Dienstag, Oktober 8, 2024

Tschetschenien: Regime-Kritikern droht Enthauptung

Tschetschenien

In der russischen Teilrepublik Tschetschenien werden ein Menschenrechtsanwalt und seine Familie wegen Kritik an der Regierung verfolgt. Ihnen wird mit Folter und Tod gedroht.

Wien, 04. Februar 2022 | Oppositionelle, Menschenrechtsaktivisten und Journalisten haben es in Russland nicht leicht. Kritische Stimmen werden mit einer Einstufung als „ausländische Agenten“ oder „terroristische Organisationen“ mundtot gemacht. In der Teilrepublik Tschetschenien schaut die Situation noch schlimmer aus. Der Präsident Ramzan Kadyrov, der für seine unzähligen Menschenrechtsverletzungen bekannt ist, ist erneut in den Fokus von Menschenrechtsorganisationen geraten, nachdem er die Familie des Menschenrechtsanwalts und Mitglied des Anti-Folter-Komitees, Abubakar Yangulbaev, bedroht hat.

Politisch motivierte Entführung

Russischen Medienberichten zufolge wurde Zarema Musayeva, die Mutter Yangulbaevs, Mitte Jänner von Spezialeinheiten in einer Nacht-und-Nebel-Aktion in der russischen Stadt Nizhni Novgorod festgenommen. Seitdem befindet sie sich in der tschetschenischen Hauptstadt Grozny wegen vermeintlichen Betrugsvorwürfen hinter Gittern. Die Familie spricht von einer politisch motivierten Entführung. Die Yangulbaev-Brüder sind Gründer einer Plattform, die sich kritisch gegen die Kadyrov-Regierung äußert. Der Familienvater ist ein ehemaliger Richter, der mittlerweile in Konflikt mit dem Regime geraten ist.

Drei Tage später hat die restliche Familie das Land verlassen. Der Vorfall wurde von Amnesty International und Reporter ohne Grenzen (RSF) vielfach kritisiert: „Werden die Behörden Russlands wieder einmal ignorieren, was in Tschetschenien geschieht und so tun, als wüssten sie nichts von den tschetschenischen Behörden, um Kritiker durch kriminelle Einschüchterung und Entführung ihrer Angehörigen zum Schweigen zu bringen?”

“…bis wir euch die Köpfe abreißen und töten”

Übereinstimmenden Medienberichten zufolge (“Guardian” und “BBC Russia”), hat sich nun ein tschetschenischer Abgeordneter der Staatsduma für die Putin-Partei „Einiges Russland“ mit einer drohenden Videobotschaft über Instagram an die Familie gewandt. „Wir werden so lange gegen euch vorgehen, bis wir euch die Köpfe abreißen und töten“, so der Kadyrov-Vertraute. Das gelte auch denen, die sich trauen, die Botschaft in die russische Sprache zu übersetzen, berichtet das russische Investigativmagazin „The Insider“. Yangulbaev nehme die Drohung ernst: „Dies ist ein Abgeordneter der Staatsduma und natürlich werden diese Worte ernst genommen“, versicherte er dem Magazin. Weitere Verbündete Kadyrovs haben sich mit ähnlichen Drohungen zu Wort gemeldet.

Moskau schweigt

Zuvor hatte Kadyrov selbst dazu aufgerufen, die Familie zu verhaften und bei Widerstand „zu vernichten“. Auf Telegram schrieb er: „Wie auch immer es dazu kommen mag, ich erkläre, dass diese Familie entweder im Gefängnis oder im Untergrund landen wird. Und das liegt nicht mehr in meiner Hand.“

Der Kreml erklärte diese Woche, dass Putin nicht plane, sich in den Fall einzumischen. Moskau drückt bei Kadyrovs Menschenrechtsverletzungen oft beide Augen zu, obwohl es zahlreiche Belege für Folter seiner Kritiker und Auftragsmorde gibt. Das Ethikkomitee der Staatsduma hat erklärt, bei einem „entsprechenden Antrag“ gegen die Drohungen vorzugehen, aber die Betroffenen zweifeln daran.

(red)

Titelbild: APA Picturedesk

Autor

  • Nura Wagner

    Greift der Redaktion unter die Arme so gut sie kann, sei es mit ihren E-Mail-Beantwortungsskills oder mit ihren Russisch-Kenntnissen.

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