Taliban-Hölle
Kabul ist gefallen, tausende Menschen wollen vor den Steinzeit-Islamisten fliehen. Wiens Bürgermeister signalisiert Aufnahmebereitschaft und nimmt die Kurz-Regierung in die Pflicht.
Wien, 17. August 2021 | Die Bilder aus Kabul erschüttern: Menschen hängen sich nach der Machtübernahme der Steinzeit-Islamisten an Flugzeuge, um aus dem Taliban-Gefängnis Afghanistan (flächenmäßig doppelt so groß wie Deutschland) auszubrechen. Die ÖVP übt sich allen Expertenforderungen zum Trotz in rechter Abschieberomantik.
„Sofort Hilfe leisten“
Via Twitter meldete sich am Montag Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) zu Wort: „Die dramatischen Bilder aus Kabul erschüttern zutiefst. Die internationale Staatengemeinschaft und damit auch Österreich sind gefordert, sofort Hilfe zu leisten.“ Außerdem stehe es dem Land an, „Menschen, die sich in den vergangenen Jahren in Afghanistan etwa für mehr Rechte für Frauen, aber auch für die Ausbildung von jungen Mädchen eingesetzt haben, jetzt unmittelbar zu helfen.“
Die Kurz-Regierung müsse deshalb handeln und „diese Menschen unter internationalen Schutz stellen“. Bislang äußerten sich mit Karl Nehammer und Alexander Schallenberg (beide ÖVP) zwei Minister, die keinerlei Bereitschaft für eine solche Aktion zeigen. Stattdesen plane man eine virtuelle Konferenz, von der noch wenig Konkretes bekannt ist. Der Plan sei noch in Ausarbeitung, hieß es.
Wir versuchen seit Tagen den Außen- und den Innenminister für Interviews zu kriegen. Vergeblich. Sie betreiben Abschiebe-Rhetorik per Aussendung. Da ist mir diese Rhetorik lieber. #Thread https://t.co/EiI0k5Kt8H
— Stefan Kappacher (@KappacherS) August 16, 2021
Zudem wurden vom Innenminister, wie die Nachrichtenagentur Reuters schreibt, „Deportationszentren“ in der Nähe von Afghanistan ins Spiel gebracht. Nehammer bekam für diese Idee einen Shitstorm auf Social Media serviert. Unter anderem wurde ihm Geschichtsvergessenheit vorgeworfen.
Wien will Leute aufnehmen
Die Stadt Wien erkläre sich „auf jeden Fall dazu bereit, solche Menschen in unserer Stadt – die nicht umsonst Menschenrechtsstadt ist – aufzunehmen. Jetzt gilt es zusammenzuhalten!“, so Ludwig weiter. Der Tweet macht mittlerweile ordentlich die Runde. Von den Grünen ist vor allem Ewa Ernst-Dziedzic aufgefallen: „Alle, die jetzt nicht über akute Hilfe und Versorgung für die Fliehenden, sondern über Abschiebung reden – schämt Euch einfach“, so die Grünen-Nationalrätin auf Twitter, die für ihre Postings allerdings auch Kritik bekam. So kommentierte ein User: „Dann beendet die Koalition“.
Auch Dziedzics Behauptung, SPÖ und NEOS seien in der Debatte untergetaucht, wurde in den Sozialen Medien umfassend kritisiert. Die NEOS selbst wehrten sich und betonten gestern, Außenpolitik-Sprecher Helmut Brandstätter habe sich bereits vor Tagen dazu geäußert. „Klare Worte fehlen also von der Regierung und da sitzen WIR nicht drin“, antwortete der offizielle Account der Pinken auf Dziedzics Post.
(wb)
Titelbild: APA Picturedesk