Samstag, April 27, 2024

»Welt steuert auf Klima-Katastrophe zu« – IPCC-Bericht

IPCC-Bericht

Der Weltklimarat hat in seinem jüngsten Bericht erneut eine drastische Reduktion von klimaschädlichen Treibhausgasen gefordert, ansonsten seien die Pariser Klimaziele nicht mehr zu erreichen. UN-Generalsekretär Antonio Guterres ging mit Firmen und Regierungen hart ins Gericht, der Bericht sei ein “Dokument der Schande”.

Genf, 05. April 2022 | Mit seinem sechsten Sachstandsbericht hat der Weltklimarat (IPCC) Regierungen und Konzernen erneut eine Gebrauchsanweisung zur Eindämmung der Erderhitzung vorgelegt. Die Vorgaben der 278 Wissenschafter sind klar. Es brauche eine radikale und sofortige Reduktion der klimaschädlichen Treibhausgase. Größtes Potenzial liege dabei im Einsatz fossiler Brennstoffe, heißt: Weg von Kohle, Öl und Gas – hin zu umweltfreundlichen Alternativen wie Sonne, Wind und Wasserstoff.

Größtes Potenzial in Städten und Industrie

Laut Bericht entfällt ein Viertel der weltweiten Emissionen auf die Industrie. Um dort einen Umschwung zu schaffen, gelte es, das verwendete Material noch besser einzusetzen. Dabei helfe die Wiederverwendung und das Recycling von Produkten. Zudem sollten Abfälle reduziert werden. Produktionsweisen, die frei von Treibhausgasen sind, seien bei Grundstoffen wie Stahl, Baumaterialien und Chemikalien aktuell noch nicht serienreif. Einige Ideen seien noch in der Pilotphase, manche aber kurz vor der Marktreife.

Aber auch jeder Einzelne könne etwas beitragen. Die Änderungen unserer Lebensweise, die dem Klima guttun, würden auch die Gesundheit der Menschen verbessern. Weniger Fleischkonsum oder mehr Fahrradfahren habe so doppelt positive Effekte. Die Politik müsse mit den richtigen Maßnahmen in Infrastruktur und Technologie jedoch dafür sorgen, dass ein Wandel im Lebensstil der Menschen möglich wird, ist sich die Ko-Vorsitzende der IPCC-Arbeitsgruppe III, Priyadarshi Shukla, sicher.

Besonders viel Potenzial liege hier in Städten: Die Wege für Bewohner müssten so angelegt werden, dass viel zu Fuß gegangen werden kann, den öffentlichen Verkehr gelte es zu elektrifizieren und beim Bau neuer Häuser auf Energieeffizienz zu setzen. Positive Beispiele dafür gebe es in allen klimatischen Zonen der Welt. Der Zusammenschluss von Parks und offenen Flächen könne etwa das Risiko von Überschwemmungen reduzieren und gleichzeitig Hitzeinseln eindämmen.

“Jetzt oder nie”

Auch wenn man bereits gesetzte Maßnahmen für den Klimaschutz positiv erwähnt, die Zeit werde immer knapper. In den von den Wissenschaftern bewerteten Szenarien muss die globale Emission von Treibhausgasen bis spätestens 2025 ihren Höhepunkt erreichen. Ansonsten sei die Begrenzung der Erwärmung auf 1,5 Grad nicht realisierbar. Zudem sei es erforderlich, dass der Ausstoß der Treibhausgase bis 2030 um 43 Prozent gesenkt wird. Gleichzeitig müsse auch der Methanausstoß um etwa ein Drittel reduziert werden. Erreiche man diese Ziele nicht, hätte das tiefgreifende Konsequenzen für Menschen, Tiere und die Natur. “Es heißt jetzt oder nie”, sagte Ko-Vorsitzender des Berichts, Jim Skea.

Guterres: “Weichen klar in Richtung unbewohnbarer Erde”

Hart fiel das Urteil von UN-Generalsekretär Antonio Guterres aus. Die Welt sei auf dem schnellstem Wege zu einer Klima-Katastrophe. “Es ist ein Dokument der Schande, ein Katalog der leeren Versprechen, die die Weichen klar in Richtung einer unbewohnbaren Erde stellen”, sagte er in einer Videobotschaft zum neuen Bericht. “Sie ersticken unseren Planeten”, sagte Guterres über Regierungen und Firmen, die für hohe Treibhausgas-Emissionen verantwortlich sind. Die wahren gefährlichen Radikalen seien nicht Klimaaktivisten, sondern jene Länder, die die Produktion von fossilen Brennstoffen ausbauen. Solch eine Strategie sei “moralischer und wirtschaftlicher Wahnsinn”.

