Seit Freitag ist Putins Zensurgesetz für Medien in Kraft. In einer ORF-Liveschaltung aus Moskau von Journalistin Carola Schneider waren die Auswirkungen des Gesetzes deutlich sichtbar.
Wien/Moskau, 08. März 2022 | Eine freie Berichterstattung ist in Russland seit vergangener Woche deutlich schwieriger geworden. Russlands Präsident Wladimir Putin unterzeichnete am Freitag ein für Medien einschränkendes Gesetz: Mit bis zu 15 Jahren Haft bestraft werden kann, wer “Falschinformation” über die aktuell im Krieg in der Ukraine kämpfenden russischen Streitkräfte verbreitet. Nach einem weiteren Gesetz können auch Personen zur Verantwortung gezogen werden, die öffentlich die russische Armee “verunglimpfen”.
ORF-Korrespondentin ringt um Worte
Direkte Auswirkungen spürte man am Sonntag in einer Liveschaltung der ORF-Sendung „Europastudio“ nach Moskau. Journalistin Carola Schneider musste jedes Wort abwägen, ob es nicht gegen das Gesetz verstoßen würde. So fragte etwa Moderator Paul Lendvai zu einer Umfrage, wonach 71 Prozent der Russen derzeit hinter Putin stehen würden. Die Antwort Schneiders war äußerst vorsichtig formuliert, mit zahlreichen Pausen versehen und von mehreren nervösen Blicken links und rechts der Kamera begleitet.
Die Erschütterung ist enorm, wenn den Worten von Carola Schneider im #Europastudio lauscht.
„Ich muss jetzt vorsichtig formulieren um nicht unsere Berichterstattung zu gefährden und nicht selbst als kriminell zu gelten.“ #RusslandUkraineKonflikt pic.twitter.com/aEOrU0FSjC
— 𝑰. 𝒗. 𝑶. Initiative versus Ochlokratie 🇺🇦 (@ivo815) March 6, 2022
„Diese Umfrage, wonach 71 Prozent Wladimir Putin, im Moment unterstützen kommt von einer staatlichen Meinungsumfrage, ähm Agentur, das muss man immer mit Vorsicht genießen. In den jetzigen Zeiten sowieso. Aber es stimmt ein großer Teil der Russen wehren sich jetzt nicht gegen die Politik Wladimir Putins. Gegen diesen“ – lange Pause – „Kurs gegen die Ukraine“, so Schneider.
Internationale Medien ziehen ab
Die Korrespondentin versuchte das Wort Krieg mit allen Mitteln zu vermeiden, so erklärte sie kurz später: „Ich muss jetzt vorsichtig formulieren, um nicht unsere Berichterstattung zu gefährden und nicht selbst als kriminell zu gelten.“
Internationale Medien, wie BBC, CNN, Bloomberg, ARD und ZDF stellten ihre Berichterstattung als Antwort auf Putins Gesetz in Russland ein. Der ORF hat derzeit noch zwei Konrrespondenten in Moskau. Journalistin Miriam Beller kehrte vorübergehend nach Wien zurück. Büroleiter Paul Krisai und Carola Schneider verblieben in Moskau.
(bf)
Titelbild: screenshot/ORF “Europastudio”