Dienstag, Januar 21, 2025

Woher kommt das Schnitzel? – Streit um Kennzeichnungspflicht in der Gastronomie

Streit um Kennzeichnungspflicht in der Gastronomie

Eine Front aus grünen Politikern, Tierschutzorganisationen und der Landwirtschaftskammer setzt sich für die Kennzeichnungspflicht der Herkunft von bestimmten Lebensmitteln in der Gastronomie ein. Die Ablehnung der Wirtschaftskammer lässt Tourismus- und Landwirtschaftsministerin Köstinger zögern.

 

Wien, 09. April 2021 | Fleisch, Milchprodukte und Eier. Ein Vorstoß von Konsumentenschutzminister Rudolf Anschober sieht vor, dass Gastronomen ihren Kunden bald nicht mehr vorenthalten dürfen, aus welchen Ländern die tierischen Produkte stammen, die schließlich auf dem Teller landen.

WKÖ gegen Vorschlag

Die Vertretung der Gastronomen in der Wirtschaftskammer zeigte sich erstaunt vom Plan des Anschober-Ministeriums. WKÖ-Fachverbandsobmann Pulker kann das grüne Ansinnen nicht im Regierungsprogramm wiederfinden. Die Herkunftskennzeichnung sei im Regierungsprogramm nur für den Bereich der Gemeinschaftsverpflegung angedacht. Die Wirtschaftskammer betont außerdem die ohnehin schon schwierige Lage für Gastronomen während der Lockdowns.

„Gerade jetzt, angesichts der steigenden Infektionszahlen, sollte die Pandemiebekämpfung im Fokus stehen, damit die Gastronomie endlich eine Öffnungsperspektive hat, anstatt unserer Branche mit einem weiteren Bürokratiemonster womöglich den Todesstoß zu versetzen“,

so Pulker, der auf die freiwillige Herkunftskennzeichnung setzt.

Auf ZackZack-Anfrage entgegnet das grüne Konsumentenschutzministerium, dass die Gemeinschaftsverpflegung laut EU-Recht auch Restaurants und Catering umfasst.

Landwirtschaftskammer erfreut

Rückendeckung erhält Anschober von der Landwirtschaftskammer. Die ÖVP-nahe Organisation könnte den Druck auf das türkise Landwirtschaftsministerium erhöhen. Laut Kammerpräsident Josef Moosbrugger soll nun „zügig mit der Umsetzung der gesetzlich verpflichtenden Herkunftskennzeichnung begonnen werden. Das ist zu begrüßen.“

Köstinger betont Freiwilligkeit

Als Ministerin für Landwirtschaft und Tourismus ist Elisabeth Köstinger gleich doppelt zuständig. Sollen Hotelbetriebe, Restaurants und Skihütten ihre Gäste beim Fleisch- und Milchkonsum weiter im Unklaren lassen dürfen, oder begünstigt man die höheren Standards der heimischen Tiererzeugnisse? Zwar könne man dem grünen Vorschlag einiges abgewinnen, betonte jedoch auch die Freiwilligkeit der Kennzeichnungspflicht für die Gastronomie. Die Position des Köstinger-Ministeriums bleibt unklar.

Offener Brief an Ministerin Köstinger

In einem Plädoyer für den Tierschutz und die regionale Landwirtschaft riefen die Organisationen „Vier Pfoten“, „Global 2000“, „WWF“ und „Land schafft Leben“ Landwirtschaftsministerin Köstinger von der ÖVP dazu auf, dem grünen Vorstoß zuzustimmen.

„Wir brauchen volle Transparenz für Konsumentinnen und Konsumenten, damit verbunden mehr Tierwohl und eine faire Wettbewerbssituation für die Landwirtinnen und Landwirte. Dann erst werden die Österreicherinnen und Österreicher unsere heimischen Produkte auch endlich so konsequent nachfragen, wie Sie das selbst immer wieder einfordern“,

so die unterzeichnenden Organisationen. Sie fordern Köstinger deshalb zum Umdenken auf:

„Sie haben jedoch in einer ersten Reaktion darauf betont, dass eine Kennzeichnung für die Gastronomie freiwillig bleiben muss. Damit verurteilen Sie diesen wichtigen Vorstoß zum Scheitern.“

„In der Praxis nicht umzusetzen“

Was sagen eigentlich die Gastronomen selbst zu der geplanten Neuerung? Für den NEOS-Abgeordneten Sepp Schellhorn, der selbst mehrere Restaurants in Salzburg betreibt, ist eine Herkunftskennzeichnung in der Gastronomie nicht denkbar. Weder könne Österreich den Bedarf an Fleisch allein decken, noch sollte die Bürokratie zulasten der Gastronomen ausgebaut werden. Bezogen auf das Wiener Schnitzel meint Schellhorn gegenüber ZackZack:

„Ich kann nicht an einem Mittag 3-mal die Karte umschreiben. Denn in Österreich gibt es bei dem touristischen Aufkommen von (in der Regel) 150 Millionen Nächtigungen zu wenig Fleisch in der Produktion. Wir brauchen also auch Kalbfleisch aus dem Ausland.“

(dp)

Titelbild: APA Picturedesk

Autor

  • DanielPilz

    Taucht gern tiefer in komplexe Themengebiete ein. Lebt trotz Philosophiestudiums nicht im Elfenbeinturm und verpasst fast kein Fußballspiel.

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