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Strom und Gas werden in Österreich richtig teuer. Bundesregierung und Stadt Wien wollen aushelfen, doch: reicht das?
Wien, 15. März 2022 | Viele Menschen in Österreich fürchten den nächsten Brief ihres Strom- und Gasanbieters. Der russische Angriff auf die Ukraine hat die Energiepreise in lichte Höhen getrieben. Im Vergleich zum Vorjahr liegt der Gaspreisindex laut Berechnung der österreichischen Energieagentur um 455,5 Prozent höher, beim Strom sind es 163,2 Prozent.
Im Schnitt 180 Euro mehr
Die gute Nachricht: Die Energiepreise steigen nicht genauso stark. Denn die setzen sich aus unterschiedlichen Teilen, neben den Rohstoffpreisen etwa Netzkosten und Steuern zusammen – und diese sind nicht oder nicht so stark gestiegen.
Wie viel Belastung kommt also auf die Haushalte zu? Da gebe es große regionale Unterschiede, sagt Energieexperte Joel Tölgyes vom Momentum Institut. Für Wien, wo viele Haushalte mit Gas heizen und die letzte jährliche Preissteigerung bereits durch ist, gibt es eine Modellrechnung: Bleiben die Preise auf dem derzeitigen Niveau, würden Haushalte im Schnitt 180 Euro pro Jahr mehr für Gas und Strom zahlen müssen.
Der Staat springt ein
Der von der Bundesregierung beschlossene Energiekostenausgleich, der in Form eines 150 Euro-Gutscheins kommen soll, deckt also die durchschnittlichen Mehrkosten nicht ganz ab. Kritiker beklagen außerdem, dass jeder Haushalt den Gutschein bekommen soll – egal wie er heizt. Auch regionale Unterschiede werden nicht berücksichtigt. Die Energieversorger im Westen haben bisher ihre Preise nicht angehoben.
Die Bundesregierung verzichtet 2022 außerdem auf die neue Ökostrompauschale. Im Vorjahr hatte die türkisgrüne Regierung das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG) beschlossen. Bis 2030 will Österreich zu hundert Prozent Strom aus erneuerbarer Energie erzeugen. Die Kosten dafür tragen nicht die Stromanbieter, sondern die Steuerzahler – per Pauschale von rund 35 Euro und verbrauchsabhängiger Abgabe – zusammen rund 100 Euro im Jahr.
Wiens Bürgermeister Michael Ludwig kündigte am Dienstag bei einer Presskonferenz an, arme Haushalte zusätzlich unterstützen zu wollen. Wer Mindestsicherung oder Mindestpension bezieht, eine Arbeitslosenleistung oder Wohnbeihilfe erhält, bekommt von der Stadt ohne Antrag 200 Euro überwiesen. 50 Millionen Euro nimmt die Stadt dafür in die Hand.
Krieg und Wirtschaftswachstum lassen den Preis steigen
Warum steigt der Gaspreis überhaupt? Russisches Gas fließt schließlich trotz des Krieges ungehindert nach Europa, das sich nicht durchringen kann, Energieimporte aus Russland zu sanktionieren. Rund 200 Millionen Euro pro Tag überwies die EU im Februar allein für Gas an die russische Kriegskasse.
Der Preisanstieg hat laut Tölgyes mehrere Gründe: Einerseits ziehe die von der Corona-Pandemie geschwächte Weltwirtschaft gerade wieder an. Der dadurch gestiegene Energieverbrauch treibt auch die Preise. Andererseits habe der Angriff auf die Ukraine für „Nervosität an den Börsen“ gesorgt. Und schließlich sind Österreichs Gasspeicher nur zu rund 17 Prozent voll – ungewöhnlich niedrig. Über den letzten Sommer wurden sie kaum aufgefüllt. Heimische Energielieferanten spekulierten auf fallende Preise und hielten sich mit dem Einkauf von Reserven zurück. Auch der russische Gasmonopolist Gazprom kann Erdgas in Österreichs Speicher einspeisen, tat das aber im vergangenen Sommer fast nicht.
Preis per Gesetz begrenzen?
Was, wenn die Energiekosten weiter steigen? Einmal-Lösungen wie ein Energiekostenausgleich hinken dann stets hinterher, denn die Rechnungen müssen ja erst einmal bezahlt werden. In Deutschland wird aktuell über einen Preisdeckel auf Energiekosten debattiert. Das würde bedeuten: Der Gesetzgeber legt fest, dass die Preise für Strom oder Gas einen bestimmten Wert nicht übersteigen dürfen.
Doch die Energieanbieter müssen gerade Gas selbst einkaufen. Könnten sie dann Verluste machen? Der Staat müsste mit den Energieversorgern verhandeln und allenfalls einspringen, schlägt Joel Tölgyes vom Momentum Institut vor. Man könnte dabei durchaus gegenrechnen: Einige österreichische Energieanbieter verdienen am gestiegenen Strompreis sehr gut.
Sparen ist angesagt
Wer Energie sparen will, kann bekannte Tipps von Experten beherzigen. Jedes Grad weniger Raumluft spart beim Heizen sechs Prozent Energie. Rasches Stoßlüften lässt die Wohnung viel weniger stark abkühlen als lange gekippte Fenster. Beim Stromverbrauch sind Waschmaschine, Geschirrspüler und Kühlschrank die Vielfraße im Haushalt. Den Kühlschrank auf 6 Grad zu drehen, Wäsche bei niedrigeren Temperaturen zu waschen und den Geschirrspüler nicht halb leer laufen zu lassen, helfen hier. Licht und moderne Elektronik im Standbymodus fallen im Vergleich kaum ins Gewicht.
(tw/pma)
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