemeint ist hier leider das Gegenteil von gut gemacht“. Auch die Industriellenvereinigung zeigt sich insbesondere um kleinere und mittlere Unternehmen besorgt: „Außerdem könnte durch den vorliegenden Entwurf entlang der „Aktivitätenkette“ Verantwortung übertragen werden und somit Betriebe jeder Größe in Österreich indirekt von den Regelungen betroffen sein“.

Lieferkettengesetz vor dem Scheitern

Nach dem Ausscheiden Deutschlands, das sich enthalten wird, braucht es um so mehr Länder, die dem Gesetz zustimmen. Doch ein Zustandekommen scheint angesichts der Haltung Österreichs und Deutschlands zwar noch möglich, wird jedoch immer unrealistischer. Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP) stellte am Donnerstag klar: „Der Kompromissvorschlag ist nicht zustimmungsfähig“. Kocher zeigte sich besorgt, dass von dem Gesetz auch kleinere Unternehmen betroffen sein würden, da sie in der Verantwortungskette stünden.

Damit werden Deutschland und Österreich weiterhin Geschäftspraktiken unterstützen, die auf schwerer Ausbeutung beruhen. Das Tor für Kinderarbeit bleibt in der Europäischen Union vorerst weit offen.

Titelbild: DANIEL ZUPANC / APA / picturedesk.com, OMER ABRAR / AFP / picturedesk.com, Montage ZackZack

Daniel Pilz
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Taucht gerne in komplexere Themengebiete ein und ist trotz Philosophiestudiums nicht im Elfenbeinturm stecken geblieben.
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35 Kommentare

  1. Und die ekeligen grauslichen grünen Lulus schweigen….nur ihr schmatzen an den Futtertrögen ist zu vernehmen…..

    • Man erinnere sich bloß an die Selbstbeweihräucherung als die das Vollspaltenboden- Verbot im Jahre Schnee abfeierten.

      Ich verstehe sowieso nicht dass immer noch so Hohlköpfe existieren die sich von einfältigen Partei- Parolen einlullen lassen.

      FPÖ=ÖVP/NEOS*=Grüne

      (*Die NEOS laufen sich gerade warm um populistisch darin den Schwürkisen in nichts nachzustehen)

  2. Dafür sind die Grünen E-Auto Fans GEGEN Kinderarbeit, gell!
    Dennoch arbeiten in der Demokratischen Republik Kongo etwa 40.000 Mädchen und Jungen im Bergbau. Die meisten von ihnen in der Kobaltproduktion, die 60 Prozent des weltweiten Bedarfs deckt und beispielsweise für Mobiltelefone oder Elektroautos benötigt wird.06.09.2023

    • “Umweltfreundliche E-Autos” wurden den “Grünen” umgehängt – von der reaktionär konservativen Bagage und nicht umgekehrt die E-Autos von den “Grünen” argumentativ in Beschlag genommen. (Die wünschen sich nämlich den öffentlich leistbaren, pragmatisch verwend- und zumutbaren Verkehr, der mindestens so viele Arbeitsplätze erfordert(e) wie Knechte an den Fließbändern in der Automotiv Industry nach dem auftragsbezogenen Hire & Fire Prinzip). Wie anderswo trefflich heute erwähnt aus historisch ideologischer Verweigerung nämlich. Stereotypische Phrasendrescherei also, die Sie hier wieder einmal eiternd sekretieren…

      • @AntonYm
        Wolfi kann nicht anders. Gar nicht drauf eingehen.
        Hast übrigens DU mir vor meinem Rückzug empfohlen 😉

        • Danke, geschätzter Samui.
          Wir sind hier aber nicht in einer Blase rein persönlicher Konfrontationen, sondern auch “in der Auslage im digitalen Universum”. Ein nicht zu vernachlässigender Teil der Postings aus dem rechts-orientiert fortschrittfeindlichen Lager bezieht sich im platzierten Content nicht nur auf den Inhalt vorangegangener, sondern, wie ich meine, auch an die “surfende” Leserschaft – als Meinungsmache. Deshalb “beantworte” ich realitätsfremden, faktenenthobenen behaupteten”Rotz” (vulgo billig bedienbare Stereotypen) auch direkt demgemäß – wenn ich online bin… 😉(der “wolfi” selbst is mir net amoi wuascht)

    • @Wolfi: Ja und was lernen wir daraus? Das Mobiltelefon nicht alle Jahre wegschmeißen. Ein Auto nur dann wenn man am Land lebt und unbedingt eins braucht, weil ansonsten die noch auszubauenden Öffis umweltschonender sind. Das sind Grüne Positionen. Niemand von den Grünen hat jemals gesagt, dass der Individualverkehr per E-Auto eine super Sache wäre, auch im Hinblick auf den Platzmangel in den Städten und die Bodenversiegelung. Also sparen sie sich das für sie anscheinend lebensnotwendige Grünen bashing, steigen sie ein in die Öffis uns sparen sie Ressourcen so viel sie nur können, denn dann wird auch das Thema Kinderarbeit hoffentlich bald keines mehr sein. Die Verbrenner sind sowieso keine Option, denn das 1,5 Grad Ziel haben wir mittlerweile eh schon verpasst, weil irgendwelche Vollidioten aus politischem Kalkül ständig auf der Bremse stehen.

      • Naja, immerhin hat Frau Gewessler den Kauf von Elektrofahrzeugen mit einem kräftigen Zuschuss subventioniert. Die reichen Tesla-Rider haben sich gefreut.