Die schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg hat nach der Veröffentlichung vor falschem Optimismus gewarnt: “Wenn ihr den neuen IPCC-Bericht lest, behaltet im Hinterkopf, dass die Wissenschaft vorsichtig ist und dass das hier in den Verhandlungen von Ländern verwässert worden ist”, schrieb die 19-Jährige am Montag auf Twitter.

Gewessler: Ausstieg aus Öl und Gas “Gebot der Stunde”

Auch in Österreich hat der neue Klimabericht erneut den Ruf aus dem Ausstieg aus fossilen Energieträgern laut werden lassen. “Mit dem raschen Ausstieg aus Öl und Gas machen wir uns unabhängig von russischen Machtspielen und betreiben konsequenten Klimaschutz. Das ist jetzt das Gebot der Stunde”, reagierte Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne).

Gewessler zeigte sich aber überzeugt, mit “ambitioniertem Klimaschutz und Anpassungsmaßnahmen” die Klimakrise und ihre Auswirkungen wirksam eindämmen zu können. “Mit dem konsequenten und raschen Umstieg auf grüne Energien aus Sonne, Wind, Wasser und Biomasse. Dafür haben wir die Lösungen schon, und sie werden immer billiger. Seit 2010 sind die Kosten für Sonnenenergie um 85 Prozent und bei Windenergie um 55 Prozent gesunken. Und wir fördern den Ausbau der Erneuerbaren Energien jetzt nochmal zusätzlich mit 250 Millionen Euro”, so die Klimaschutzministerin.

Die Umweltschutzorganisation Greenpeace Österreich forderte ebenfalls, “das fossile Zeitalter so rasch wie möglich zu beenden”. Der Klimabericht zeige, dass der Temperaturanstieg mit den vorhandenen Technologien auf 1,5 Grad Celsius begrenzt und damit die Erderhitzung eingedämmt werden kann. Dafür brauche es jedoch ein “Ende von Kohle, Öl und Gas: Energieträger, die nicht nur die Klimakrise, sondern auch Kriege befeuern. Österreich und andere Länder müssen rasch handeln und ihre Klimaschutzpläne nachbessern”.

(mst)

Titelbild: APA Picturedesk

Markus Steurer
Markus Steurer
Hat eine Leidenschaft für Reportagen. Mit der Kamera ist er meistens dort, wo die spannendsten Geschichten geschrieben werden – draußen bei den Menschen.
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35 Kommentare

  1. Wenn sich 4 von 5 Menschen in Luft auflösen würden, dann verblieben ziemlich genau die Anzahl von Menschen die im Jahr 1900 lebten.
    (1,65 Milliarden)

  2. Darüber würd ich gern täglich etwas lesen, sehen und hören, im Ernst.
    Ist mir schon klar dass Ignoranz fest in unserer Kultur verankert ist. Es ist Zeit unsere Kulturellen Praktiken zu überdenken….wann wenn nicht jetzt?
    Die Auffassung, ausgeliefert zu sein und nichts tun zu können ist weit verbreitet und ich kanns gut nachvollziehen, wie man drauf kommt, ehrlich.

    • Dennoch, die Wahrheit ist, dass ausschließlich wir etwas tun können, um der Klimakatastrophe und sämtlichen anderen Umweltkatastrophen entgegenzuwirken. Das ist nicht leicht anzuerkennen und danach zu denken und handeln ist noch schwerer.
      Die Konsumentengeschichte sollte uns lehren, dass wir nur als Konsumenten Einfluss nehmen können. Wir sind mehr als nur depperte Konsumenten, die wegen ihrer Kaufentscheidung angeblich “den Unterschied” machen. Wir sind Menschen. Wollen wir Frieden, Lebensgrundlagen, soziale Gerechtigkeit, dann können wir jetzt anfangen, zu üben resistent zu werden gegen jegliche Vertrottelungspropaganda!

