Skylla und Charybdis
Das Monster des großen, politischen Labyrinths darf man nicht fürchten. Man muss sich ihm stellen. Wie das funktioniert, erklärt Julya Rabinowich in ihrer Kolumne.
Julya Rabinowich
Wien, 30. Oktober 2021 | Sagen, was ist klingt einfach. Ist aber hochkomplex. Und für die Sagenden nicht ungefährlich. Der Überbringer der Botschaft ist nicht immer willkommen, weder bei denen, die die Botschaft erhalten, noch bei denen, die Thema der Botschaft sind. Schön soll die Message sein. Und schon gar nicht soll sie Unangenehmes aufrühren.
Die unerträgliche Komplexität des Seins ist eine Herausforderung. Wer aber wachsen will, der muss sich in das Zwiespältige hineinbegeben, in das Labyrinth des Unerwünschten vordringen. Im Labyrinth darf man nicht fürchten, dem Monster darin zu begegnen. Erst die Konfrontation öffnet den Weg hinaus. Das Monster wechselt gerne seine Gestalt: das mögen eigene Ängste sein, Vorurteile, Täuschungen, Trugbilder, Befehle, Abhängigkeiten, falsch verstandene Loyalität. Gerade dort, wo man aufbrach, um zu sagen, was ist, kann das zu erstaunlicher Erosion führen.
Gerade in Liebesdingen und politischem Geschehen möchte man nicht gerne einsehen, getäuscht worden zu sein. Noch schmerzlicher, wenn beide Begehrlichkeiten zu einem geschönten, verführerisch glänzenden Surrogat verschmolzen sind. Und wie schmerzlich erst, wenn dieses Objekt der Begierde auch noch Geldsegen versprach! Je schmerzlicher der Verlust der Deutungshoheit und der süßen Zuwendung wird, desto heftiger wird um den Erhalt des Status Quo gerungen. Das ist normal, das ist menschlich.
Es bringt allerdings kein erlösendes Gewitter, keine Klärung, keine Ent-Täuschung. Österreichs Medien haben sich von der Message Control, die nun nach und nach versagt, verführen lassen. Mit Liebesbekundungen, mit glänzender Münze, mit mitunter harschem Einsatz des Liebesentzuges. Die Beziehung des Systems Kurz mit dem Journalismus ist eine sadomasochistische, toxische. Der Weg aus diesem Labyrinth wird lang.
Titelbild: ZackZack