  3. Ich zumindest kann dieses EU Lieferkettengesetz nicht nachvollziehen und macht mir dieser Vorgang deshalb den Eindruck, um natürlich wieder künstlich zu beschäftigen und die Menschen auch moralisch in Angst und Schrecken dauerhaft weiter zu versetzen und vor allem ihr schlechtes Gewissen weiter zu erhalten und zu pflegen, aber vor allem auch wieder davon abzulenken, dass das was man damit bezwecken will, schon lange funktionieren müsste und dieses aktuell uns gerade verkaufte Nichtmehrfunktionieren damit auch noch begründet und weiter am Leben erhalten wird…

    So gibt es schon seit Jahrzehnten das Produkthaftungsgesetz und gilt dieses auch für kleine Unternehmen und nicht nur für diese nunmehr angebotene Größe
    Somit wäre (und vor allem war schon immer?) jedes Unternehmen gut beraten, seine Lieferkette ganz genau zu kennen und vor allem bei wichtigen Leib- und Lebensgefährlichen Teilen auch noch vor Ort in der dortigen Produktion zu evaluieren und auch diese Lieferanten nach diesen Mindestkriterien überhaupt zu zulassen.

    Dabei ging es (geht es?) vor allem auch um den Nachweis des Stands der Technik. (das Kriterium, damit man nicht haftbar gemacht werden kann und überhaupt eine Versicherung zur Eindeckung dieses Risikos kriegt) – Dafür war zumindest eben früher nur beispielsweise die Einhaltung und Zertifzierung mindestens nach der Norm ISO 9.000 für jedes Unternehmen Pflicht, auch um ihrer gebotenen Sorgfaltspflicht überhaupt entsprechen und vor allem diese dokumentieren zu können. Aber auch, wenn ein Unternehmen sich eines speziellen Verhaltens- und Ethikcodes freiwillig unterwarf, war das und ist eben auch meiner Sicht auch heute noch immer gesetzlich unterlegte Pflicht.

    Wenn man nun Lieferungen durch Kinderarbeit erzeugt, unter einer speziellen Strafe noch zusätzlich stellen würde, kann ich mir nicht vorstellen, dass auch noch so große Unternehmen nicht umgehend alles nochmals nach diesen Gesichtspunken prüfen würden, wenn sie das nicht ohnhin schon dokumentiert so schon getan haben?

    Was aber sagt denn die Opposition dazu und was die Vorstände und Verantwortlichen dieser Unternehmen und warum haben die bereits so berühmten Medien in diesem Land diese nicht schon lange vor das Mikrophon gebeten und uns darüber berichtet?

      • Ich glaube sie verstehen es noch immer nicht was ich gesagt habe?
        Es ist schon alles längst so auf Schiene, dass es Produkte mit Kinderarbeit bei uns gar nicht geben dürfte.
        Wo aber kein Kläger da kein Richter und ob da nun dieses neue Gesetz etwas ändert (Für mich damit auch ein Vertuschungsgesetz) würde ich einmal stark bezweifeln, wenn es bisher schon nicht funktionierte.
        Unser System ist vermutlich in ganz Europa total kaputt und Behördenversagen und Behördenversagen gegen das Behördenversagen an der Tagsordnung und alles durch die gekauften Medien weiter unter dem Tisch gehalten und vertuscht.

    • Hier geht es um ein gesamteuropäisches Vorgehen, um dem Anliegen Nachdruck zu geben. Es wird eine Berichtspflicht Unternhemensbevollmächtigter an die einzurichtenden nationalen Kontrollbehörden und eine Berichtspflicht dieser, der EU gegenüber geben, um allfälliges Zuwiderhandeln zu Ahnden. Klar kann man der Meinung sein, dass alles sowieso unter den Teppich gekehrt wird, das spricht aber nicht gegen die Richtlinie sondern gegen den der zusammenkehrt und gegen den Teppich.
      Sie sagen es würde ein schlechtes moralisches Gewissen befeuert. Aber da möchte ich Sie schon fragen ob Sie sich oder andere, auch angegriffen sehen weil es Gesetze gegen beispielsweise Diebstahl oder Betrug gibt? Sie sagen das alles müsste schon funktionieren. Ja wenn dem so ist wird die Richtlinie wohl nicht stören.

  4. Lieber Daniel.

    Ist Ihnen bewusst für was solche Kinder früher hingeben mussten um nicht (und deren Familie) zu verhungern?

    Auch Ihnen ist Kinderarbeit an der rotzgrünen E- Mobilität mehr als nur bekannt, jedoch ist auch mir bewusst dass sich Grüne selten für menschliche Belangen interessieren😉

    • @WernersSaufkumpel

      1. Sie wissen nichts über mich. Warum lassen Sie sich also zu Mutmaßungen über Lebensstil und Präferenzen fremder Menschen hinreißen?
      2. Kocher ist in der politischen Verantwortung und sonst niemand. Um ihn geht es hier

      • Lieber Daniel

        Scheinbar habe ich Sie falsch eingeschätzt und mir war nicht bewusst dass Sie bzgl. der Schattenseiten der E- Mobilität keine Ahnung haben. Dafür möchte ich mich entschuldigen.

        Dass die Grünen, leider eben wie Kocher , NOCH immer in Regierungsverantwortung stehen, sollte aber klar sein. Wüsste also nicht weshalb dieses Thema nicht dazu passen sollte.

        PS: Mit der “unverfrorenen Doppelmoral” waren nicht Sie gemeint sondern die Grünen.

        Liebe Grüße

  5. Kocher? Ist das nicht der Typ der so gerne fotografiert und schnell redet?

    Bevorzugtes Motiv ist , wie man lesen konnte , die Karo.

    Sonst fällt mir zu diesem Typ nix ein.
    Sorry

  6. Was für eine Überraschung!
    Hat sich irgendjemand etwas anderes erwartet?
    Ein Hoch dem Sklavenmarkt und den Rest lassen wir im Mittelmeer ersaufen.

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