WKO Niederösterreich
Es herrscht Aufregung unter den 24-Stunden-Betreuungs- und Pflegeagenturen in Niederösterreich. Die Firma SanusX, hinter der die UNIQA steht, versucht Agenturen zu kaufen oder eine Kooperation anzubieten. Doch dahinter steht Robert Pozdena, für diesen Bereich zuständiger Fachgruppenobmann, selbst Betreiber der größten Agentur dieser Art in Österreich. Das ist nicht die einzige Verbindung zur UNIQA, die für Unmut sorgt.
Wien, 06. Jänner 2022 | Robert Pozdena, Fachgruppenobmann der Sparte Personenbetreuung und Personenberatung in der Wirtschaftskammer Niederösterreich, betreibt auch eine 24-Stunden-Betreuungsagentur. Dort ist im März 2020 die UNIQA über eine Tochterfirma mit 39 Prozent eingestiegen. Nur ein Jahr später erhält die UNIQA den Zuschlag für eine automatische Haftpflichtversicherung für Betreuerinnen, die nun in der Grundumlage der Kammer enthalten ist. Außerdem versucht Pozdena gemeinsam mit der UNIQA andere Agenturen aufzukaufen. All diese Zusammenhänge stellen aus Sicht Pozdenas kein Problem dar.
Einstieg der UNIQA
Alles beginnt Anfang 2020. Im März gibt die SanusX, eine Beratungsfirma im Gesundheitsbereich, die zu 100 Prozent der UNIQA gehört, bekannt, bei der cura domo Holding mit 39 Prozent Beteiligung einzusteigen. Man ist damit Partner und Co-Eigentümer, wie es in einer Pressemitteilung heißt. Die cura domo Holding ist die größte Eigentümer-geführte Agentur für 24-Stunden-Betreuung in Österreich und gehört niemand geringerem als dem Fachgruppenobmann der Sparte Personenberatung und Personenbetreuung der Wirtschaftskammer Niederösterreich, Robert Pozdena und seiner Frau Angelika.
SanusX kontaktiert nun seit einiger Zeit diverse 24-Stunden-Betreuungsagenturen, vornehmlich jene mit ÖQZ (Österreichisches Qualitäts Zertifikat) um ihnen zuerst eine Kooperation und dann einen Kauf der Agentur durch cura domo anzubieten. In Österreich gibt es derzeit 37 solcher ÖQZ-Agenturen, diese decken ungefähr 25 Prozent des Marktes ab. Rund 900 Agenturen sind es insgesamt.
Kooperationen und Kauf
Auf ZackZack-Nachfrage legt Pozdena großen Wert darauf, zwischen seinen beiden Rollen Fachgruppenobmann und Agenturinhaber genau zu unterscheiden. Als cura domo-Inhaber meint er zu dem Vorgehen von SanusX, man biete Serviceleistungen an, etwa im Bereich Logistik oder Qualitätssicherung. Bei Agenturen, deren Inhaber kurz vor der Pension stünden und die Nachfolge noch nicht geregelt sei, biete man natürlich auch einen Kauf an. Generell wolle man dazu einladen, ein Stück des Weges mit cura domo gemeinsam zu gehen, die Rückmeldungen wären durchwegs positiv.
Details, wie diese Kooperationen oder Übernahmen aussehen, wollte Pozdena nicht angeben. SanusX teilt zu Kauf und Kooperation Ähnliches mit. Gemeinsam mit cura domo wolle man „professionelle Betreuung anbieten und Innovation in die 24h-Stunden-Betreuung bringen,”um möglichst vielen Menschen ein selbstbestimmtes, würdevolles und sicheres Altern zu ermöglichen”. Auf die Frage nach Kooperation oder Kauf heißt es, dies sei ganz “unterschiedlich und individuell”.
Kritik an Pozdena und SanusX
Nach einem Rundruf von ZackZack zeichnet sich allerdings ein anderes Bild. Etliche Agenturen sprechen von großem Unbehagen, ausgelöst durch die Akquirierungsversuche der SanusX. Die Beschreibungen reichen von „eigenartig“ und „bissl eigen“ bis zu „unseriös“ und „so etwas würde mir nie einfallen“. Generell dürften die Umtriebe von SanusX und Pozdena für Unruhe in der Branche sorgen.
Aus Sicht etlicher Agenturen ist es fraglich, wie Pozdenas Funktion als Fachgruppenobmann damit vereinbar ist, über eine beteiligte Versicherung Kauf- oder Kooperationsangebote an Konkurrenz-Agenturen zu machen. Man fragt sich, warum er dies nicht selbst tue, sondern SanusX vorgeschoben werde. Pozdenas Doppelrolle in dieser Sache sieht man also kritisch.
