Montag, April 29, 2024

Sexarbeiterinnen in der Coronakrise

“Wir wollen Gleichbehandlung”

Sexarbeiterinnen sind wegen der Coronakrise in einer zunehmend prekären Lage. Shiva Prugger arbeitet als Domina und will nicht länger zusehen, wie ihr Geschäft zerbricht.

Wien, 20.  April 2021 | Die Rotlicht-Branche leidet unter den Corona-Maßnahmen. Bordelle und Laufhäuser sind seit November durchgehend geschlossen. Auch das Geschäft mit Hausbesuchen und Escort-Service, das auch während der Lockerungen aufgrund mangelnder Geschäftsreisenden und geschlossenen Hotels nur sehr schlecht anlief, ist durch den harten Lockdown seit Ostern nicht mehr erlaubt.

Branchenvertreterin fordert rasche Impfung

Seit dem Sommer des letzten Jahres haben Österreichs Sexarbeiterinnen eine Interessensvertretung, die “Berufsvertretung Sexarbeit Österreich” (BSÖ). Diese forderte am Montag via Twitter, dass die etwa 8.000 Personen, die offiziell in der Branche in Österreich tätig sind, so bald wie möglich eine Möglichkeit zum Impfen bekommen sollen.

“Warum können sich nicht jetzt schon Sexarbeiter*innen impfen lassen, damit wir dann in einigen Wochen als körpernahste nicht-med. Dienstleister safer arbeiten können?”,

heißt es darin. Verlinkt wurden dabei der neue Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein und der Sprecher vom Wiener Gesundheitsstadtrat Peter Hacker, Mario Dujakovic.

Verfasserin des Postings ist die Obfrau des BSÖ selbst, Shiva Prugger. Sie betreibt ein eigenes Domina-Studio in Wien und hatte nach dem ersten Lockdown die Idee, sich in der schweren Zeit für ihre Branche stark zu machen.

“Man sieht ja, dass die, die am lautesten schreien, wahrgenommen werden. Und das war in unserer Branche bis jetzt weniger der Fall”,

sagt Prugger zu ZackZack.

Immer mehr arbeiten illegal

Die Branche drifte nach und nach in die Illegalität ab, so Prugger weiter. Die Situation der zu 90 Prozent aus dem Ausland stammenden Sexarbeiterinnen sei bereits derart prekär, dass viele keine andere Möglichkeit sehen, als ihre Dienste illegal anzubieten.

“Nach mehreren Monaten Lockdown ist natürlich davon auszugehen. Bevor sie sich Essen oder Miete nicht mehr leisten können, müssen sie das machen. Auch wenn sie sich davor an die Regeln gehalten haben.”

Möglichkeiten für Freier, auch im Lockdown zu illegalen Dienstleistern zu kommen, gäbe es zuhauf.

Ein großer Teil der Sexarbeiterinnen in Österreich sei aus Mangel an Jobaussichten zurück in die Heimat gefahren. Einige hätten sich komplett aus der Branche zurückgezogen.

Shiva Prugger ist Domina und betreibt ihr eigenes Studio in Wien. Die Vertretung der ganzen Sex-Branche nimmt sie aus Mangel an Alternativen nun selbst in die Hand. (Bild: Shiva Prugger)

“Brauchen nur paar Tausend Dosen”

Mit dem immer länger andauernden Lockdown spitzt sich die Situation nach und nach zu. Prugger will deshalb nicht länger warten und fordert eine Gleichbehandlung mit anderen körpernahen Dienstleistern. Schließlich sei die Branche “die körpernaheste, nicht-medizinische Dienstleistung”. Dass also Friseure wie zuletzt für bestimmte Zeit unter strengen Auflagen aufmachen durften, Prostitutionslokale jedoch nicht, findet sie ungerecht. Das war bis jetzt darauf zurückzuführen, dass die Arbeitsplätze von Sexarbeiterinnen, also Bordelle, Studios, etc., als Freizeiteinrichtungen gelten und daher geschlossen bleiben mussten.

Damit die vielen Sexarbeiterinnen sobald wie möglich wieder sicher ihrem Geschäft nachgehen können, fordert Prugger eine schnelle Impfung für jene Dienstleisterinnen, die das möchten. Der Aufwand wäre laut Prugger überschaubar, man benötige nur ein paar Tausend Dosen.

Auch Prugger selbst bekommt regelmäßig Anfragen ihrer Kunden. Illegal ihr Studio aufzusperren, ist für sie jedoch kein Thema. Bevor sie nicht geimpft ist, sei es ihr ohnehin zu riskant, ihre Dienstleistungen als Domina anzubieten.

Körpernahe Dienstleister ab Ende Mai dran

Sowohl das Gesundheitsministerium als auch die Stadt Wien haben bereits zur Forderung Stellung bezogen. Das Ministerium verweist darauf, dass derzeit jene Personen, die ein höheres Risiko für einen schweren Verlauf haben, also Personen über 65 Jahren und Risikogruppen, Vorrang haben. Körpernahe Dienstleister und Personen in Arbeitsverhältnissen oder Betätigungsfeldern, die eine Virusübertragung begünstigen, können ab Ende Mai priorisiert werden, heißt es. Aus dem Büro von Gesundheitsstadtrat Hacker heißt es, dass man derzeit noch die Impfstofflage abwarte. Man müsse anhand des vorhandenen Impfstoffs priorisieren.

