Nehammer zelebriert Zaun-Errichtung
Im Jahr 1989 durchschnitt der damalige Außenminister Alois Mock (ÖVP) symbolisch den Stacheldrahtzaun des Eisernen Vorhangs an der ungarischen Grenze. 32 Jahre später feiert Innenminister Nehammer die Errichtung eines Grenzzauns.
Wien, 25. August 2021 | Litauen errichtete an der Grenze zu Belarus einen Grenzzaun von 100 Kilometern. Die Grenze, die das EU-Land absichern will, ist allerdings 700 Kilometer lang. Seit einigen Monaten sind in der spärlich besiedelten Gegend im Nordosten Europas plötzlich hunderte Flüchtlinge aufgetaucht. Litauen beschuldigt Lukaschenko, die Menschen gezielt einzuschleusen – aus Rache für die EU-Sanktionen gegen die autokratische Führung in Minsk.
“Wir können euch ein paar Berge liefern”
Am Dienstag kamen bereits erste europäische Gratulanten zum Bau des noch nicht fertiggestellten Grenzwalls: Österreichs Innenminister Karl Nehammer und Außenminister Alexander Schallenberg. “Migranten werden quasi als Waffen eingesetzt”, formuliert es der Außenminister. Aufgrund der flachen grünen Grenze, scherzte Schallenberg Richtung litauischen Amtskollegen: “Wir können euch ein paar Berge liefern”. Nehammer wiederholte einmal mehr, dass sich die EU “nicht erpressen” lasse. “Zum zweiten Mal versucht ein Drittstaat mittels Migranten die Politik der EU zu ändern”, so Nehammer offensichtlich in Anspielung auf die Türkei. Begleitet wurden die Aussagen der Minister mit Fotos am Grenzzaun.
Nehammer konträr zu Mock
Im Netz wurden schnell Vergleiche mit dem ehemaligen ÖVP-Außenminister Alois Mock gezogen. Bekanntestes Bild Mocks ist zweifellos ebenfalls an einem Grenzzaun gefallen, allerdings nicht bei der Errichtung, sondern bei der Durchtrennung. 1989 zerschnitt er mit seinem Amtskollegen aus Ungarn, Gyula Horn, symbolisch den Stacheldraht des Eisernen Vorhangs. Nachdem sie den Stacheldraht unter großer Medienaufmerksamkeit symbolisch durchtrennt hatten, gab Mock seiner Hoffnung Ausdruck, der „Eiserne Vorhang“ werde „in der Geschichte später einmal eine Periode des Irrtums dokumentieren, in der Völker durch Zäune getrennt waren“. Der jetzige Innenminister hingegen zelebriert die Errichtung eines solchen.
Mir gefällt ja, wie sich Nehammer und Schallenberg einen Zaun erklären lassen. Weiß man, wie lang das Fencinar gedauert hat?
— Claus Pándi (@Claus_Pandi) August 24, 2021
Stell dir vor, deine Lebensleistung ist, dass du den Eisernen Vorhang wieder errichtet hast pic.twitter.com/zdCgEsCRj4
— Robert Misik | misik.at (@misik) August 24, 2021
Kenn mich nicht mehr aus: Bei uns im Geschichtsunterricht hieß es vor ein paar Jahren noch, dass der konservative 🇦🇹 Außenminister Grenzzäune eigenhändig durchschneidet. pic.twitter.com/AbhAQKG2lP
— Oliver Das Gupta (@oliverdasgupta) August 25, 2021
How it started How it's going#ÖVPKrise pic.twitter.com/abNU8Mvafi
— Raj v Linci (@rajvlinci) August 24, 2021
https://twitter.com/danielwisser/status/1430232453147512837
(bf)
Titelbild: APA Picturedesk/JÜRGEN MAKOWECZ, Robert Jäger / APA-Archiv