Das ist ein Unterüberschrift
Mitarbeiter von Israels Ex-Premier Benjamin Netanyahu sollen illegal Dokumente geschreddert haben. Innenpolitische Beobachter fühlen sich an die Schredderaffäre um Festplatten aus dem Kanzleramt erinnert.
Jerusalem, Wien, 18. Juni 2021 | Nach zwölf Jahren im Amt ist Benjamin Netanyahu nicht länger israelischer Premier. Am Donnerstag wurden Vorwürfe laut, Mitarbeiter des Likud-Chefs hätten illegal Dokumente geschreddert, bevor Netanyahu das Premier-Büro verlassen musste.
Ein Sprecher des Ex-Premiers bezeichnete die Vorwürfe als “komplette Lüge.” Nichts dergleichen sei jemals passiert. Die israelische Tageszeitung “Haaretz” zitierte jedoch anonyme Netanyahu-Mitarbeiter, die sagten, der scheidende Premier hätte persönlich am Sonntagvormittag – wenige Stunden vor der Machtübergabe – die Vernichtung von Dokumenten angeordnet.
Laut Haaretz handelt es sich um Unterlagen aus Safes im sogenannten “Aquarium”, dem abgesicherten Arbeitsbereich des Premierministers und seiner Berater. Was der Inhalt der Dokumente war, ist unbekannt. Ihre Vernichtung wäre aber jedenfalls illegal. Alle Regierungsdokumente müssen in Israel aufbewahrt werden.
Gemeinsamkeiten zwischen “Bibi” und “Basti”
In Österreich fühlen sich viele an den sogenannten “Schreddergate”-Skandal erinnert. Ein Mitarbeiter des Bundeskanzleramts hatte nach der Abwahl von Kanzler Sebastian Kurz Festplatten aus dem Kanzleramt unter dem falschen Namen “Walter Maisinger” schreddern lassen. Die Sache war aufgeflogen, weil der Mitarbeiter die Rechnung nicht beglichen hatte und der Chef des Aktenvernichtungsunternehmens ihn im Fernsehen wiedererkannt hatte.
Den Ermittlern der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) war der Fall per Weisung entzogen worden, just nachdem der fallführende Staatsanwalt die Beschlagnahmung des Handys des Kanzleramtsmitarbeiters angeordnet hatte.
Was sich auf den zerstörten Festplatten befand, ist bis heute unbekannt. Die Volkspartei behauptet, es habe sich um Druckerfestplatten gehandelt. Jan Krainer, SPÖ-Fraktionsführer im Ibiza-Untersuchungsausschuss, wo Schreddergate wiederholt Thema war, ist hingegen überzeugt, dass wenigstens eine Festplatte aus einem Laptop stammte.
Benjamin Netanyahu und Sebastian Kurz sind enge politische Verbündete. Neben einer Schredderaffäre teilen sie weitere Schwierigkeiten. Wie Kurz ist auch Netanyahu mit Korruptionsvorwürfen und -ermittlungen konfrontiert.
(tw)
Titelbild: APA Picturedesk