Dienstag, März 25, 2025

2 Millionen Kündigungen in Italien? Draghi will Corona-Schutz für Arbeiter abblasen

Draghi will Corona-Schutz für Arbeiter abblasen

Italien ist das einzige EU-Land, in dem seit März 2020 ein allgemeiner Kündigungsschutz gilt. Jetzt soll die Regelung auslaufen, die Gewerkschaft droht mit Generalstreik.

 

Wien, 16. Juni 2021 | Seit März 2020 gilt in Italien ein Kündigungsverbot. Jetzt will Premierminister und Ex-EZB-Boss Mario Draghi das am 30. Juni ablaufende Kündigungsverbot nicht mehr verlängern. Gewerkschaften protestieren und warnen vor 2 Millionen Kündigungen.

Gewerkschaft gegen Industrie

Für den 26. Juni sind drei Großdemonstrationen in Turin, Florenz und Bari geplant. Die Gewerkschaften verlangen, den Kündigungsstopp bis mindestens 31. Oktober zu verlängern. Zugleich fordern die Arbeitnehmerverbände eine tief greifende Reform der sozialen Stützungsmaßnahmen und der Beschäftigungspolitik.

“Unser Land befindet sich in einer heiklen Phase des Übergangs. Die Gefahr sei ansonsten, dass hunderttausende Arbeitnehmer, vor allem Frauen und Jugendliche, ihre Stelle verlieren. Dies hätte katastrophale soziale Folgen in dem von der Wirtschaftskrise schwer betroffenen Land”, warnte der Chef des Gewerkschaftsverbandes UIL, Luigi Sbarra. Der Gewerkschaftschef drohte der Regierung sogar mit einem Generalstreik.

Industriellen-Chef Carlo Bonomi hält dagegen die Aufhebung des bei den Arbeitgebern missliebigen Verbots für überfällig: “Die Konjunkturdaten zeigen, dass der Aufschwung begonnen hat. Das Kündigungsverbot hat ausgedient.” Wegen des seit Beginn der Pandemie im März 2020 geltenden Kündigungsstopps sei die Beschäftigungspolitik in Italien auf Eis gelegt. Unternehmen seien nicht in der Lage, sich an die neuen Verhältnisse flexibel anzupassen, was die Wirtschaft lahmzulegen drohe, argumentiert Bonomi.

EU gegen Kündigungsschutz

Die Europäische Kommission unterstützt Draghis Linie. Die Frühjahrsempfehlungen, die am Mittwoch verabschiedet wurden, enthalten einen ausdrücklichen Hinweis auf das Thema Beschäftigung. Italien sei der einzige Mitgliedstaat, der zu Beginn der Coronakrise ein absolutes Verbot von Kündigungen eingeführt habe, stellte die EU-Kommission fest. Diese Strategie könne nach Ansicht der EU nicht als Beihilfe bewertet werden, sondern sei ausgerechnet eine Diskriminierung der Arbeitnehmer.

In der Praxis würden vor allem Festangestellte auf Kosten der befristet Beschäftigten sowie der Zeit- und Saisonarbeiter vom Kündigungsverbot profitieren, so der Vorwurf. “Der Vergleich mit anderen Mitgliedstaaten, die das Kündigungsverbot nicht eingeführt haben, bezeugt, dass die Maßnahme nicht besonders effektiv, ja sogar überflüssig ist”, hieß es.

Die Europäische Kommission lehnt die italienische Maßnahme zur Gänze ab. “Das Entlassungsverbot könnte sich sogar als kontraproduktiv erweisen. Je länger es in Kraft ist, desto mehr läuft es Gefahr, kontraproduktiv zu sein, weil es die notwendige Anpassung der Belegschaft an die Bedürfnisse des Unternehmens behindert”, hieß es.

(apa/ot)

Titelbild: APA Picturedesk

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