Legale Diskriminierung
Eine private Zimmervermietung in Niederösterreich kommt mit Homophobie durch. Einen Gesetzesentwurf, der das ändern könnte, blockiert die Regierung seit Jahren.
St. Pölten, 10. Februar 2022 | Das M-Haus in Aggsbach Markt empfängt Sie nur wenige Schritte von der Donau und einem öffentlichen Strand entfernt – heißt es auf einer der wenigen Buchungsplattformen, auf denen die private Zimmervermietung in Niederösterreich noch nicht gesperrt ist. Denn neben kostenlosem W-LAN und einer Tischtennisplatte erwartet Gäste (hauptsächlich Arbeiter und Monteure) auch eine geballte Ladung Homophobie. Die „Niederösterreichischen Nachrichten“ (NÖN) hatten am Mittwoch zuerst berichtet.
Seit 2012 ist das M-Quartier im Besitz der jetzigen Betreiber. 2014 haben diese das Haus als „Anti-Homo-Haus“ deklariert – so steht es auf der Website unter einem eigenen Reiter. Eine der zahlreichen Begründungen auf der Seite: „Weil wir Homosexualität ablehnen und nichts mit AIDS oder Syphilis zu tun haben wollen.“ Auch nicht mit “Homosexualität, Pädophilie und Gender-Ideologie”. Gegenüber den NÖN bestritt der Quartierbetreiber, der sich selbst als gläubigen Christen und Homosexualität als „Krankheit“ bezeichnet, dass er mit diesen Aussagen diskriminieren will. Es gehe ihm lediglich um die Gesundheit.
“Wenn er irrationale Ängste hat, können wir ihm diese mit guter Beratung nehmen”, sagte die Geschäftsführerin der Aids Hilfe Wien Andrea Brunner, die auch für Niederösterreich zuständig ist, gegenüber der APA. “Wir können ihn aufklären, wie HIV und STI (sexuell übertragbare Krankheiten, Anm.) übertragen werden – nämlich nicht im Alltagsleben, wie es in einem Hotel der Fall ist.”
Der ÖVP-Bürgermeister der Gemeinde, der laut NÖN bisher von der Ausrichtung des Hauses nichts wusste, ließ die Website des Quartiers von der Gemeindehomepage löschen. Auf APA-Anfrage sagte der Betreiber: „Das ,Anti-Homo-Haus‘ wird bleiben. Das wird man mir nicht ausreden können.“
Regierung blockiert Gesetzesänderung
Die Antidiskriminierungsstelle Niederösterreich hat hier keine Handhabe, denn Diskriminierungen aufgrund der sexuellen Orientierung sind in Österreich beim Zugang zu Gütern und Dienstleistungen, darunter auch Beherbergung, nicht illegal.
In einer Presseaussendung macht SPÖ-LGBTIQ-Sprecher Mario Lindner einmal mehr darauf aufmerksam, dass die ÖVP seit mehr als zehn Jahren eine entsprechende Änderung des Gleichbehandlungsgesetzes blockiere. Mehrere Anträge der SPÖ zu dem Thema habe Türkis-Grün in den letzten Jahren abgelehnt. Auch ein Hearing zum gesetzlichen Diskriminierungsschutz im Gleichbehandlungsausschuss des Parlaments hätte die Koalition im Vorjahr nicht zugelassen.
Dabei könnte laut Lindner ein bereits vorhandener Gesetzestext jederzeit beschlossen werden. Zum „Anti-Homo-Haus“ sagt er: „So etwas darf nicht legal sein, mit solchen Hassparolen sollte kein Unternehmen werben dürfen!“ Auch SPÖ-Volksanwaltssprecher Rudolf Silvan unterstützte Lindners Forderung am Donnerstag in einer Aussendung: „Ein derartiges Weltbild ist einfach untragbar und aus dem 19. Jahrhundert.“ Von den Grünen, die sich immer auf die Fahnen geheftet hatten, für Gleichberechtigung zu stehen, meldete sich bisher niemand zu Wort.
(sm/apa/noen)
Titelbild: Screenshot Unternehmenswebsite