  3. scary shit! wird aber nicht funktionieren, weil die Machthaber sich nur um ihren eigenen A. kümmern und dem Geld folgen. die älteren Machthaber sterben in 20-30 Jahren und denen juckt es nicht mehr wie es mit dem Planeten weitergeht.
    deren Kinder und Enkeln werden halt die Konsequenz erleiden müssen

  4. Do wird der Mensch no zu fulminanter Höchstform auflaufen, nur um am Schluss festzustellen, dass er die Erde und ihre Launen doch nicht beherrschen konnte, egal wie sehr er sich zuvor am Mitmensch ‘austobte’ …

  5. Umsatz d. Waffenindustrie 2019 überschlagen: 550.000.000 Mio.€ (2019)
    Umsatz Markt Lebensmittel 2022 errechnet:
    7.265.536 Mio. €.
    …was stimmt da nicht?

  6. Im Jahr 2007 hieß es “wir haben nur noch 13 Jahre um die Erde zu retten”. Demnach ist die Erde wohl schon der “Klimakatastrophe” zum Opfer gefallen. In den 70ern sagte man überhaupt eine Eiszeit voraus. “Die Wärmeperiode ist zu Ende”. Das verblödete Systemschaf glaubt wohl in jedem Jahrhundert, was ihm Medien ins Hirn setzen.

  7. Wir stehen hilflos da. Früher haben wirs verdrängt, weggeschoben. Jetzt wird klar, wie hilflos wir sind. Wir können es nicht ändern.

    Putin führt einen Klimavernichtungskrieg. Wir können ihn nicht stoppen, nur weiter eskalieren oder auslaufen lassen. Vor ein paar Jahren haben wir uns einreden lassen, als Konsument:innen könnten wir was ändern. Vor ein paar Jahren haben die fossilen Energiekonzerne viel Geld in die Hand genommen, um zu lobbyieren und Journalisten zu kaufen, damit sie die Klimakrise kleinreden. Wie man sieht, hat Putin davon profitiert.

    Im Prinzip war mit dem Kyoto-Protokoll schon klar, dass man schnellstmöglich aus den Fossilen raus muss. Auf Regierungsebene weltweit war das klar. Dann kam die Propaganda. Fuels are super. Fuels are best. Fuels save Wohlstand. Fuels give meat. Meat is geil.

    Wir sind hilflos. Und jetzt wird das deutlich.

    Der Krieg macht unsere Hilflosigkeit nur sichtbar. Klimakrise und Corona waren unsichtbar, konnten wir beiseite schieben.

  8. Dafür erhöhen wir die Rüstungsproduktion. Viel Panzer mit viel Stahl (ein besonderer CO2 Emittent in der Herstellung) und andere nutzlose Sachen, die Energie verschwenden und das Klima schädigen.
    Der Wiederaufbau in der Ukraine nah dem Krieg wird wieder jede Menge CO2 bei der Zementproduktion erzeugen.

    Schon aus Klimazielen gehört dieser Krieg verhindert.
    Die Werte “Demokratie” können wir uns auf den Hut stecken, wenn es kein erträgliches Klima mehr gibt.

    • Jene Lebewesen die uns überdauern werden dann Spaß daran haben mit der von Menschenhand geschaffenen Welt weiterhin spielen zu dürfen …

  9. Es nötigt mich geradezu, auch hier im “Murmeltierkostüm” zu reflektieren, dass es offenbar der unzerstörbar unselige GLAUBE an kurzfristige “Pyrrhussieg” gemahnende, Shareholder getriebenen Renditen für einige “Wenige” möglich macht, KI-Algorithmus programmiert gesteuerten Experten & Fachidioten die uneingeschränkte Möglichkeit für fossilen Energiehandel- / Produktentwicklung zu geben. Erlauben, subkutan in eine every-day-concinience-live-style-dependence zu bringen, um ein resultierend globales Massenaussterben (inkl. Homo Öconomicus!) in absehbarem Zeitraum zur Vollendung zu bringen.
    -> Eine Dystopie zum Analogon WKII: “Wir ALLE werden es gewusst haben – nur war NIEMAND dafür verantwortlich genug, um diesem Wahnsinn Einhalt zu GEBIETEN”!!!
    (Sorry, mehr Humor & Esprit waren für diesen Beitrag leider nicht verfügbar … )

  10. China wird in diesem Jahr 600 neue Kohlekraftwerke in Betrieb nehmen. China wird in diesem Jahr 150 neue Flughäfen bauen…
    Es muss auch hier heller werden!

