Rund um die zweite Befragung von Bernhard Bonelli im Ibiza-Ausschuss entwickelte sich eine ungewöhnlich heftige Debatte. Antworten lieferte die rechte Hand des Kanzlers aber keine.
Wien, 05. Mai 2021 | Äußerst hitzige Stunden erlebte der Ibiza-U-Ausschuss am Dienstagabend. Bernhard Bonelli, einer der engsten Berater von Sebastian Kurz, wurde zum zweiten Mal in den Kontrollausschuss geladen.
Anzeige gegen Bonelli
Gleich zu Beginn der Befragung gingen die Emotionen hoch. Denn die WKStA prüft aktuell einen Anfangsverdacht gegen Bonelli, weshalb sich dieser auf sein breites Entschlagungsrecht berufen wollte. Hintergrund: Stephanie Krisper hatte Ende März eine Sachverhaltsdarstellung gegen Bonelli eingebracht. Der Verdacht: Falschaussage im U-Ausschuss. Die Verfahrensanwältin sprach allerdings von einer „kürzlich eingebrachten Anzeige.“ Möglicherweise gibt es also bereits zwei Anzeigen gegen den Kabinettschef von Sebastian Kurz.
Würde sich die Prüfung der WKStA ausschließlich um die Falschaussage drehen, wäre das kein Grund, sich entschlagen zu dürfen, insistierte die Opposition. Die Verfahrensanwältin hatte eine etwas andere Rechtsansicht, berief sich auf eine Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes von 1997 – für Teilnehmende verwirrend. Zugleich zeigte die ÖVP klar ihre Intention: Bonelli sollte wieder heimgeschickt werden, und zwar zügig.
Verfahrensrichter widerspricht Opposition
Hanger (ÖVP) nannte Krisper (NEOS) während der hitzigen Debatte „lächerlich“ und „obskur“, was Nina Tomaselli (Grüne) empörte. Sie verlangte vom Vorsitzenden Sobotka einen Ordnungsruf gegen dessen Parteifreund. Dieser blieb aber aus und Bonelli im Saal.
Auf diesen Teil der Verfahrensordnung bezog sich die Opposition. Verfahrensrichter Pöschl sah das aber nicht als letztgültiges Recht.
Während man versuchte, aus dem Justizministerium Auskunft über einen potenziellen Beschuldigtenstatus Bonellis zu bekommen, begann die Befragung – und eine Entschlagungsorgie. Aus dem Justizministerium hieß es dann, man warte auf den Bericht von der WKStA. Man könne auch nicht sagen, ob es sich um eine oder mehrere Anzeigen handelt. Verfahrensrichter Pöschl gab Bonelli recht und gestand ihm das breite Entschlagungsrecht zu, auch wenn er „es selbst“ nicht verstehe. Sobotka folgte der Ansicht des Verfahrensrichters. Die Opposition konnte dies nicht nachvollziehen. Entschlug sich Bonelli während der langwierigen Befragung einmal nicht, fehlte ihm meist die Erinnerung.
Stephanie Krisper ergänzte zur Anzeige, dass der ÖVP-Blog sogar wenige Tage nach ihrer Anzeige darüber berichtet hatte. Wusste Bonelli tatsächlich bis Dienstag nichts von der Anzeige? „Den Artikel habe ich nicht gelesen und ich habe den Sachverhalt erst heute bewusst wahrgenommen“. ZackZack-Recherchen zufolge liegt nur eine Anzeige gegen Bonelli vor, eben jene von Krisper. Dass er davon bis Dienstag nichts gewusst hat, obwohl die Sachverhaltsdarstellung dem ÖVP-Klub bereits seit knapp einem Monat vorliegt, darf bezweifelt werden.
(ot)
Titelbild: APA Picturedesk