Aufgrund der prekären Lage fordert Prugger, dass die Sexarbeiterinnen spätestens gemeinsam mit den anderen körpernahen Dienstleistern geimpft werden, spricht sich aber gegen einen Impfzwang aus. Dieser könnte, wie sie befürchtet, jedoch indirekt für viele in der Branche kommen. Denn Bordell- und Laufhausbetreiber könnten in Zukunft beschließen, nur noch geimpfte Damen bei sich arbeiten zu lassen.

(mst)

Titelbild: APA Picturedesk

Markus Steurer
Markus Steurer
Hat eine Leidenschaft für Reportagen. Mit der Kamera ist er meistens dort, wo die spannendsten Geschichten geschrieben werden – draußen bei den Menschen.
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21 Kommentare

  1. Da werden die Damen aber auf Granit beißen. Die für den Lockdown und die Zerstörung des Landes hauptverantwortlichen Politiker schauen sich lieber die Bilder vom anderen Geschlecht an.

  2. Statt dem nächsten “Gastro-Fuffziger” sollten sie lieber einen “Soziatricen-200er” für Alle locker machen … und den Nutten vergönn ich die Impfung alleweil noch eher, als ein paar “systemrelevanten” tourenden Philharmonikern … denn da hat auch wirklich “der kleine Mann” was davon … 😉

  3. Es gibt keine Sexarbeiterinnen. Es gibt Frauen u. sogar minderjährige Mädchen, die mit verschiedensten fiesen und gewalttätigen Handlungen in die Prostitution gezwungen werden und nur mit grossen Anstrengungen und unter grossen Gefahren für ihr Leben da wieder herauskommen.

    • Besser offiziell und kontrolliert als komplett verbieten. Dann gibt es nur mehr Opfer. Ich fordere schon lange wieder Grenzkontrollen, um Mafia und Viren Einhalt zu gebieten bzw. zu kontrollieren. Wird über kurz oder lang wieder Grenzkontrollen geben.

      • Es geht vermutlich am besten zu kontrollieren, wenn man die Freier bestraft. Und für Zuhälterei sowie Menschenhandel die Strafen drastisch anhebt.

  4. 90 % stammen aus dem Ausland. Werden diese dann in Österreich geimpft und nicht in deren Heimatländern? Wie sieht es mit den ErntehelferInnen, Tourismus-Saisonpersonal, allg. Pflegepersonal aus, die ebenso in der Slowakei, Bulgarien, Rumänien usw. beheimatet sind. Werden sie alle in Österreich geimpft? Ein Tipp an die Obfrau der Interessensvertretung: In Amsterdam ist das ein Berufsstand, jeder ist angemeldet, keine Zuhälter, die die Pässe abnehmen… alles in geodneten gesetzlichen Bahnen. Ich würde mich eher daran orientieren. Die Gründung einer Interessensvertretung zur Aufrechterhaltung des, man muss leider sagen Menschenhandels, ist skrupellos.

  5. Bei aller Liebe, wären die Damen versichert als Selbstängige könnte sie stempeln etc… Das was sie da erzählt Schwachsinn …

    • Ein Dienstnehmer (unselbständig) kann Arbeitslosengeld beziehen. Es wäre mir neu, dass dies auch Selbständige gem. GSVG können…………

      • geri, Sie haben (fast) Recht. Rikimiki999, Sie haben m.M.n. keine Ahnung.

        Als Selbstständiger weiß ich, dass es normalerweise kein Arbeitslosengeld gibt. Deshalb “normalerweise”, weil man als Selbstständiger eine freiwillige Arbeitslosenversicherung abschließen kann, wo man sich den Auszahlungsbetrag in Grenzen aussuchen kann. Je mehr man haben will, desto mehr muss man einzahlen. Wenn dann die Umsätze in einem Monat entfallen, kann man “Arbeitslose” bekommen, wenn man es “beweisen” kann.

        Als ich den Brief der SVS oder Wirtschaftskammer (weiß nicht mehr von wem) vor ein paar Jahren bekommen habe, musste ich lachen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass viele Selbstständige diese “freiwillige Arbeitslosenversicherung” haben wollten. Wenn doch, ist man m.M.n. ohnehin kein wirklicher Selbstständiger.

        geri, ich ändere meine Meinung, Sie haben Recht und Rikimiki999 hat Unrecht. Nur meine Meinung.

  6. Ähm, warum glaubt ihr, waren genau das Bgld, Wien und Nö so stark betroffen? Gleich nach der Grenze gibt’s Billigstsex.

    Ned böse sein, aber “Nein”, gebts eine Ruh. Und auch die Männer :Ja Masturnation ist euch zuzumuten, in Anbetracht der Umstände….

  7. das hat man davon, wenn eine Sekte sich ihre eigenen Beidln hält und so auch noch dem Sexgewerbe in Österreich schadet… gibt es eigentlich irgendeinen Bereich in Österreich den diese Familie nicht nachträglich geschädigt hat?

    • Doch, es gibt einen Bereich, dem sie große Gewinne eingebracht haben. Nämlich m.M.n. ihrer eigenen Familie. Es gilt die Unschuldsvermutung.

    • Tatsächlich war der Kollege, von dem der Artikel stammt, vorher bei der Krone. 🙂 Ich glaube aber nicht, dass der Text dort so wenig reißerisch und so vorurteilsfrei erschienen wäre. Die Sexarbeiterinnen haben Probleme, sie müssen von etwas leben, sind von der Krise betroffen. Wichtig, darüber auch zu schreiben, finde ich.

      • Beim Corona-Thema auf Scharfmacher und bei Menschenhandel und Prostiution ein Verharmloser (Sexarbeiterinnen). Passt gut zusammen, Th. Walach. Bravo.

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