Samstag, Juli 27, 2024

Kasachischer Präsident erteilt Schießbefehl ohne Vorwarnung

Der kasachische Präsident Kassim-Zhomart Tokajew erklärte, er habe dem Militär einen Schießbefehl ohne Vorwarnung gegen militante Demonstranten erteilt. So will er gegen die landesweiten Proteste, die mit Anfang des Jahres anlässlich der Erhöhung der Gaspreise ausgebrochen sind, vorgehen.

Wien, 7. Jänner 2022 | In einer Ansprache wendet sich der kasachische Präsident Kassim-Zhomart Tokajew mit mahnenden Worten an die Bevölkerung. Er spricht von „20.000 Banditen, darunter auch Ausländer“, die die Hauptstadt Almaty im Südosten des Landes angegriffen haben sollen. Dabei bezieht er sich auf die Demonstranten, die seit Beginn des Jahres das Land lahmgelegt haben, aus Protest gegen die Erhöhung der Gaspreise. Die Behörden würden nicht mit Banditen verhandeln und die Anti-Terror-Operation werde weitergehen.

Behörden „verschliefen“ Angriff

Jene „20.000 Banditen“ hätten Almaty angegriffen, während die Behörden in der Stadt und anderen Regionen die Vorbereitungen auf den Angriff “verschlafen” hätten. „Im Ausland wurde gefordert, dass die Parteien über eine friedliche Lösung verhandeln sollten. Was für ein Blödsinn. Welche Art von Verhandlungen kann es mit Kriminellen und Mördern geben. Wir haben es mit bewaffneten, ausgebildeten Banditen zu tun. Sowohl einheimische als auch ausländische. Es sind Banditen und Terroristen”, sagte Tokajew. „Es ist von entscheidender Bedeutung zu verstehen, warum der Staat die heimliche Vorbereitung von Terroranschlägen verschlafen hat”, fuhr er fort. „Ihre Aktionen zeigen einen klaren Plan gegen militärische, administrative und soziale Einrichtungen in allen Regionen, koordiniertes Vorgehen, hohe Kampfbereitschaft und Brutalität. Neben den Kämpfern haben auch Spezialisten für ideologische Sabotage gesorgt.“

„Die Operation zur Terrorismusbekämpfung geht weiter. Die Kämpfer haben ihre Waffen nicht niedergelegt, begehen weiterhin Straftaten oder bereiten sich auf solche vor. Der Kampf gegen sie muss bis zum Ende geführt werden. Diejenigen, die sich nicht ergeben, werden vernichtet werden.”, warnte er.

Aufwiegelung durch Aktivisten

Der kasachische Präsident kritisiert weiter die „freien Medien“.  Sie sollen mithilfe „ausländischer Persönlichkeiten“ eine große Rolle bei der Unruhestiftung und Aufwiegelung des Volkes gespielt haben. Er verwies auf das 2020 eingeführte Gesetz zur Anmeldepflicht von Demonstrationen, die nicht zwangsläufig genehmigt werden müssen. „Aber einige sogenannte Menschenrechtsaktivisten stellen sich über das Gesetz und meinen, sie hätten das Recht, sich zu versammeln, wo sie wollen und zu sagen, was sie wollen.”, so Tokajew. Die Polizei werde durch die unverantwortlichen Aktionen „dieser Weltverbesserer“ von ihrer eigentlichen Arbeit abgelenkt.

Wegen dieser “Aktivisten” sei das Internet “lahmgelegt”, sodass die Interessen von Millionen von Bürgern und Unternehmen im Land darunter leiden würden, hieß es weiter in der Ansprache. Er kam erneut auf die ausländischen Medien, die er mit ihrer „aufrührerischen Rolle“ für den Zusammenbruch von Recht und Ordnung verantwortlich machte. „All diese unverantwortlichen Demagogen sind zu Komplizen geworden, die eine Tragödie in Kasachstan ausgelöst haben. Und wir werden auf alle Akte des illegalen Vandalismus mit aller Härte reagieren.“

Nachbesprechung geplant

„Es liegt noch viel Arbeit vor uns, um die Lehren aus der Tragödie zu ziehen. Die Regierung wird konkrete Entscheidungen treffen müssen.“ fügte der Präsident abschließend hinzu. „Es wird eine Nachbesprechung zu den Maßnahmen der Strafverfolgungsbehörden und der Armee sowie zu ihrer behördenübergreifenden Koordinierung geben. Es wurde auch deutlich, dass es an Spezialkräften, Spezialausrüstung und Spezialfahrzeugen mangelt. Wir werden diese Fragen dringend angehen.”,

Mit dankenden Worten an Putin und an die Führer der russisch-geführten Verteidigungsallianz OVKS schloss er seine Rede ab. Tokajew erinnerte daran, dass er die Mitgliedsländer der OVKS gebeten hatte, Friedenstruppen nach Kasachstan zu entsenden, um zur Wiederherstellung der Ordnung beizutragen. „Ich möchte dem Premierminister von Armenien, der den Vorsitz der OVKS innehat, sowie den Präsidenten von Belarus, Kirgisistan und Tadschikistan meinen aufrichtigen Dank aussprechen. Ein besonderer Dank geht an den russischen Präsidenten Wladimir Putin. Er hat sehr schnell und vor allem freundlich und herzlich auf meinen Appell reagiert.“ Er dankte auch dem Präsidenten der Volksrepublik China, den Präsidenten Usbekistans und der Türkei sowie den Führern der Vereinten Nationen und anderer internationaler Organisationen für ihre Unterstützung.

Der Anlass für die Proteste in der Ex-Sowjetrepublik war der Unmut der Bevölkerung, über die mit Jahresanfang erhöhten Treibstoffpreise. Die Demonstranten erklärten, der Preis für einen Liter Flüssiggas sei seit dem 1. Jänner auf 120 Tenge (0,24 Euro) gestiegen, während die Einwohner einen niedrigeren Preis von 50-60 Tenge (0,10 Euro) fordern. Die Kasachen sehen darin eine Bereicherung der Eliten, während die breite Bevölkerung unter Armut leidet. Die Proteste eskalierten in den vergangenen Tagen so sehr, dass der Präsident die gesamte Regierung entließ und einen Ausnahmezustand ausrief.

 

(nb)

Titelbild: APA Picturedesk

Autor

  • Nura Wagner

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