Sonntag, November 3, 2024

ORF-Kinderprogramm: Ungereimtheiten bei Brezina-Firma

ORF-Kinderprogramm

Wie der “Standard” berichtet, sollen rund 1,4 Millionen Euro in den internen Unterlagen als “Schmalz” gelistet sein. In der Tower10 KidsTV will aber niemand mehr wissen, worum es sich bei dem Posten handelt.

Wien, 25. Jänner 2022 | Wieviel Geld der ORF in sein Kinderprogramm pumpt, ist eigentlich geheim. Doch interne Dokumente aus Thomas Brezinas Produktionsfirma Tower10 KidsTV lassen nun einen Einblick zu. Aus den Unterlagen aus den Jahren 2014 bis 2017 geht hervor, dass der ORF knapp vier Millionen Euro pro Jahr in dieser Zeit für das Kinderprogramm aufwendete. Soweit, so unauffällig.

Doch in den internen Abrechnungen von Brezinas Firma, die dem “Standard” vorliegen, findet sich eine Spalte, die Fragen offen lässt. Sie nennt sich “Schmalz” und macht pro Jahr ungefähr zehn Prozent des Auftragsvolumens aus. Allein für das Jahr 2017 belaufen sich die “Schmalz”-Beträge auf mehr als 350.000 Euro. Pro produziertem Format machte “Schmalz” in diesem Jahr zwischen drei und 90 Prozent der angegebenen Kosten aus. Besonders interessant ist dabei, dass der Gewinn der Produktionsfirma aus der Summe der Formatfixkosten plus “Schmalz” errechnet wurde.

Niemand will sich an “Schmalz” erinnern

Insgesamt macht die “Schmalz”-Summe für die Jahre 2014 bis 2017 1,4 Millionen Euro aus. Wohin die großen Beträge aus der “Schmalz”-Spalte geflossen sind, ist vollkommen ungeklärt, ebenso warum ausgerechnet diese Bezeichnung gewählt wurde oder wofür sie steht. Der ORF spricht im “Standard” von “Gedankenspielen und Annahmen des damaligen Geschäftsführers”. Schlüssig ist diese Antwort aber nicht. Was ein Nahrungsmittel in den Abrechnungen für ein Kinderprogramm verloren hat, erklärt sich dadurch nicht. Die damals Verantwortlichen wollten sich nicht äußern.

Verdacht besteht schon länger

Der ORF behauptet, erst durch die “Standard”-Anfrage von den angeblichen Missständen erfahren zu haben. Laut “Standard” hat sich bereits Anfang November eine angeblich ehemalige Mitarbeiterin der Tower10 KidsTV über die interne Kalkulation für 2017 informiert. In einer anonymen Mail spricht sie von “großen Geldsummen”, die hier “auf Kosten des öffentlich-rechtlichen Kinderprogramms” veruntreut würden.
In den Unterlagen, die mutmaßlich dem ORF vorgelegt wurden, findet sich die Spalte “Schmalz” allerdings nicht. Auch in den Kassastürzen für das jeweils vergangene Jahr findet sich kein derartiger Posten.

Ahnungslos zeigt man sich bei der Tower10 KidsTV. Gegenüber dem “Standard” kann man sich “Schmalz” ebenfalls nicht erklären, die Abrechnung mit dem ORF sei korrekt gewesen, verdeckte Geldflüsse seien unmöglich, weil alle Brezina-Firmen transparent seien.

Der ORF gibt laut “Standard” an, die Firma bereits mehrmals und gewissenhaft geprüft zu haben. Ob auch vom vertraglich verankerten Recht Gebrauch gemacht wurde, Bücher und Belege der Produktionsfirma einzusehen, blieb offen.

(bp)

Titelbild: APA Picturedesk

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