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Berlin distanziert sich von Cyberfirma – Nach ZackZack-Bericht

Nach ZackZack-Bericht

Die deutsche Bundesregierung will die Zusammenarbeit mit der Cybersicherheitsfirma Virtual Solution verkürzen. ZackZack berichtete über Marsaleks Vermittlerrolle bei einem geplanten Deal zwischen der Firma und dem österreichischen Außenministerium.

Wien, 03. Dezember 2021 | Das Innenministerium in Berlin überprüft die Zusammenarbeit mit der Cybersicherheitsfirma Virtual Solution. Zuvor berichteten ZackZack, „Der Spiegel“ und „Der Standard“ gemeinsam über einen geplanten Deal der Firma mit dem Wiener Außenministerium (BMEIA). Chats konnten belegen, dass dabei sowohl der flüchtige Wirecard-Manager Jan Marsalek, als auch Ex-BVT-Mann W. und Ex-Top-Diplomat Johannes Peterlik eine Vermittlerrolle im Hintergrund gespielt hatten.

Zusammenarbeit wird verkürzt

Virtual Solution mit Sitz in München stellt mit SecurePIM eine sichere Kommunikationslösung her. Rund 40 deutsche Bundesbehörden greifen darauf zurück. Die Firma hat auch eine deutsche Zulassung für den Einsatz bei Verschlusssachen der Geheimhaltungskategorie “NATO restricted”. Hauptgesellschafter Nicolaus von Rintelen will mit Jan Marsalek nichts zu tun haben, hatte aber bis vor dessen Flucht Kontakt mit dem österreichischen Ex-Manager und seinem Umfeld. Das zeigen die Chats, die ZackZack vorliegen.

Für Berlin ist das offenkundig heikel. Aus dem Innenministerium in Berlin heißt es zwar, man wolle abgeschlossene Verträge über die vereinbarte Laufzeit aufrechterhalten. Man habe allerdings die Zusammenarbeit überprüft und „punktuell entschieden“, im Rahmen „behördenspezifischer Abwägungen (…) eine Verkürzung der Zusammenarbeit mit Virtual Solution anzustreben.“

Gründe für die Entscheidung wurden in der Beantwortung der Anfrage des Linken-Politikers Victor Perli nicht angegeben. Auch nicht, welchen Zeitraum die Verkürzung der Geschäftsbeziehung umfasst oder welche Behörden von der “punktuellen” Entscheidung betroffen sind. Die Anfrage ist datiert auf den 19. November 2021, an dem ZackZack die Enthüllungsgeschichte veröffentlicht hatte. Eine Woche später antwortete das Innenministerium. Von Rintelen selbst wollte sich zu den Entwicklungen nicht äußern.

Ex-Linken-Abgeordneter Fabio de Masi hatte die Frage nach Verbindungen des Investors zu Marsalek schon im Wirecard-U-Ausschuss des Deutschen Bundestages aufgeworfen. Jetzt sagt er: „Offenbar wird der Bundesregierung die dubiose Cyber-Firma jetzt unangenehm“.

Deal mit Wien kam nicht zustande

Neben von Rintelens Beziehung zu Marsalek sind auch die Russland-Connections beider Männer auffällig. Von Rintelen etwa arbeitete jahrelang für den russischen Gaskonzern Novatek, der unter anderem Leonid Michelson gehört. Michelson ist einer der reichsten Russen und hat einen guten Draht zum Kreml. Für von Rintelen soll der Putin-freundliche Oligarch ein “Mentor” sein. Eine Rolle des Gas-Bosses bei der Finanzierung von Virtual Solution wird aber dementiert.

Brisant sind die Verbindungen auch deshalb, weil bereits kurz nach dem Cyberangriff auf das BMEIA Russland als Ursprung der Attacke vermutet wurde – der Kreml dementierte scharf. Dass Virtual Solution ausgerechnet in Wien im Geschäft sein könnte, sei nicht der Fall: „Das BMEIA steht und stand nie in einem Geschäftsverhältnis zu der von Ihnen genannten Firma“, so eine Sprecherin. Allerdings wurden vom Ministerium am Minoritenplatz zwei Treffen mit Virtual Solution eingeräumt.

(wb)

Letztes Update um 08:10 Uhr, 04.12.2021

Titelbild: APA Picturedesk

Autor

  • Ben Weiser

    Ist Investigativreporter und leitet die Redaktion. Recherche-Leitsatz: „Follow the money“. @BenWeiser4

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