Montag, September 9, 2024

ÖVP-Kanzlerduell: Schaukampf zwischen Verlobten

Als erste stellt sich die ÖVP auf. Ihr Wahlkampf, so sagt sie, habe einen Gegner: die extreme Rechte und deren Führer, Herbert Kickl. Das ist schlicht und einfach gelogen. Wie 2017 und 2019 machen einige Medien mit.

Wenn die Spitzen der ÖVP lügen, dass sich Balken aller Größen nach allen Seiten biegen, dann ist das

  1. seit Sebastian Kurz der Normalzustand
  2. ein Hinweis auf eine Absicht oder sogar einen Plan.

Die Überlegung dahinter ist ganz einfach: Amateure, die nichts vom Geschäft verstehen, bekämpfen die Parteien, die ihnen am fernsten stehen. Damit nehmen sie den Parteien, die ihnen am nächsten stehen, Stimmen weg. Am Ende geht es sich dann nicht aus.

Hauptkuschelfeind

Wenn ich also, denkt sich der ÖVP-Stratege, die SPÖ offen zum Hauptfeind wähle, wählen mich die, für die die SPÖ genau das ist. Das sind meine Kernwähler und die Wähler der FPÖ.

Aber, so wahr ich Fleischmann, Frischmann, Steiner, Bonelli und Kathi Nehammer heiße, mache ich das ganz anders. Ich erkläre die Partei zum Hauptfeind, die sich längst bei mir im Bett ankuschelt: die FPÖ. Dann wählen mich alle, die nur eines sicher wissen: dass sie keine FPÖ in der Regierung wollen. Dann geht es sich aus.

In Niederösterreich hat das gut funktioniert. Lange haben dort Wähler, die nicht mehr ganz für die ÖVP, aber noch nicht für Grüne oder SPÖ stimmen wollten, gewackelt. Aber dann hat der FPÖ-Spitzenkandidat die ÖVP-Landeshauptfrau „Moslem-Mama“ geschimpft und alles hat gepasst.

In Salzburg hat das gleich noch einmal funktioniert. Also ist das die Nummer, die zieht. Daher holt sich Karl Nehammer Herbert Kickl, haut ihn wie einen Tanzbären und spitzt das Wahlkampffinale auf „Nur Nehammer rettet Österreich vor der FPÖ“ zu.

Deppert

Aber, meldet sich eine leise Stimme in der Parteizentrale, sind die Leute wirklich so deppert? Nein, lacht Fleischfrischsteinerbonellimannkathi, wir machen sie so deppert!

Wie geht das? Es ist ganz einfach. Wenn es kein Duell gibt, wird das Duell ausgerufen. „Kickl gegen Nehammer: das Kanzlerduell“. Wer das googelt, findet es immer öfter:

„Heute“ am 27. Jänner 2024: „Kanzler-Infight mit Kickl – wie Nehammer SPÖ auspokerte“.

 „oe24“ am 15. Februar 2024: „Nehammer holt Kickl in Kanzlerfrage ein“. Ein Stück darunter trübt eine Zeile das Bild: „Umfrage: ÖVP stürzt auf 20 Prozent ab“.

Genau so funktioniert das: Die ÖVP stürzt ab, und der abgestürzte Parteichef landet knapp neben dem Boden der Realität im „Kanzlerduell“.

Kein Schreck

Wer jetzt „Babler Kickl Duell“ googelt, stößt auf erstaunlich wenige Ergebnisse wie etwa in „Heute“ am 20. November 2023: „Babler ist für Mehrheit kein Kickl-Schreck“.

Natürlich weiß man auch in „oe24“ und „Heute”: Das einzige politische Kanzlerduell heißt „Babler gegen Kickl“. Dem „Presse“-Kommentator fällt dabei auf: „Weder Karl Nehammer noch Herbert Kickl haben ein Interesse daran, Andreas Babler in ihr Duell hereinzulassen“.

Aber nicht alle tanzen nach der Inseratenpfeife der ÖVP: „Heute beschäftigen wir uns mit Österreichs Kanzler Karl Nehammer, der FPÖ-Chef Herbert Kickl als »rechtsextrem« bezeichnet und zum »Duell« auffordert. Nehammers rechtskonservatives Wahlprogramm lässt sich ohne FPÖ jedoch nicht umsetzen.“ So stand es am 30. Jänner 2024 im deutschen „Spiegel“. Rund um den Bericht fehlte das, was den Unterschied ausmacht: ein österreichisches Regierungsinserat.

Gefälschte Wahlen

2017 wurde die Nationalratswahl mit manipulierten Umfragen und Fake News durch auflagenstarke Medien beeinflusst und gefälscht. 2019 gewann Sebastian Kurz ein zweites Mal mit Schwindelgeschichten wie dem „Hackerangriff“ auf die ÖVP. Nur wenige Medien wie „ZackZack“, „Der Standard“ und „Falter“ blieben bei den Fakten und berichteten weiter, dass keine Spur zu „Hackern“ und alle Spuren in die Buchhaltung der ÖVP führten.

Als Amateurboxer kennt Karl Nehammer den Unterschied zwischen Kampfsport und Kampfpolitik. Er weiß, welches Duell man sich kaufen kann und welches eher nicht.

Sicher, Andreas Babler könnte vieles besser machen. Aber eines kann er nicht: käufliche Medien unbestechlich machen.

Verdienen

Auf die Idee, einen Wahlkampf rund um die eigenen Vorstellungen von einer besseren Zukunft zu planen, kommt in der ÖVP niemand mehr. Seit es nur noch ums eigene Überleben an der Macht geht, haben Absichten die Ideen verdrängt.

Dort, wo Journalismus noch diesen Namen verdient, übernehmen Medien die Aufgabe, genau darüber zu schreiben: welche Ziele die Kanzlerkandidaten wirklich verfolgen; mit wem sie regieren können; mit wem das ausgeschlossen ist und welche Duelle schlicht und einfach Schaukämpfe unter Verlobten sind.

Aber Österreich ist nach wie vor das Land, in dem man sich als Medium entscheiden muss, was man verdient: einen guten Ruf oder Millionen aus den Töpfen der Regierung. Das ist das Problem.

Autor

  • Peter Pilz

    Peter Pilz ist Herausgeber von ZackZack.

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