Freitag, Februar 7, 2025

Leak aus Klimaministerium – ÖVP und Grüne im Clinch

ÖVP und Grüne im Clinch

Für Klimaschutzministerin Leonore Gewessler setzte es in der Pressestunde am Sonntag eine Überraschung. Fünf Stunden vor ihrem Auftritt wurde der Entwurf des Klimaschutzgesetzes von Zeitungen veröffentlicht. Die Koalition wirft sich nun gegenseitig den Leak vor.

Wien, 28. April 2021 | “Klimaziel erreichen – oder das Tanken wird teurer”, titelte die „Kronen Zeitung“ in ihrer Onlineausgabe am Sonntag um 6:05 Uhr. Inhalt des Artikels ist der Gesetzesentwurf zum Klimaschutzgesetz der türkis-grünen Regierung.

Steuererhöhungen bei Emissions-Überschreitung geleakt

Auffallend ist, dass nur ein spezieller Punkt aus dem Gesetzesentwurf thematisiert wird – und dieser erregt vor allem die ÖVP-Hälfte der Koalition. Bis 2040 soll Österreich Klimaneutralität schaffen, dazu werden jährlich Emissions-Höchstwerte festgelegt. Um folgenden Streitpunkt geht es in der “Krone”:

„In Paragraf zehn der aktuellen Version des Papiers steht nämlich, dass bei einer Überschreitung der Höchstwerte automatisch etwa Mineralölsteuer und Erdgasabgabe massiv erhöht werden, sofern die Politik zuvor keine ausreichenden Maßnahmen zustande gebracht hat.“

Wenn Österreich seine Höchstwerte überschreiten und die Politik keine ausreichenden Maßnahmen zustande bringen sollte, sollen die Steuern für Mineralöl und Erdgas um 50 Prozent steigen. Teuer werden verfehlte Klimaziele übrigens sowieso. Vergangene Woche präsentierte der Rechnungshof einen Bericht, wonach Österreich, wenn es die Klimaziele für 2030 nicht erreichen sollte, Strafzahlungen von bis zu neun Milliarden Euro durch CO2-Zertifikate drohen.

Seit 1990 hat Österreich jedes Klimaziel verfehlt. Während im EU-Durchschnitt die CO2-Emissionen um 24 Prozent zurückgingen, stiegen sie in Österreich um 1,3 Prozent seit 1990.

Fünf Stunden vor Gewessler-Auftritt veröffentlicht

Leonore Gewessler wurde von der Veröffentlichung überrumpelt: sie saß nur fünf Stunden nach dem Bericht in der ORF-Pressestunde. Ein eigenes Präsentieren des Entwurfes wurde der Klimaschutzministerin somit abgeschossen.

Laut “Standard” soll es das Leak zu gehörigen Verstimmungen in der Koalition geführt haben. Die Koalitionspartner wiesen sich laut der Zeitung gegenseitig die Schuld zu. Die Grünen vermuten die ÖVP dahinter, da Ministerin Gewessler in der Pressestunde vor allem zum Thema des “Krone”-Berichts, nämlich Steuererhöhungen bei Klimaverfehlungen, befragt wurde. Bei Türkis ist das ein großes Reizthema. Gewessler war deshalb nicht verwundert, wieso genau dieser Punkt an die Medien gespielt wurde: “Genau so macht man es, wenn man etwas verhindern will.” Jemand, der diesen Punkt verhindern wolle, sei scheinbar die ÖVP.

ÖVP: Wir waren es nicht

Die ÖVP rückte nach der Pressestunde aus und kritisierte den kleinen veröffentlichten Teil aus dem Klimaschutz-Gesetzesentwurf vehement. Nationalratsabgeordneter und WKÖ-Generalsekretär Karlheinz Kopf kritisierte in einer Aussendung „unpraktikable, ideologisch-motivierte nationale Alleingänge“ und „Verbote oder steuerliche Diskriminierungen, wo Alternativen fehlen“. Auch Bundeskanzler Sebastian Kurz äußerte sich am Montag dazu: er lehne automatische Steuererhöhungen ab. Die Türkisen bestreiten aber, das Papier, an die Medien gespielt zu haben.

Wer verbreitete den Entwurf sonst an die Medien? Die ÖVP-Theorie ist, dass das Klimaministerium den Entwurf selbst herausspielte. Das Ministerium habe einfach nicht bedacht, dass dieser Punkt so heftig in den Medien diskutiert werden könnte. Gleichzeitig relativierte die ÖVP jedoch die eigene Theorie, da so ein Entwurf in zahlreiche Hände gelange.

(bf)

Titelbild: APA Picturedesk

Autor

  • Benedikt Faast

    Redakteur für Innenpolitik. Verfolgt so gut wie jedes Interview in der österreichischen Politlandschaft.

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