Am Montag präsentierte der Innenminister die neue Brutal-Munition der Polizei. Aber er verbreitete auch eine Falschmeldung, die von vielen Medien abgedruckt wurde.
Wien, 29. Juni 2021 | Die von Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) angeschaffte „Dum-Dum-Munition“ für die Polizei ist eingetroffen. (ZackZack berichtete über die Bestellung). Bei der Präsentation der umstrittenen Munition am Montag verbreitete der Innenminister eine Falschmeldung.
Nehammer Fake-News über „Amnesty“
So behauptete Nehammer, dass die neue Munition in einer Studie geprüft worden sei, bei der auch die Menschenrechtsorganisation „Amnesty International“ beteiligt gewesen sein soll. Doch das ist gänzlich falsch, wie „Amnesty“ am Dienstag per Presseaussendung festhält:
„Die Behauptung, dass Amnesty International an einer Studie rund um die Beschaffung der neuen Einsatzmunition der österreichischen Polizei beteiligt war und/oder dieser Beschaffung zugestimmt hätte, ist falsch.“
Dem nicht genug. Zwar war „Amnesty“ tatsächlich vom Innenministerium eingeladen gewesen, sagte die Teilnahme allerdings explizit ab. Man erstelle „keine waffentechnischen Gutachten“ oder gebe zu diesem Thema „Zustimmungserklärungen“ ab. Die Frage, wann „polizeilicher Gebrauch von Schusswaffen menschenrechtlich zulässig ist“, sei für die Menschenrechtsorganisation von großer Bedeutung. Welche Munition verwendet werde, läge jedoch alleine „in der organisatorischen Verantwortung der Polizei“.
Falschmeldung schaffte es in viele Medien
Nehammer berief sich in seiner Pressekonferenz dennoch auf Amnesty International. Viele österreichische Medien druckten Nehammers Falschmeldung ab, die fehlerhafte „APA“-Meldung erschien unter anderem bei „Krone“ „Kurier“ und „ORF“.
Die sogenannte „Dum-Dum-Munition“ ist international eigentlich geächtet. Denn die Patrone deformiert sich bei Aufschlag zum Pilz. Seit der Haager Friedenskonferenzen von 1899/1907 gilt das grundlegende Verbot für Munitionsarten, „die sich im Körper leicht ausdehnen oder plattdrücken“.
International geächtet
Selbst das Innenministerium gesteht diesen Umstand zu. Die Einführung einer Deformationsmunition als Polizeieinsatzmunition stelle “einen schwerwiegenden Eingriff in die Grundrechte dar“, heißt es in einer Anfrage der NGO „Frag den Staat“ vom August 2019. Dies sei aber für das Ministerium nur „mittelbar relevant“. Außerdem sei „das Risiko tödlicher Verletzungen aufgrund von Verbluten nicht höher.“
Der Nutzen der Munition wird mit dem verminderten Risiko von „Durchschüssen und Querschüssen“ argumentiert . Schon Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) wollte die Dum-Dum-Munition anschaffen. Auch in Deutschland und der Schweiz wird die Munition von der Polizei verwendet. Österreich hat nun 1,5 Millionen Patronen erworben.
(ot)
Titelbild: APA Picturedesk