Das ist ein Unterüberschrift
Eine Agentur hat mehreren Influencern Geld geboten, wenn sie dafür den Impfstoff von Biontech/Pfizer in ihren Social Media-Kanälen diffamieren. Die Spur der Schmutz-Kampagne soll über London nach Moskau führen.
Wien, 26. Mai 2021 | „Mir ist eine Partnerschaft angeboten worden, um in Videos den Impfstoff von Pfizer schlecht zu machen“, twitterte der Franzose Leo Grasset am Montag. Er ist Biologe und betreibt auf Youtube einen wissenschaftlichen Kanal mit über 1 Millionen Abonnenten.
C'est étrange.
J'ai reçu une proposition de partenariat qui consiste à déglinguer le vaccin Pfizer en vidéo. Budget colossal, client qui veut rester incognito et il faut cacher la sponso.
Éthique/20. Si vous voyez des vidéos là dessus vous saurez que c'est une opé, du coup. pic.twitter.com/sl3ur9QuSu— Léo Grasset (@dirtybiology) May 24, 2021
Dubiose Agentur schreibt Influencer an
Die enorme Reichweite, die Grasset mit seinen Videos auf „DirtyBiology“ erzielt, brachte eine Agentur offenbar dazu, ihm per Mail ein Geldangebot zu machen. Auftrag sei es gewesen, das Vakzin der Impfstoffhersteller Biontech/Pfizer zu diffamieren. Demnach hätte er schreiben sollen, dass die Todesrate nach einer Pfizer-Impfung drei Mal so hoch sei wie beispielsweise bei AstraZeneca. Auch Links zu Quellen, die die Gefahr belegen sollen, wurden mitgeschickt. Wie eine Recherche der französischen Tageszeitung „Le Monde“ ergeben hat, waren mehrere Blogeinträge, die sich auf diese Quellen beziehen, innerhalb weniger Tage gepostet worden. Als Grasset an die Öffentlichkeit ging, wurden die Einträge gelöscht.
Der Youtube-Biologe selbst spricht von einer „riesigen Summe“, die ihm vom Sponsor dafür angeboten wurde. Letzterer sollte außerdem anonym bleiben, was Grasset schnell komisch vorgekommen sei. Umgehend warnte er seine Community in den sozialen Medien, nicht auf die Kampagne reinzufallen.
Auch andere Influencer und Youtuber, die dasselbe dubiose Angebot erhalten hatten, gingen daraufhin an die Öffentlichkeit. Der deutsche Journalist und Youtuber Mirko Drotschmann berichtete bereits am 18. Mai von einer Anfrage zu einer „Informationskampagne“.
Sehr interessant: Eine Agentur meldet sich und fragt, ob ich Teil einer „Informationskampagne“ sein will. Es geht darum, einen Link zu angeblich geleakten Dokumenten zu Todesfällen bei Corona-Impfungen zu teilen. Gegen Geld. Sitz der Agentur: London. Wohnort des CEO: Moskau. pic.twitter.com/5x0Wqx79oZ
— Mirko Drotschmann (@MrWissen2Go) May 18, 2021
Spur führt nach Russland
Doch wer steckt hinter der Schmutz-Kampagne? Die betroffenen Youtuber erklärten, dass der Absender der Mail eine Agentur mit Sitz in London gewesen sei. Weitere Nachforschungen hätten ergeben, dass es sich hier um die Firma „Fazze“ halten soll. Diese dürfte aber so nicht existieren. Der Chef des Unternehmens soll von Moskau aus operieren, heißt es. Den LinkedIn-Profilen der Mitarbeiter nach hätten viele von ihnen Berufserfahrung in Russland. Einige davon wiederum hätten nur Stunden nach den ersten Tweets der Influencer ihre Profile auf „privat“ gestellt.
Wie Grasset zudem herausgefunden hat, befindet sich an der Londoner Adresse der angeblichen Agentur ein Zentrum für “Laser-Ästhetik”.
Incroyable.
L'adresse de l'agence londonienne qui m'a contacté est bidon. Ils n'ont jamais eu de locaux là bas, c'est un centre laser esthétique ! Tous les employés ont des profils LinkedIn chelous… qui disparaissent depuis ce matin. Tout le monde a bossé en Russie avant.
WTF pic.twitter.com/RKiEpYoMgV— Léo Grasset (@dirtybiology) May 24, 2021
“Armselig, gefährlich und verantwortungslos”
Zur Causa schaltete sich auch Frankreichs Gesundheitsminister, Olivier Veran, ein. „Das ist armselig, gefährlich und verantwortungslos“, sagte er dem Sender BFM-TV. Nach Angaben Vérans gibt es noch keine eindeutigen Hinweise auf die Urheber der Mails. “Ich weiß nicht, ob sie aus Frankreich kommen oder aus dem Ausland”, sagte der Minister.
Die Videoplattform Youtube geht seit Kurzem verstärkt gegen Falschinformationen vor. Nach eigenen Angaben hat die Plattform im vergangenen Jahr themenunabhängig mehr als 40 Millionen Videos gelöscht, weil sie den Richtlinien nicht entsprochen hätten.
(mst)
Titelbild: APA Picturedesk