EU-Studie:
Eine von Eurobarometer durchgeführte Umfrage von April bis Mai 2021 legt nahe, dass Österreicher im Vergleich zum EU-Durchschnitt ein schlechteres Bild von Wissenschaft und Wissenschaftlern haben.
Wien, 2. November 2021 | In der jüngsten Eurobarometer-Umfrage zum Thema Wissenschaft und Forschung zeigt sich, dass das Vertrauen der Österreicher gegenüber Wissenschaftlern geringer ist als der EU-Durchschnitt. Besonders solche Domänen, die in Österreich traditionell skeptisch beäugt werden, erhalten sehr geringe Zustimmungswerte, darunter beispielsweise Atomkraft oder Biotechnologie und Gentechnik.
Generelles Interesse in Wissenschaft
Hierzulande, wie auch in der gesamten EU, ist Wissenschaft und Forschung für die Menschen ein Thema. Interessieren sich EU-weit 82 Prozent für neue wissenschaftliche Entdeckungen und technologische Entwicklungen, sind es in Österreich immerhin 78 Prozent. Am interessiertesten sind in Österreich Personen von 15 bis 39 Jahren, danach nimmt das Interesse mit zunehmendem Alter immer weiter ab. Nur 21 Prozent der über 55-Jährigen geben an, dass sie sehr interessiert an wissenschaftlichen Entdeckungen sind.
Wo Wissenschaft und Forschung bedeutend sind
Die Interviewer fragten teilnehmende Personen auch, in welchen Bereichen sie den Einfluss der Wissenschaft als positiv beurteilen. Ganz oben auf der Liste rangieren in der EU wie auch in Österreich Energiethemen wie Wind- und Solarkraft. Platz drei nimmt das Dauerthema Impfungen ein. Übereinstimmend mit dem EU-Durchschnitt glauben 86 Prozent der Befragten, dass die Wissenschaft einen wichtigen Beitrag gegen die Ausbreitung von Infektionskrankheiten in Form von Impfungen bereithält. Dieser Wert ist in Anbetracht der niedrigen Impfquote durchaus überraschend und legt nahe, dass in Österreich keine generelle Impfskepsis besteht.
Bei neuen, modernen Technologien geben sich die Österreicher im Vergleich zum EU-Durchschnitt zurückhaltend. Nanotechnologie, Kognitive Leistungssteigerung, Künstliche Intelligenz und Weltraumerforschung erfahren im Land der Berge deutlich niedrigere Zustimmungswerte. Am eklatantesten ist der Unterschied zur EU bei den Themen Atomkraft und Gentechnik. In Österreich glauben rund 16 Prozent weniger als in der EU an einen positiven Einfluss der Wissenschaft in diesen hierzulande sehr politisierten Bereichen. Mit nur 30 Prozent Zustimmung und 66 Prozent Ablehnung ist die Atomkraft in den Augen der Österreicher am wenigsten mit positivem Fortschritt verbunden.
Das Bild von Wissenschaftlern
Bezeichnend für die Einschätzung von Forschung und Wissenschaft ist die Beurteilung der Wissenschaftler in Österreich. In allen positiven Werten schneiden Forscher hier schlechter ab als im EU-Durchschnitt. Besonders groß sind die Unterschiede bei den Werten „Kooperativ“, „Ehrlich“ und „Verlässlich“. Dafür attestieren die Österreicher im Gegenzug Forschern mehr Arroganz, Engstirnigkeit und Immoralität als der EU-Durchschnitt. Nur bei der Fähigkeit zu kommunizieren erhalten Wissenschaftler von Österreichern ein positiveres Zeugnis als in der restlichen EU.
Die Frage nach der Freiheit
Soll die Wissenschaft frei sein, oder vom Staat reguliert werden? Diese Frage scheint eng mit den ethischen Vorstellungen von Wissenschaft verknüpft zu sein. In Österreich glauben 66 Prozent der Befragten, dass sich die Wissenschaft vor allem nach ethischen Maßgaben gestalten sollte. In der restlichen EU glauben das nur 43 Prozent. Folglich sind mehr als die Hälfte, nämlich 54 Prozent der Meinung, dass Wissenschaft eng vom Staat reguliert werden sollte. Im EU-Durchschnitt findet das immerhin exakt die Hälfte.
Die EU versucht sich zunehmend zur Forschungsunion zu entwickeln. Mit dem Programm Horizon 2020 wurde in den 7 Jahren bis 2020 rund 80 Milliarden Euro in Forschungsprojekte investiert. Im Fokus steht dabei Naturwissenschaft. Geisteswissenschaftliche Themen bleiben in den Zukunftsstrategien der Union meist unterrepräsentiert.
(dp)
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