Sonntag, Mai 5, 2024

FPÖ legt U-Ausschussbericht vor und ortet »tiefen Staat« der ÖVP

Die Freiheitlichen haben am Dienstag als erste der fünf Fraktionen ihren Bericht zum Ibiza-Untersuchungsausschuss präsentiert. Die FPÖ ortet einen “tiefen Staat” der ÖVP.

Wien, 10. August 2021 | Betitelt wurde die 150 Seiten umfassende freiheitliche Sicht der Erkenntnisses des parlamentarischen Kontrollinstruments mit “Der schwarze Faden”. Dementsprechend findet sich auch die ÖVP im Fokus der Betrachtung. Die FPÖ ortet einen “tiefen Staat” der Volkspartei, beruhend auf einem Netzwerk, das Innen-, Justiz- und Finanzministerium durchzieht.

Der “tiefe Staat” mit drei Säulen

Auf diesen drei Säulen gründe sich der “tiefe Staat”, erklärte Hafenecker bei der Präsentation des Berichts. Daher sei die ÖVP auch so erpicht darauf gewesen, nach Veröffentlichung des Ibiza-Videos wieder das Innenministerium unter türkise Kontrolle zu bekommen, argumentierte er. Die beiden anderen Säulen seien eben das Justizministerium und das Finanzministerium. Gute Kontakte zur Judikative würden genutzt, um da und dort ein Verfahren zu “daschlogn” oder um nachzufragen, ob eine Hausdurchsuchung anstehe. Und dass mit Josef Pröll und Walter Rothensteiner zwei prominente Beschuldigte des CASAG-Verfahrens im Ministerium vom damaligen Sektionschef Christian Pilnacek empfangen wurden, sei “sonst nur in einer Bananenrepublik möglich”, so Hafenecker.

Die dritte Säule sei das Finanzministerium, betont der Freiheitliche. “Wer das Geld hat, macht die Regeln.” Aus diesem heraus sei vom damaligen Generalsekretär und späteren ÖBAG-Chef Thomas Schmid die Machtübernahme der Türkisen geplant worden. “Diese drei Säulen hat sich die ÖVP nachhaltig gesichert”, so Hafenecker. Nicht zuletzt belegten dies diverse Chats, die im Laufe des Ausschusses die mediale Öffentlichkeit erblickten.

U-Ausschuss lieferte “Etappensieg”

Als Erfolg für die “Aufklärungsarbeit” des U-Ausschusses verbucht Hafenecker neben dem Rücktritt von Wolfgang Brandstetter als Verfassungsrichter auch die Suspendierung Pilnaceks als Sektionschef und die weitgehende Entmachtung von Johann Fuchs als Leiter der Oberstaatsanwaltschaft. Ein weiterer “Etappensieg” sei freilich der Abgang von Schmid als Alleinvorstand der ÖBAG gewesen, nachdem der U-Ausschuss “minutiös” herausgearbeitet habe, wie dieser sich den hoch dotierten Posten auf den Leib gezimmert habe, argumentierte der FPÖ-Fraktionsführer. Das seien zwar nur “Teilerfolge”, aber insgesamt ein “sichtbares Zeichen, dass sich die Familie nicht alles erlauben kann”.

Auch habe sich in der über ein Jahr andauernden Arbeit des U-Ausschusses gezeigt, wie das “System Kurz” funktioniere. Dabei sei ein “Paradigmenwechsel zur alten schwarzen ÖVP” feststellbar, erklärte Hafenecker. Kurz habe die ÖVP auf ein amerikanisches Spendensystem umgestellt und ein Spendenkonstrukt aufgebaut. Im Gegenzug habe es Aufsichtsratstätigkeiten in staatsnahen Unternehmen oder politische Mandate gegeben.

Auch die Rolle des Vorsitzenden, Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP), kritisierte Hafenecker abermals scharf. Nicht nur sei von Anfang an eine Verstrickung Sobotkas in den Untersuchungsgegenstand evident gewesen (“Maßgebliche Zuwendungen” der Novomatic an das Alois-Mock-Institut, dem Sobotka als Präsident vorsteht), sondern habe dieser als Vorsitzender stets den ÖVP-Auskunftspersonen Schützenhilfe geleistet. Auch die Ermittlungsarbeit der “SoKo Tape” sei politisch beeinflusst gewesen, so Hafenecker: “Die ÖVP überlässt eben nichts dem Zufall.”

Trotz der Teilerfolge gebe es noch sehr viele offene Fragen. Daher werde man nun mit den anderen Fraktionen sprechen, wie ein weiterer U-Ausschuss aussehen könnte, so Hafenecker, für den neben den Corona-Beschaffungen und dem Wirecard-Skandal freilich auch Postenschacher und Korruptionsvorwürfe mögliche “Ingredienzien” seien. Jedenfalls sollte ein solcher möglichst rasch einberufen werden, um mit der Untersuchung fortfahren zu können.