  11. Klar ist, dass sich viel ändern muss.
    Aber bitte auch die Superreichen mit Privat Jets, Superjachten zur Kasse bitten. Die sind in der EU von Kerosin Steuer befreit, die Yachten sind in Steueroasen über Firmengeflechte /Strohmänner angemeldet…….
    Nicht nur der Pöbel muß sich in der Lebensweise ändern……..

  12. … so halten es unsere Nachbarn damit: https://orf.at/stories/3257766/
    im letzten Jahrzehnt sind in Deutschland mit vielen Millionen Euro 10.000 Kohlearbeitsplätze gesichert worden, im gleichen Zeitraum sind 30.000 Solararbeitsplätze verloren gegangen. Diese sind nach China abgewandert, mit ihnen die Technologie und das Know how, Deutschland ist mittlerweile ein “Entwicklungsland” was diese Technologie anbelangt, war einst aber führend in dieser Disziplin….

    • Oder es werden innovative Österreichische Firmen an US Konzerne verkauft (Kreisel Elektric an John Deere) damit man die Entwicklung vorantreiben kann. Denn in Österreich hat man nichts anderes zu tun als marode Motorenhersteller zu sponsern.

      • Erinnern Sie sich noch an der Techniker aus NÖ der ausdruckbare Solarzellen entwickelt hat? Ging mit einem normalen Tintenstrahldrucker, auf Papier und wasserfest auf Folie für Boote. Der Wirkungsgrad (unter 10%) war zwar nicht besonders gut, aber die Flächen kosteten fast nichts, ein guter Anfang wie ich meine.
        Shell (größter Hersteller von Solarzellen der Welt), hat das Patent und die Lizenzen aufgekauft, seither hat man nie wieder von dem Mann gehört, er hatte auch die Auflage bekommen nicht mehr in dem Bereich zu forschen….
        Leider war das vor der großflächigen Digitalisierung und ich kann keine Quelle finden – ein Gedankenprotokoll.
        Es gibt mehrere Seite die über sowas spekulieren, aber das es bereits funktioniert hat wissen die nicht….

        • ´copy&paste´ “… geht jo eh um nix” … leider 😒
          da wird’s halt an der manpower für den notwendig weitsichtig (gebildeten) Background in der WKO und IV hapern …

          • in dieser Zeit war Öl und Gas, besonders aus Russland, im Visier.
            Viel Rendite für die Lobbyisten, keine Chance für autonome Inselsysteme die auch vernetzbar gewesen wären…

          • Versaun’s mir heute bitte nicht den Abend – wegen redundanter Echokammer … (schlimm genug, dass wir uns hier hersetzen müssen, um das zu kommentieren, weil’s der Rest im korrumpierten Staat, schlichtweg externer Restriktionen geschuldet, nicht “darf”)
            -> WIE schlafen die alle??? (oder ist das eh nur mit sedierenden Tranquilizern möglich?) Wir wollen`s nicht wirklich wissen …

          • drüber zu reden/schreiben ist wohl die einzige Möglichkeit das Wissen darüber zu verbreiten und Neugier zu wecken, Neugier ist oft ein Antrieb was verändern zu wollen.
            Vernetzte Inselsysteme, egal welche Art von Erneuerbaren, sind die einzige realistische Möglichkeit einen globalen Blackout zu vermeiden.
            Powergrid’s, wie in den USA, sind das nicht, da können einzelne Ausfälle eine Überlastkaskade auslösen und so ganze Landstriche lahm legen…
            Emotionen sind nicht nützlich, steter Diskurs schon.

          • Geld ist ein sanftes Ruhekissen…und je dicker das Polster desto besser schlafen die.

  13. IV Chef Knill wünschte sich diese Woche ein Staatssekretariat was die Gaslieferungen aus Russland anbelangt. Dieses Staatssekretariat solle im Kanzleramt angesiedelt sein, weil der Nehammer angeblich so kompetent in diesen Dingen ist. Das heißt für mich, die IV sucht Unterschlupf unter der Decke der ÖVP und will die grüne Klimaschutzministerin entmachten. Das ist an Dreistigkeit wohl schwer zu überbieten.

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