Dass der Fachgruppenobmann, der bereits Eigentümer der größten Agentur Österreichs ist, hier noch weiter expandieren will, stößt auf wenig Begeisterung. Man lege bei den Agenturen viel wert auf Qualität und ein familiäres Verhältnis mit den zu betreuenden Personen. Das sieht man durch den Umstand, hier einen „Big Player“ schaffen zu wollen, in Gefahr.
Auch das Vorgehen von SanusX wird als teilweise unseriös empfunden. Manche Agenturen wurden trotz der Bekundung, kein Interesse zu haben, mehrmals kontaktiert. Auch wurde in vielen Fällen zuerst von einer Kooperation gesprochen, welche sich dann als Kaufinteresse herausstellte.
Weitere UNIQA-Verstrickung
Die Expandierungsgelüste von Pozdena und UNIQA sind aber nicht der einzige Punkt, der die Firmenpartner verbindet. 2020 wurde die Grundumlage für Betreuerinnen in Niederösterreich von 38 auf 90 Euro erhöht. Saftige Mehrkosten für die Betreuerinnen, was auch viele Agenturen kritisch sehen. Pozdena (in seiner Funktion als Fachgruppenobmann) rechtfertigt die Erhöhung unter anderem damit, dass nun in den 51 zusätzlichen Euros auch eine Haftpflichtversicherung enthalten sei.
Außerdem sei man mit den bis dahin 38 Euro am günstigsten in ganz Österreich gewesen. Die Versicherung, bei der die Wirtschaftskammer diese Versicherung für die Betreuerinnen, egal ob diese eine solche wollen oder benötigen, abgeschlossen hat ist kein geringerer als der neue Co-Eigentümer Pozdenas, die UNIQA. Dafür hat es, laut Pozdena, eine EU-weite Ausschreibung im Jänner 2021 gegeben. Die UNIQA habe sich unter zahlreichen Bewerbern aus dem In- und Ausland mit dem besten Angebot durchgesetzt. Auf ZackZack Nachfrage, ob diese Ausschreibung einsehbar sei, meinte Pozdena, sie sei öffentlich gewesen und man solle sich an die Wirtschaftskammer wenden.
Dort beruft man sich darauf, den vertraulichen Charakter aller bei der Durchführung eines Vergabeverfahrens ausgetauschter Informationen wahren zu müssen. Daher könnten keine Auskünfte über Bewerber gegeben werden. Der Ausschreibungstext sei „geistiges Eigentum“ der mit der Erstellung beauftragten Rechtsanwaltskanzlei und dürfe nur für den Zweck der Ausschreibung verwendet werden. „Eine Weitergabe an Dritte ist untersagt“, heißt es weiter, und „das BVerG schreibt klare Transparenzregeln vor, die eingehalten wurden“.
Wer in dem Gremium saß, dass schlussendlich der UNIQA den Zuschlag erteilte, bleibt unbeantwortet.
Robert Pozdena könnte aber bereits vor Beteiligung an seiner Firma und Zuschlag für die Haftpflichtversicherung der Kammermitglieder ein Naheverhältnis zur UNIQA gehabt haben. So wurde ZackZack berichtet, dass er schon vor dem Einstieg der Versicherung in seine Agentur immer wieder anderen Agenturen diese empfahl, falls Bedarf bestehe.
Wie kam Haftpflichtversicherung zustande?
Laut Pozdena (in seiner Funktion als Fachgruppenobmann) wurde die Erhöhung der Grundumlage inklusive Haftpflichtversicherung bei der Fachgruppentagung im Herbst 2020 vorgeschlagen und über alle Parteigrenzen hinweg einstimmig angenommen. Bei der Fachgruppentagung können alle Mitglieder teilnehmen, also rund 16.000 Betreuerinnen und 210 Agenturen. Wie viele der Betreuerinnen und Agenturen bei dieser Tagung dabei waren – ob nur eine Handvoll oder einige Tausend – und mitgestimmt haben, bleibt unklar. Pozdena konnte sich daran nicht mehr erinnern, seine Vorgesetzte in der Fachgruppe, Andrea Servus, ließ die Frage unbeantwortet.
Es bleibt also im Dunkeln, wer im Herbst 2020 anwesend war, als die Erhöhung der Grundumlage um 52 Euro inklusive Haftpflichtversicherung der UNIQA beschlossen wurde. Von den rund 16.000 betroffenen Betreuerinnen in Niederösterreich dürfte es wohl keine gewesen sein.
(bp)
Titelbild: APA Picturedesk