Offen für öffentliche U-Ausschüsse

Offen zeigte sich der freiheitliche Fraktionsführer für eine generelle Übertragung von U-Ausschüssen, vor allem wenn es um Personen geht, die ohnedies in der Öffentlichkeit stehen. Das Problem mit etwaigen Fragen der Geheimhaltung könnte man mit einer zeitversetzten Übertragung lösen, so Hafenecker. Auch sollte die Möglichkeit einer Videobefragung angedacht werden. Und die Verfahrensordnung, die nicht auf Persönlichkeiten wie Sobotka ausgerichtet sei, müsste adaptiert werden, um künftig einem parteiischen Vorsitzenden, der noch dazu in den Gegenstand involviert ist, begegnen zu können. Im Herbst würde sich die Möglichkeit ergeben, gewisse Dinge auszuhandeln.

(apa/bf)

Titelbild: APA Picturedesk

Benedikt Faast
Benedikt Faast
Redakteur für Innenpolitik. Verfolgt so gut wie jedes Interview in der österreichischen Politlandschaft.
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20 Kommentare

  1. Die korrekte Bezeichnung für die türkise Unterwanderung des Rechtsstaates lautet Staat im Staat, von dem auch die SPÖ spricht. Erstaunlich dass gerade die nationalistische FPÖ Anglizismen bevorzugt…

    Die FPÖ hat wertvolle Oppositionsarbeit geleistet auch wenn sie xenophobe Einstellungen hinterfragen sollte, da diese einer mitteleuropäischen Demokratie im 21. Jahrhundert nicht würdig sind. Doch das sollten auch linke Oppositionelle anerkennen, da sonst die Gefahr besteht dass die Trotzwählerschaft vollständig an die FPÖ abwandert. Kinder in der Nacht würden nicht mal Blaue abschieben.

    Ein linksorientierter Artikel zum Thema politische Verfolgung und Widerstand im Bezug auf Österreichs Rolle darin sagt “Österreich schaut mit den Augen der NATO und Israels…” https://zeitungderarbeit.at/feuilleton/weshalb-sind-kurden-in-osterreich/

  2. Hafenecker bringt es auf den Punkt. Die ÖVP installiert einen tiefen Staat, mit heutigem Tag auch den ORF annektiert. Schön langsam sollten die Wähler AUFWACHEN und sich vergegenwärtigen was hier schleichend passiert, nämlich eine Übernahme des Staates durch eine Partei, die hemmungslos alle Macht an sich reißen will um den Sozialstaat zu zerstören. Der innere Zirkel um Kurz, Steiner, Blümel, Bonelli, Nehammer, Fleischmann um nur einige zu nennen, gehört zerschlagen, den dort sitzen die Strippenzieher dieses wahnwitzigen Systems. Ich würde mir eine Aufklärung dieser Schweinereien wünschen und hoffe das alle dorthin verschwinden, wo sie hingehören, nämlich schweren verschärften Kerker u d oder Einweisung in Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher.

  3. Hafenecker ist zum Teil ein Dummschwätzer! Vor Monaten kündigte der die grosse Bombe an und passiert ist nix wie beim Hofer! Und hier mit der Kritik die eigene Partei zu vergessen ist charakterlos!

    • Vergessen Sie nicht, wie viel Gegenwind es gibt. Das ist Mammutarbeit. Wer tut es sonst? Wir brauchen Menschen wie ihn die dranbleiben.

  4. Rätsel:
    Wer ist die grösste Windhose im Land? Ist männlich, grün und hat im Vor- wie auch im Nachnamen je sechs Buchstaben.
    Falls es niemand weiss, macht nix, ist eh zum Spülen.

  5. Selten, dass ich einem FPÖler so zustimmen kann.

    Transparentere U-Ausschüsse mit mehr Rechten und Pflichten fände ich gut. Dann würde ich mich eines Tages auch vor einer FPÖ wieder sicherer fühlen, und dem Hafenecker….;))

    Checks & Balance ist in einer Demokratie immer eine gute Idee. Egal von wem sie kommt!

    • Leider wird sich das nicht mehr ausgehen.
      Ab 1.1.2022 ist auch noch der ORF in türkiser Hand und kann ich mir nicht vorstellen, dass noch irgendwas Demokratisierendes von dieser türkisen Partei kommen wird.

  6. Wie kam es, dass die FPÖ als einzig wählbare Partei übrig geblieben ist?

  7. Da kann man sagen was man will, der Hafenecker macht ganz gute Arbeit.

  8. Wahlkampfmethoden von Obama kopiert, Spendensystem auf us-amerikanisch umgestellt. Das hat sich doch nicht der Kurz ausgedacht.

      • Naja, unter Obama wurden 2,5 Mio “Migrationswillige” abgeschoben, Rekord in den USA.

        Sind Sie sicher, Trump hat diesen Rekord erneut überboten?

        Vorsicht beim Schwarz-Weiß-Schauen……

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