Das ist ein Unterüberschrift
17: So viele Frauen wurden heuer in Österreich ermordet. 228 Millionen: So viel Geld würde gebraucht, um das zu verhindern. 210 Millionen: So viel Inseratenbudget gönnt sich die Regierung in den nächsten Jahren.
Julya Rabinowich
Wien, 06. August 2021 | Einer Frau wird in den Kopf geschossen, eines ihrer Kinder ist in der Wohnung, als die Tat geschieht. Sie überlebt die Schüsse nicht. Eine Frau wird mit Benzin überschüttet, angezündet und eingesperrt. Sie wird einen langen Überlebenskampf leiden, bis sie ihn verliert. Einer Frau wird in den Hals gestochen, sie verblutet beinahe. Ihr Kind schafft es, Hilfe zu holen. Ein dreizehnjähriges Mädchen wird unter Drogeneinfluss vergewaltigt, bis das Herz aufhört zu schlagen. Eine Frau und ihre Mutter werden erschossen. Eine Frau wird verprügelt und ihre Handflächen werden verbrannt. Ein siebzehnjähriges schwangeres Mädchen wird durch massive Gewalt und eine Schere getötet. Eine 64-jährige wird getötet, indem ihr mit dem Hammer auf den Kopf gedroschen und auf sie eingestochen wird. Der Frauenkörper: durchsiebt, geschnitten, penetriert, stillgestellt, verbrannt, zermalmt.
Das ist nur ein kleiner Ausschnitt dessen, was in Österreich Frauen passieren kann. Siebzehn Mal ist diese Gewalt für die Betroffene tödlich ausgegangen. Siebzehn Mal seit dem 1.1.2021. Allein in diesem Jahr, das noch nicht vorbei ist, haben siebzehn Frauen die Zerstörungswut von Männern nicht überleben können. Das Land blickt in ein Kaleidoskop des Entsetzlichen, mit viel Glück fallen die immergleichen Steinchen, die die Muster der Gewalt bilden, in jene Konstellationen, in denen eine Rettung doch noch möglich ist. Die Rettung: das bedeutet, zu einer Normalität zu finden, die oft schwer zu erreichen ist. Das bedeutet tägliche Herausforderung. Es bedeutet, auch auf Unterstützung angewiesen zu sein. Auf Fachmenschen. 228 Millionen Euro haben die Experten und Expertinnen gefordert, die sie für ihre Arbeit- von Männerberatung bis Opferbetreuung- benötigen würden.
Zugesagt wurde ein lächerlich kleiner Splitter des Nötigen. Gewalt gegen Frauen und Mädchen benötigt aber von allem eines- der geschundene Körper der einzelnen darf nicht als einkalkulierter Kollateralschaden betrachtet werden. Es ist der Körper der gesamten Gesellschaft, der hier mit Waffen, Scheren, Hammer und Feuer malträtiert und in Todesgefahr gebracht wird- und sogar darüber hinaus. Und an der Gesellschaft liegt es auch, Grenzen zu setzen und genügend Schutzmöglichkeiten zu garantieren. Das Eis der Zivilisation ist dünn.
In einem Land, in dem sich das Bundeskanzleramt 210 Millionen Budget für PR-Spielchen gönnt, muss auch ein angemessener Betrag für den Gewaltschutz und Betreuung der betroffenen Frauen und Mädchen, der Zeugen gewordenen Kinder und auch in die Betreuung möglicher zukünftiger Täter investiert werden. Es ist keine Frage, dass investiert werden muss. Ob aber ausreichend investiert wird, ist eine Frage des Anstandes.
Titelbild: ZackZack