Enorme Reichweite
Nach HC Strache tritt nun auch mit Sebastian Kurz ein Politiker zurück, der mit seinen Social-Media-Seiten Hunderttausende Menschen erreicht hat. Aber auch beim Ex-ÖVP-Chef stellt sich die Frage: Was passiert jetzt mit diesem mächtigen Sprachrohr?
Wien, 03. Dezember 2021 | “Er war der erste österreichische Social-Media-Kanzler”, wie es Politik-Beobachter gerne beschreiben. Um einen sauberen Auftritt auf Facebook, Instagram und Co. kommt heute kein Politiker mehr herum. Auch Sebastian Kurz, genauer gesagt seine Schar an Social-Media-Mitarbeitern, haben einen perfekt inszenierten Auftritt auf den Silicon Valley-Plattformen gepflegt.
Auch private Bilder wurden über die offizielle Kurz-Facebookseite ausgespielt, um sein Image aufzupolieren (Bild: APA)
Über 2 Millionen Follower
Am Tag nach seinem endgültigen Rückzug hält Kurz bei 936.200 Fans auf Facebook, die 1 Millionen-Grenze wird er wohl nicht mehr knacken. Aber auch auf Instagram, Twitter und zuletzt auch TikTok zog der gefallene Polit-Star Hunderttausende Nutzer an, zusammen kam er damit auf über 2 Millionen Follower. Die Reichweite, die Kurz und die ÖVP damit erzielten, überstieg dabei die von so manchen heimischen Nachrichtenseiten bei weitem.
Ein mächtiges Sprachrohr, mit dem das Social-Media-Team des Ex-Kanzlers weit mehr Menschen als nur die türkise Fangemeinde bedienen konnte. Und das, ohne sich mit kritischen Journalistenfragen herumschlagen zu müssen.
@sebastiankurz.at Antwort auf @gacha_enigma Ja, das ist der echte Account! 😉 🙌🏻 #sebastiankurz #foryou #fy #austria
Wem gehören die Accounts?
Jetzt, wo Kurz auch von allen politischen Funktionen in der ÖVP zurückgetreten ist, stellt sich die Frage: Was geschieht mit den Message-Control-Schleudern? Sebastian Kurz bestimmt jedenfalls nicht über die Zukunft der nach ihm benannten Kanäle. Medieninhaberin ist laut Impressum die ÖVP. Sie hat in den letzten Jahren auch finanzielle und personelle Ressourcen dafür aufgewendet.
Das bedeutet jedoch nicht, dass die Partei den Namen einfach in Karl Nehammer ändern und das Bild des neuen Chefs daraufklatschen darf, wie Social-Media-Experte und Buzzvalue-Geschäftsführer Markus Zimmer Donnerstagabend in der “ZIB Nacht” erklärte: “Das geht tatsächlich nicht, da hat auch Facebook schon klar kommuniziert, dass das nicht ihren Richtlinien entspricht. Man kann nicht einfach Seiten zusammenführen.” Im Endeffekt werde es auf die Deaktivierung der Kurz-Accounts hinauslaufen, meint Zimmer, der dort schon in den letzten Monaten einen Rücklauf der Interaktionen beobachtet hat.
Sollten die Seiten abgedreht werden, wäre das jedenfalls ein herber Rückschlag für die Volkspartei, die selbst nur auf 65.000 Follower kommt. Auch Nehammer ist mit knapp 40.000 Fans alles andere als ein Social-Media-Star.
Streit um Strache-Seite
Die Situation erinnert ans Jahr 2019, als Ex-Vizekanzler HC Strache über das Ibiza-Video stolperte. Nach seinem Rücktritt entstand damals ein Streit zwischen ihm und der FPÖ darüber, wem die knapp 800.000 Fans zählende Facebookseite gehört. Auch damals war die Lage ähnlich. Die FPÖ, die offizielle Medieninhaberin, wollte sich die Reichweite, die laut Fachleuten für eine Partei “Gold wert” sei, natürlich nicht entgehen lassen. Doch Facebook blockte ab, sodass die Strache-Seite schlussendlich komplett abgedreht wurde.
(mst)
Titelbild: ZackZack