Anhänger von Rechtsaußenkandidat drehen durch
Bei einer Wahlkampfveranstaltung des extrem rechten Präsidentschaftskandidaten Éric Zemmour ist es am Sonntagabend zu Ausschreitungen gekommen. Gegner des Kandidaten wurden geschlagen und mit Sesseln beworfen. Auch Zemmour selbst wurde angegriffen.
Paris, 07. Dezember 2021 | Tausende Anhänger Éric Zemmours sind am Sonntag in Paris zusammengekommen, um ihrem Wunschkandidaten für die französische Präsidentschaft zu lauschen. Stillem Protest einiger Demonstranten begegneten sie mit Fäusten und fliegenden Sesseln. Zwei Zemmour-Gegner mussten von Sanitätern versorgt werden. Zuvor gelang es einem von ihnen, den Präsidentschaftskandidaten zu attackieren. Dieser kam jedoch glimpflich davon.
French far-right presidential candidate Eric Zemmour was grabbed by a protester and fights broke out, as he launched his presidential campaign in front of thousands of cheering supporters ⤵️
🔗 https://t.co/KSKfqQtTbv pic.twitter.com/YRw6CQbLG1
— Al Jazeera English (@AJEnglish) December 6, 2021
Chancen auf die Präsidentschaft?
Der rechtsaußen-Bewerber für den Élysée-Palast liegt derzeit in Umfragen bei rund 15 Prozent und damit vor dem Linkskandidaten Mélenchon und knapp hinter der anderen Rechtsaußenkandidatin Marine Le Pen. Amtsinhaber Emmanuel Macron führt die Umfragen mit 25 Prozent weiterhin an. Er muss sich aber im zweiten Wahlgang einer Stichwahl stellen, deren Ausgang nicht vorhersehbar ist. Die letzten beiden Präsidenten Frankreichs, der konservative Sarkozy und der Sozialist Hollande, konnten ihr Amt nicht verteidigen.
Migration und offene Debatten?
Zemmour positioniert sich in seinen Reden gegen muslimische Migration und für die freie Meinungsäußerung. Er wolle Frankreich gegen die massive Einwanderung aus französischen Ex-Kolonien „verteidigen“ und ruft zur „Reconquête“ – eine Anlehnung an die christliche Wiedereroberung Spaniens von den muslimischen Mauren – auf. Auch seine Parteienbewegung wurde nach der Reconquista getauft. Er selbst stammt von algerischen Juden ab.
Auch die Medien bekommen ihr Fett ab. Ähnlich wie Trump kritisiert Zemmour die „Mainstream-Medien“. Weil seine Ideen in der Öffentlichkeit kritisch diskutiert werden, sehen die Anhänger Zemmours die Meinungsfreiheit in Gefahr. Ein Trugschluss, bei dem Ablehnung mit Verboten verwechselt wird. Den Unmut gegenüber nicht-genehmen Medien bekamen einige Journalisten der Tageszeitung „Quotidien“ am Sonntag hautnah zu spüren. Sie wurden von der Menge ausgebuht und vereinzelt angegriffen. Schließlich wurden die Reporter zu ihrer eigenen Sicherheit aus der Halle eskortiert.
Die Anhänger Zemmours waren damit wieder unter sich, die proklamierte Meinungsfreiheit – eigentlich eine Meinungseinheit – wiederhergestellt. Bis eine Gruppe antirassistischer Demonstranten auf den Plan trat. Sie wurden zusammengeschlagen. Der Wahlkampfauftritt verkam kurzzeitig zum Handgemenge.
(dp)
Titelbild: APA Picturedesk