Seit November 2020 waren “Umsatzersätze” an Bordellbetreiber durch Verordnung verboten. Trotzdem kassierte die Rotlicht-Branche mehr als 16 Millionen Euro von der COFAG des Finanzministers. Gemeinsam mit „Kronen Zeitung“ und „Der Standard“ hat ZackZack die beiden Hintertüren zu den Millionen gefunden.
Eine gemeinsame Recherche von „ZackZack“, „Kronen Zeitung“ und „Der Standard“ bringt Licht in die COFAG-Bordell-Affäre – und liefert erste Gründe, einen Verdacht auf Förderungsmissbrauch zu prüfen. Die COFAG brachte den Stein selbst mit einem Hinweis ins Rollen.
Auf die Fragen, die ZackZack der COFAG im Zusammenhang mit dem Millionen-Geldsegen an Bordelle stellte, kam als Antwort: „In den Verordnungen zum Lockdown-Umsatzersatz waren (…) „Einrichtungen zur Ausübung der Prostitution“ von der Zuschussgewährung ausgenommen.“
Am 1. November 2020 waren Bordelle in der „COVID-Schutzmaßnahmenverordnung“ noch förderungswürdig. Doch fünf Tage später ging mit der nächsten Verordnung die COFAG-Tür für die Bordelle zu. Das Bordell-Förderungsverbot findet sich im Anhang zur „Verordnung betreffend Richtlinien über die Gewährung eines Lockdown-Umsatzersatzes durch die COFAG“. Versteckt in langen Aufzählungen ist dort die Ziffer 6 von der Förderung ausgenommen. Die Ziffer 6 der Gruppe “Freizeiteinrichtungen” hieß „Einrichtungen zur Ausübung der Prostitution“.
Zuschuss statt Umsatzersatz
Die Laufhaus-Unternehmer suchten nach einer Hintertür. Sie fanden zwei. Eine davon hieß „Zuschuss“. Nachdem der Gesundheitsminister Puff-Umsatzersätze verboten hatte, beantragten die Bordell-Unternehmer stattdessen „Zuschüsse“ – und bekamen sie zu fast 100 Prozent genehmigt.
Die zweite Hintertür beschrieb die COFAG selbst in ihrer Antwort an ZackZack:
„Grundsätzlich kann ein Unternehmer allerdings in mehreren Branchen tätig sein“. Die Einreichung in einer anderen Branche ist laut COFAG lukrativ: Der Bordellunternehmer kann „daher für jene Branche, in denen gemäß den jeweiligen Verordnungen eine Zuschussberechtigung besteht, Förderungen der COFAG erhalten.“
Damit war alles ganz einfach: Das Unternehmen war plötzlich kein Bordellunternehmen, sondern eine ehrbare Firma aus anderen Bereichen. Kaum war das Verbot in Kraft, erhielt die COFAG Bordell-Zuschussanträge unter ganz anderen Branchennamen. Die Unternehmen konnten sich offensichtlich darauf verlassen, dass die COFAG nicht genau hinsah.
Gastwirte, Vermieter und Finanzdienstleiter
Das Betreiberunternehmen von „Laufhaus St. Valentin“ verlegte sich wie das von „Love Haus“ in Leoben, von „Kings Club“ in Wiener Neustadt, von „Laufhaus Liezen“, von „Casa Carintia“ in Feldkirchen, von „Knusperhaus“ in Hartberg und von „Laufhaus Vesuv“ in Salzburg auf die „Ausschank von Getränken“. Dafür überwies die COFAG an zwölf Rotlicht-Unternehmen insgesamt knapp drei Millionen Euro.
Noch besser lief das Geschäft unter „Restaurants, Gaststätten“. Mehr als 5,5 Millionen Euro war der COFAG die gute Bedienung in acht Unternehmen der Rotlicht-Gastronomie wert.
1,8 Millionen Euro gab es unter dem Titel „Vermietung oder Verpachtung von Grundstücken und Wohnungen“, weitere 770.000 Euro für „Verwaltung von Grundstücken, Gebäuden und Wohnungen für Dritte“. Mehr als 2,5 COFAG-Millionen Euro an zehn Rotlicht-Immobilienunternehmer erweckten den Anschein, dass Laufhäuser Immobilien waren. Nicht einmal Firmennamen wie „Laufhaus Wien ltd“ hinderten die COFAG, unter diesem Titel 141.863,34 Euro an eine Londoner Bordellkette zu überweisen.
„Mädchentester“ als „Finanzdienstleister“
Die „Charisma V2 GmbH“, deren Bordelle in Graz mittels Plakat „Mädchentester“ suchten, gab sich in ihren elf Förderanträgen als „Finanzdienstleister“ aus – und kassierte dafür von der COFAG 118.958,64 Euro.
Der Rotlicht-Wahrheit am nächsten kamen die Poema Betriebs GmbH mit dem Linzer „Golden Time“ und die Tivoli Veranstaltungs GmbH mit dem „Babylon Salzburg“. Sie ordneten sich selbst der Gruppe „Erbringung von Dienstleistungen des Sports, der Unterhaltung und der Erholung“ zu, in die nach Auskunft der COFAG Peep Shows, aber nicht Bordelle gehören. Trotzdem kassierten die beiden Bordellunternehmen gemeinsam 2.163.956,53 Euro von der COFAG.
Mit der GROFA GmbH gab ein einziger Betreiber mit „sonstige überwiegend persönliche Dienstleistungen“ seine Branche einschlägig an. Im Gegensatz zu den „Gaststätten“, „Grundstücksverwaltern“ und „Finanzdienstleistern“ deutet beim Swingerclub „Frivoli“ allerdings nichts auf ein Bordell hin.
Förderungsmissbrauch?
Paragraph 153 b des Strafgesetzbuches regelt den „Förderungsmissbrauch“. Die COFAG kann derzeit nicht erklären, warum sie trotz des bestehenden Förderverbots für Bordelle mehr als 16 Millionen an Bordellunternehmen mit teils irreführenden Branchenbezeichnungen ausbezahlt hat. Vieles deutet auf flächendeckendes Kontrollversagen der COFAG hin. Aber das erklärt längst nicht alles.
Als Unternehmen des Finanzministers betont die COFAG gegenüber ZackZack ihre Bereitschaft, Geld zurückzufordern: „Die COFAG wird in jenen Fällen zurückfordern, in denen der Antrag eines Unternehmens die Antragsvoraussetzungen nicht erfüllt oder die Höhe der ausgezahlten Förderung nicht den rechtlichen Vorgaben entspricht. Die COFAG wird das Unternehmen nach Prüfung dieser Umstände schriftlich kontaktieren, gegebenenfalls weitere Informationen anfordern und festgestellte Rückforderungsansprüche geltend machen.“
So könnten weitere Ermittlungen bevorstehen. Sollten die Fakten einen Anfangsverdacht begründen, könnte die Rotlicht-Förderung der COFAG ein Fall für WKStA werden.
Alles für Unternehmer, nichts für Frauen
Mehr als 16 Millionen Euro kassierten Rotlicht-Unternehmer von 2020 bis 2022 von der COFAG des Finanzministers. Bei den Sexarbeiterinnen kam davon kein einziger Euro an. Sie sind doppelte Verliererinnen: durch Pandemie und COFAG. Dazu demnächst mehr in Teil 3 der „COFUCK“-Serie in ZackZack.
Titelbild: Daniel Pilz / ZackZack