Pop up: Die Popkultur-Kolumne
Die erste Staffel des fiktiv-historischen Romantikdramas “Bridgerton” ist eine der erfolgreichsten Netflix-Serien aller Zeiten. Nach dem Höhenflug ihrer Vorgängerin, vollführt die zweite Staffel einen Bauchfleck.
Pia Miller-Aichholz
Die erste Staffel der Serie „Bridgerton“ – basierend auf der gleichnamigen Liebesromanreihe der US-Autorin Julia Quinn – war kitschig, aber spannend und in mehrerlei Hinsicht aktuell. Die erste „Bridgerton“-Staffel – erschienen im Dezember 2020 – ist eine der erfolgreichste Netflix-Serie aller Zeiten. Die zweite Staffel kann ihr bei weitem nicht das Wasser reichen, die verhältnismäßig diverse Besetzung und sozialkritische Themen retten über die flach inszenierte Handlung nicht hinweg.
Fiktiv-historischer Kitsch mit feministischem Touch
Die erste Staffel begeisterte das Publikum durch eine diverse Besetzung: Die britische Königin Charlotte wird von der guyanisch-britischen Schauspielerin Golda Rosheuvel gespielt und einige der Adeligen sind People of Color, auch einige der mächtigsten, wenngleich der Großteil der Big-Player in der Serie nach wie vor Weiße sind. Für den Soundtrack wurden außerdem moderne Popsongs in einer klassischen Version vertont. Hinter “Bridgerton” steht die US-Drehbuchautorin und Produzentin Shonda Rhimes, die unter anderem mit “Grey’s Anatomy” und “How To Get Away With Murder” Erfolge gefeiert hat.
In der Serie geht es wie in vergleichbar angesiedelten Filmen und Serien darum, dass junge Frauen „gut“ heiraten und sich nicht in Skandale verstricken sollen. Aber unter den mächtigsten Figuren sind viele geschickte und intelligente Frauen, die ihre eigenen Ansichten und Wünsche haben und diese auch kundtun und verfolgen. Und die erste Staffel zog mit einer geschickt aufgebauten Liebesgeschichte und prickelnder Erotik in den Bann, die ganz stark auf die weibliche Lust fokussiert war – keine Selbstverständlichkeit in der Unterhaltungsindustrie.
Nicht alles, was glänzt
Auch dieses Mal steht ein Mitglied der mächtigen Adelsfamilie Bridgerton im Zentrum: der älteste Sohn der Familie Anthony, der seit dem frühen Tod seines Vaters Familienoberhaupt ist. Durch seine Rolle nach dem Tod seines Vaters hat er gelernt, seine eigenen Bedürfnisse hintanzustellen und sein Leben streng seinen „Pflichten“ entsprechend zu führen und dabei der Beste der Besten zu sein. So geht er auch die Suche nach seiner zukünftigen Braut an.
Sie soll intelligent, schön, pflichtbeflissen und eine gute Mutter sein, das perfekte Bild einer Frau an seiner Seite. Liebe ist zweitrangig. Und weil er nur das Beste will, will er sich für jene junge Dame entscheiden, die von Queen Charlotte zum „Diamant der Saison“ auserkoren wird. Aber die Liebe fällt natürlich woanders hin und fordert Anthony ganz schön heraus. Nebenbei ist das erzählende fiktiv-historische Gossip Girl mit dem Alias „Lady Whistledown“ immer stärker davon bedroht, entlarvt zu werden.
Augenrollen und Vorhersehbarkeit statt Aufregung und Plot-Twists
So weit, so vielversprechend. Aber leider schafft die zweite „Bridgerton“-Staffel nicht die Kitsch-Gratwanderung. Wo die erste Staffel mit Charme und Spannung punktete, enttäuscht ihre Nachfolgerin mit Plumpheit und Vorhersehbarkeit und provoziert das eine oder andere Augenrollen.
Es sind noch zwei weitere Staffeln geplant. Mal sehen, ob diese an den Erfolg der ersten Staffel anschließen werden können. Ein vollkommener Zuseher-Flop werden sie wohl nicht werden, denn „Bridgerton“-Fans der ersten Stunde werden zu neugierig sein, um auf eine weitere romantisch-erotische Liebesgeschichte zwischen Juwelen, Seide und Society-Tratsch zu verzichten.
Titelbild: APA Picturedesk/Bearbeitung ZackZack