Offener Brief an Blümel
Umsatzeinbußen, fehlende Testinfrastruktur – der Lockdown für Ungeimpfte trifft den Non-Food-Handel mit voller Härte. In einem offenen Brief an Finanzminister Blümel fordern die Betreiber nun Hilfe.
Wien, 17. November 2021 | Seit Montag dürfen ungeimpfte Personen nur noch in jenen Geschäften einkaufen, die zur Deckung des täglichen Lebensbedarfs notwendig sind. In Bekleidungsgeschäften, Buchhandel, Elektrofachmarkt und allen anderen Shops bleibt ihnen der Zutritt verwehrt. Der Handelsverband schlägt nun Alarm, auch in Hinsicht auf das kommende Weihnachtsgeschäft.
350 Millionen weniger Umsatz in der Woche
Durch die neue Regelung verliere der österreichische Handel fast ein Drittel seiner potenziellen Kunden und Umsätze von rund 350 Millionen Euro pro Woche, heißt es in einem offenen Brief, den neben dem Handelsverband auch mehrere Geschäftsführer großer Ketten und über 4.000 kleine und mittelständische Händler unterschrieben haben. Die wenigen Kunden, die noch ins Geschäft kommen, seien zudem von den Behörden „vielfach auf unverhältnismäßige Weise kontrolliert und mit Strafen belegt“ worden, weil sie ihren Impfpass zuhause oder im Auto vergessen haben.
Man habe zwar Verständnis für strengere Maßnahmen, allerdings sollte „bei jenen Faktoren angesetzt werden, die nachweislich etwas am Infektionsgeschehen bewirken können“. Die Verschärfungen in der eigenen Branche zählt man hier nicht dazu. Der Handelsverband bleibt wie bereits im letzten Winter bei seinem Standpunkt: „Der Handel ist kein Corona-Hotspot.“
Brief an Finanzminister Blümel: Handel fordert Ausfallsbonus NEU für ALLE vom "Lockdown für Ungeimpfte" betroffenen Betriebe. 2G-Pflicht im Non-Food Handel kostet Branche 350 Mio. € pro Woche. Arbeitsplatzsicherheit muss mit Pandemiebekämpfung einhergehen https://t.co/OF63i3kqEK pic.twitter.com/mjndClbtxB
— Rainer Will (@Will_Rainer) November 16, 2021
„Die Kundschaft bricht weg“
Sorgen macht man sich in erster Linie um das bereits angelaufene Weihnachtsgeschäft. In dieser Zeit wird bekanntlich der meiste Umsatz erzielt, viele Händler gleichen damit die traditionell schwächeren Monate im Jahr aus.
Durch den “Lockdown für Ungeimpfte” erwarten wir einen wöchentlich bundesweiten Umsatzeinbruch im stationären Non-Food-Handel von bis zu 350 Millionen Euro. Die Kundschaft bricht weg, die laufenden Kosten wie Personal, Miete und Strom bleiben aber in voller Höhe bestehen”,
sagt Handelsverband-Präsident Stephan Mayer-Heinisch.
Härtefallfonds und Verlustersatz gefordert
Man habe in der Pandemiebekämpfung stets als Partner der Bundesregierung agiert, jetzt brauche es im Gegenzug die finanzielle Unterstützung seitens der Politik, um die 225.000 Arbeitsplätze langfristig abzusichern. Gefordert wird ein Ausfallsbonus “NEU” für alle betroffenen Betriebe. Neben dem Ausfallsbonus NEU, der kurzfristig wirken soll, brauche es auch weiterhin das bewährte Set an Hilfen, etwa den Härtefallfonds für Einzelunternehmen sowie den Verlustersatz.
Diese Hilfe braucht es sehr zeitnahe, insbesondere da jetzt die doppelten Gehälter für die mehr als 225.000 Beschäftigten im heimischen Non-Food-Handel anstehen”,
appelliert Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will im Namen der österreichischen Händler an den Finanzminister.
3G am Arbeitsplatz „unzumutbar“
Doch nicht nur drohende Umsatzeinbußen beschäftigen die betroffenen Händler. Auch die 3G-Regel am Arbeitsplatz sorgt für Frust. Bereits letzte Woche hatte man darauf hingewiesen, dass die Einführung der 3G-Regel am Arbeitsplatz ohne gleichzeitigen bundesweiten Ausbau der Testkapazitäten insbesondere in ländlichen Regionen zu Mitarbeiterausfällen führen könnte. Diese Befürchtungen hätten sich nun bewahrheitet. Immer mehr Handelsbetriebe würden ihre Geschäfte nicht mehr aufsperren, weil Beschäftigte keinen 3G-Nachweis erbringen können. Die Situation sei sowohl für Arbeitgeber als auch für Arbeitnehmer unzumutbar.
Am 14. November ist die Übergangsbestimmung, wonach Beschäftigte ohne 3G-Nachweis alternativ eine FFP2-Maske tragen dürfen, ausgelaufen. Der Handelsverband fordert nun die Wiedereinführung dieser Regel, bis die Testinfrastruktur in allen Bundesländern funktioniert.
(mst/apa)
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