Samstag, September 14, 2024

Wirecard: Anklage gegen Kurz-Berater Markus Braun

Wirecard:

Im Skandal um den Mega-Betrugsfall Wirecard deutet alles auf einen Prozess gegen Markus Braun und seine mutmaßlichen Komplizen hin. Braun muss hoffen, dass Marsalek nicht gefunden wird.

 

München, 14. März 2022 | Die Staatsanwaltschaft München I erhebt Anklage gegen den früheren Wirecard-Chef Markus Braun. Das berichtete das „Handelsblatt“ am Sonntagabend. Dem Milliardär werden gewerbsmäßiger Bandenbetrug, Veruntreuung, Bilanzfälschung und Markmanipulation vorgeworfen. Braun drohen bis zu zehn Jahre Haft.

Der Skandal um die größte Pleite der deutschen Börsengeschichte geht mit der Anklageerhebung in die nächste juristische Runde. Ein Münchner Gericht muss nun entscheiden, ob es die 480 Seiten dicke Anklage zulässt und es einen Prozess geben wird. Dass es so kommt, gilt als sicher. Der Prozessbeginn wird für Herbst erwartet. Bis dahin bleibt Braun in U-Haft.

Der Kronzeuge

Die Ermittler haben rund 450 Zeugen befragt, tausende Mails gesichert und meterweise Dokumente sichergestellt. Die Staatsanwaltschaft ist sich sicher: Über viele Jahre – mindestens seit 2015 – soll Wirecard betrogen haben. Kopf der kriminellen Aktivitäten soll Markus Braun gewesen sein, der ein streng hierarchisches System im Unternehmen aufgebaut habe. Mit Braun sind Chefbuchhalter Stephan von Erffa und der Chef des Dubai-Geschäfts, Oliver Bellenhaus, angeklagt. Letzterer ist Kronzeuge der Staatsanwaltschaft.

Bellenhaus hat ausgesagt, dass die Wirecard-Chefs ab 2015 Geld für die Wirecard-Bilanz erfunden hätten. An dem Betrug beteiligt: Braun, von Erffa, Finanzvorstand Burkhard Ley und Jan Marsalek. Der war als Vorstand offiziell für Geschäfte mit Drittpartnern, etwa auf den Philippinen, zuständig – Geschäfte, die es laut Insolvenzverwalter Michael Jaffé nie gegeben hatte. In der Bilanz von Wirecard fehlten mindestens 1,9 Milliarden Euro.

Der umtriebige Jan Marsalek

Marsalek, der enge Kontakte zur (österreichischen) Politik, namentlich der FPÖ und der ÖVP, sowie zu Nachrichtendiensten pflegte, ist seit Juni 2020 auf der Flucht. Seine mutmaßlichen Fluchthelfer: Zwei ehemalige BVT-Beamte und der Ex-FPÖ-Abgeordnete Thomas Schellenbacher. Die deutschen Behörden vermuten, dass Marsalek als V-Mann des BVT tätig war. Über einen „Jan“ erhielt der ehemalige FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus aus dem BVT Informationen über NEOS-Abgeordnete Stephanie Krisper.  „Jan“ versuchte auch, über Gudenus einen Termin bei OMV-Chef Rainer Seele zu vereinbaren.

Der ÖVP-Diplomat und hochrangige Ministerialbeamte Johannes Peterlik steht wiederum in Verdacht, Marsalek die Formel des russischen Nervengifts Nowitschok übergeben zu haben. ÖVP-Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka traf Marsalek in Moskau. Sobotka bestritt das vor dem Ibiza-Untersuchugnsausschuss zunächst. Daraufhin veröffentlichte ZackZack ein Foto, das die beiden beim gemeinsamen Abendessen in Moskau zeigt.

Braun und die ÖVP

Dass Marsalek untergetaucht ist, kommt Markus Braun entgegen. Der behauptet, selbst Opfer betrügerischer Handlungen seines ehemaligen Kompagnons geworden zu sein. So ist es, wie die „Wirtschftswoche“ schreibt „kein Wunder, dass es einige Protagonisten im Fall Wirecard gibt, die ein und dieselbe Hoffnung haben: dass Jan Marsalek für immer verschwunden bleibt.“

Braun – wie Marsalek Österreicher – mischte in der Politik seins Heimatlandes kräftig mit. Er war nicht nur ÖVP-Großspender, sondern auch Berater von Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz.

Zu Brauns engsten Vertrauten gehört der ehemalige Deutsch Bank-Vorstand Alexander Schütz. Auch er ist ÖVP-Großspender, seine Frau arbeitete unter Thomas Schmid im Kabinett des österreichischen Finanzministeriums und ist nunmehr Herausgeberin des ÖVP-nahen „Exxpress“. Schütz hatte viel Geld in Wirecard investiert. Als die „Financial Times“ begann, die Betrugsmasche des Konzerns aufzudecken, schrieb Schütz an seinen Freund Braun: „Macht diese Zeitung fertig!“

(tw)

Titelbild: APA Picturedesk

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