Kommentar
Wie verstehen viele Pressesprecher von Politikern eigentlich ihren Job? Diese Frage stellt sich anhand regelmäßig ausbleibender Anfragebeantwortungen.
Barbara Piontek
Wien, 13. Jänner 2022 | Vielleicht ist es ein österreichisches Phänomen. Regelmäßig bleiben Anfragen, meist an ÖVP-Minister und Ministerinnen unbeantwortet. Als Journalistin muss man eine Menge Energie und Hartnäckigkeit aufwenden, um irgendwann vielleicht eine Antwort zu erhalten. Ob man mit dieser dann etwas anfangen kann, steht auf einem anderen Blatt Papier. Kurz gesagt, es ist frustrierend. Aber woher kommt dieses Selbstverständnis, oft nicht einmal besonders kritische Fragen einfach nicht zu beantworten? War es schon immer so, oder wann hat es begonnen? Von Journalisten aus Deutschland ist Ähnliches nicht bekannt. Anfragen werden von den Regierungsmitgliedern abwärts in einer vernünftigen Zeit beantwortet, auch wenn es sich natürlich teilweise um Null-Antworten handelt, aber es wird professionell agiert.
Selbiges kann über Österreich schon länger nicht gesagt werden. Vor allem in der Ära Kurz wurde das Degradieren von Journalisten zu Bittstellern perfektioniert. Auch die Beliebtheit des Mediums, oder des Journalisten bei der jeweiligen Person spielt bei der Chance, eine Antwort zu erhalten, eine gewichtige Rolle.
Natürlich betrifft das nicht alle Pressesprecher der Regierung. Es gibt auch wenige, die ihre Arbeit mit Journalisten ausgezeichnet machen. Diese Sprecher beantworten Anrufe, machen keinen Unterschied zwischen Medien und können auch mit kritischer Berichterstattung über die von ihnen vertretenen Personen umgehen. Sie haben verstanden, was die Arbeit eines Pressesprecher oder Pressesprecherin ausmacht.
Natürlich sind Pressesprecher dazu da, die Person, für die sie tätig sind, bestens darzustellen, Geschichten den gewünschten Spin zu geben, aber eben auch – und das ist kein unwesentlicher Teil ihrer Arbeit – Fragen von Journalisten zu beantworten. Denn Regierungsmitglieder dienen der Republik und damit allen Österreicherinnen und Österreichern. Journalisten haben die Aufgabe, die Bevölkerung bestmöglich über politische Vorgänge zu informieren und müssen dazu Fragen stellen. Eine Nicht-Beantwortung von Fragen ist also gleichzeitig auch eine Informationsverweigerung gegenüber der Bevölkerung. Dieser Umstand dürfte im Selbstverständnis vieler Regierungssprecher nicht vorhanden sein.
Dabei sollte es eigentlich keine Rolle spielen, ob das Medium von dem die Anfrage kommt, gut gelitten wird oder nicht, oder ob die Fragen die gestellt werden, unangenehm sind. Selbst eine Antwort die besagt, dass man sich zu gewissen Dingen nicht äußert, ist noch besser als gar keine Antwort und zeugt von Professionalität und Respekt, den man seinem Gegenüber entgegen bringt. Es gibt Nachholbedarf.
Titelbild: APA Picturedesk