Samstag, April 20, 2024

Julya Rabinowich: Rauschendes Medusenkränzchen

Sprachstandsfeststellung, klingt fast so schön wie Donaudampfschiffskapitänsmütze und ist eigentlich immer noch entsetzlich lasch. Wozu so lange warten, wer nicht schon im Mutterleibe als Bauchredner passend tönt, muss es spätestens dann draufhaben, wenn der Kopf zwischen den Beinen herausschaut. Muttermundsprachkontrolle!  

Wien | Eigentlich ist – oder sagen wir schon, war? – das hier ein Monsterkolümnchen. Und eigentlich sollte ich ja seit längerem wieder auf Monsterjagd gehen. Aber leider, leider: keine Mythologie schafft es, die Ereignisse der letzten Wochen so gut zu spiegeln, dass sie diese neuen Realitäten auch gebührend einfangen kann. Vielleicht drängt sich sogar ganz kurz Perseus auf, der mit Schild und Schwert gewappnet, sich daran macht, Medusa der Gorgo das Haupt abzuschlagen, ohne dabei zu Stein zu erstarren, aber zu meinem Bedauern erstarrt man eher einfach vor sich hin, ohne Schutz im gleißenden spiegelnden Schild finden zu können, wenn man auf einige Ereignisse blicken will oder sogar blicken muss.

Schreckliches

Es ist so, dass man dieses Gefühl nicht loswird, auf Schreckliches zu blicken, dass viele andere nicht mehr als schrecklich empfinden, man blickt zwar auf Schreckliches, aber dieses Schreckliche wird schleichend so alltäglich, weil es alle Tage geschieht.

Die vergangene Woche war in diesem Sinne wirklich eine sehr bereichernde. Man weiß gar nicht, wo beginnen, es ist ja nicht nur eine Medusa, es ist ein ganzes Medusenkränzchen, ein rauschender Ball! Also, wo beginnen – beim Antisemitismusbericht, der offenbart, dass ein Drittel der Österreicher glaubt, dass Juden sich am Holocaust bereichern wollen, bei dem mutmaßlich anvisierten Anschlag eines Rechtsextremen, Identitärenfreundes und ehemaligen FPÖ- Gemeinderates im Burgendland auf das Volksstimmefest, oder beginnen wir lieber bei den Hitlerreden samt Sieg Heil im Zug in der Nähe St. Pöltens, vielleicht bei der Beteuerung der niederösterreichischen Frau Landeshauptmann, es liefe so prächtig mit der FPÖ, ein Herz und eine Seele quasi, unter Einbeziehung von glücklichen Kindern, die glücklich sind, weil man ihnen in der Schule eine Deutschpflicht andrehen will? Die Landeshauptmann findet es gut, der Landbauer verlangt es!

Güllewelle

Und wenn die Güllewelle rollt, muss die Wiener ÖVP freilich auch mitsurfen! Deutschpflicht in Schule ist doch wirklich veraltet. Nur der frühe Vogel fängt den Wurm! Nach haarsträubenden Horror-Wortspenden auf Wiener Märkten hat Karl Mahrer ein neues Hobby entdeckt: Deutschprüfungen bei Dreijährigen. Das hieße dann Sprachstandsfeststellung, klingt fast so schön wie Donaudampfschiffskapitänsmütze und ist eigentlich immer noch viel zu lasch! Wozu so lange warten, wer nicht schon im Mutterleibe als Bauchredner passend tönt, muss es spätestens dann draufhaben, wenn der Kopf zwischen den Beinen herausschaut. Muttermundsprachkontrolle!

Und ein Push-Back bei Nichtbestehen, wie ein Twitteruser folgerichtig vorschlägt. Mit der Deutschforderung begibt sich übrigens weniger die ÖVP als die FPÖ auf gefährlich dünnes Eis, man könnte also die Begeisterung der Landeshauptmann Mikl-Leiter dahingehend interpretieren, dass sie einige Wähler und Politiker des Koalitionspartners abgeschoben sehen möchte.

Titelbild: ZackZack/Miriam Mone

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