Kündigungswelle an Berliner Schulen
Berlin gehen die Lehrer aus. Im Sommer kam es zu einer zu einer massiven Kündigungswelle van den Schulen der deutschen Hauptstadt. Der Lehrermangel ist dramatisch: Quereinsteiger können die Lücken nicht schließen.
Wien, 28. Juli 2021 | Berlins Schulen litten ohnehin schon an Personalmangel: Unter den rund 33.000 Lehrern in Berlin sind laut „Tagesspiegel“ geschätzt rund 7.000 Quereinsteiger: sie haben kein Lehramtsstudium absolviert. Doch auch sie reichten bislang nicht aus, um die Lücken zu füllen. Eine Kündigungswelle verschärft die Lage nun noch einmal mehr. 700 Lehrer haben der Hauptstadt “Adieu” gesagt. Sie suchen sich lieber einen Job im Umland. Warum? Berlin verbeamtet seine Lehrer nicht, andere Bundesländer schon. Seit das Land Brandburg seine Lehrer zu Beamten macht, verliert die Hauptstadt jedes Jahr hunderte Lehrer an das benachbarte Bundesland, das die Pädagogen gut brauchen kann.
Massiver Lehrermangel: Quer-, Seiteneinsteiger und Logopäden eingestellt
Die Stadt versucht, dem Lehrermangel mit Quereinsteigern gegenzusteuern. Als Quereinsteiger gelten jene, die kein Lehramtsstudium abgeschlossen haben, aber ein Studienfach, das man einem Schulfach zuordnen kann. Seit 2018 konnte Berlin nicht einmal mit ihnen dem massiven Lehrkräftemangel beikommen: Daher wurden zusätzlich jährlich rund 900 „Seiteneinsteiger“ oder „Lehrer ohne volle Lehrbefähigung“ eingestellt. Damit nicht genug, sollen etliche Schulleiter Lehrerstellen umgewidmet haben und sie etwa mit Logopäden besetzt haben, einfach weil weder Lehrer, noch Quer-, noch Seiteneinsteiger verfügbar waren.
Bildungsbehörde wird „Verschleierung“ der Zahlen vorgeworfen
Der Berliner Bildungsbehörde wird fehlende Transparenz und Verschleierung vorgeworfen: Eine genaue Zahl zu Quer- und Seiteneinsteigern gibt es nicht. In der Statistik werden die Quereinsteiger als vollwertig ausgebildete Lehrer gezählt. Die Bildungsbehörde würde versuchen, „die gravierende Unterausstattung durch nicht nachvollziehbare wechselnde Begrifflichkeiten und Zahlenspielereien zu verschleiern“, sagt der stellvertretende Vorsitzende des Gesamtpersonalrats, Dieter Haase, gegenüber dem „Tagesspiegel“.
2018 gab es noch Tabellen, die belegten, dass nur rund 15 Prozent der neu eingestellten Volksschullehrer für diese Schulform überhaupt ausgebildet waren. Also 85 Prozent der Volksschullehrer waren Quereinsteiger, Seiteneinsteiger oder Oberschullehrer und damit alles Lehrkräfte, die nie gelernt hatten, Kindern schreiben und lesen beizubringen.
Lehrer wollen Sicherheit in Corona-Zeiten
Berlins Lehrkräftemangel dürfte in Deutschland einzigartig sein. Sachsen litt ebenfalls unter Lehrkräftemangel, ging aber 2020 zur Verbeamtung der Lehrer über und konnte so einem Mangel entgegenwirken.
Selbst wenn Berlin seine Lehrer verbeamtet – womit nach den Wahlen im Herbst gerechnet wird – dürfte es noch einige Zeit brauchen, bis der Qualitätsverlust durch die massenweise Abwanderung ausgebildeter Lehrer ausgeglichen werden kann: „Auch die aktuelle Abwanderung von abermals rund 700 Kräften deutet darauf, dass die ausgebildeten Lehrer Sicherheit wollen – gerade in Zeiten von Corona“, zitiert der „Tagesspiegel“ einen Schulleiter, der Pädagogen ans Umland verloren hat.
(lb)
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