Freitag, April 19, 2024

“Klimablockierer”, “absoluter Fehlschluss”: Nehammer-Schelte nach Klimabericht

Nach dem bedeutenden Bericht des Weltklimarates, der erneut ein rasches Handeln in der Klimafrage fordert, regnet es in Richtung Kanzler Nehammer heftige Kritik von Experten.

Wien | Der Synthesebericht des UNO-Weltklimarats (IPCC) ist Wasser auf die Mühlen derjenigen Klimaexperten, die seit jeher vor einer Verschärfung der Lage warnen. Kanzler Karl Nehammers (ÖVP) jüngste Aussagen zum Klimaschutz sorgen angesichts dessen für lautstarke Kritik. Denn Nehammer hatte sich erst unlängst gegen das Aus für Verbrennungsmotoren ausgesprochen und verortete bei Klimaschützern einen „Untergangsirrsinn“.

Wütende Reaktionen auf Nehammer-Aussagen

Jasmin Duregger von Greenpeace Österreich bezeichnete Nehammer in einer Aussendung deshalb als „Klimablockierer“, der „lieber aufs Gaspedal in Richtung Abgrund steigt, als den wissenschaftlichen Erkenntnissen ins Auge zu sehen“.  

Daniel Huppmann, Klima und Energieforscher am Institut für angewandte Systemanalyse in Laxenburg, vermutete im Ö1-“Morgenjournal”, dass die Politik in der Klimafrage eine Haltung des „Nicht wissen Wollens“ einnehme. Er verwies auch darauf, dass Nehammer das Thema Klimakrise bei seiner Rede erst nach 50 Minuten angesprochen habe. Dabei sei der Klimaschutz laut Vereinten Nationen und sogar dem Papst „die größte Herausforderung für unsere Zivilisation“. Das zeige „wie wenig wichtig ihm dieses Thema ist“.

In wichtigen Fragen müsse die Politik zunächst unpopuläre Schritte ergreifen, so Huppmann, der zum Beispiel auf das Rauchverbot und die Begegnungszone in der Mariahilferstraße in Wien anführte: „Sobald diese Änderungen einmal umgesetzt wurden, gewöhnt sich die Bevölkerung daran und findet das eigentlich oft besser als es vorher war.“

IPCC-Bericht drängt auf Umdenken

  „Wir haben nur noch ein begrenztes Zeitfenster, um auf dieser Welt eine lebenswerte Zukunft zu sichern für die nächsten Generationen“, sagte Hans-Otto Pörtner vom Alfred-Wegener-Institut in Bremen, einer der Hauptautoren des Syntheseberichts. Man müsse „frühzeitig umsteuern in Richtung Nachhaltigkeit“ forderte er zudem und bekräftigte: „Da gibt es keine Alternative und das ist nicht vielen klar“.

Matthias Garschagen von der renommierten Ludwig-Maximilians-Universität in München warnte, eine Klimaerwärmung über das 1,5-Grad-Ziel hinaus hätte „unumkehrbare Folgen für Gletscher, für Korallenriffe und so weiter“.

Konkret stellt der zusammenfassende Klimabericht klar, dass Emissionen von Treibhausgasen bis 2030 um die Hälfte reduziert werden müssten, um die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen.

Trauen Sie es der Politik zu, die Klimakrise noch abzuwenden?
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Abstimmungen insgesamt: 1187
21.3.2023
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ÖVP will auf Technologie setzen

Sowohl Nehammer, als auch Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (beide ÖVP), unterstrichen zuletzt ihre Absicht, den Klimawandel mittels Fortschritte in der Technologie bekämpfen zu wollen. „Reflexartige Verbote durch die Politik verhindern oft die beste Lösung“, so Edtstadler in sozialen Medien. Die ÖVP hoffe offensichtlich auf technologische Lösungen, um die Treibhausgase in der Atmosphäre zu reduzieren.

Klimabericht erteilt Absage

Dass Technologie die entscheidende Lösung sein kann, bezweifelt der IPCC-Bericht ganz klar. Matthias Garschagen, ebenfalls IPCC-Autor, sagte bei “3Sat”: „Wir sollten klarstellen, und das sagt auch der Bericht sehr sehr klar: Die Emissionsreduzierung ist das Zentrum und davon kann nicht abgelassen werden“ und führte weiter aus „Jetzt zu glauben, dass man mit Technologie Emissionen entziehen könnte und deshalb nachlassen könnte in der Reduktion ist der absolute Fehlschluss, das zeigt der Bericht sehr sehr deutlich.“ Die ÖVP-Strategie steht damit offensichtlich im Widerspruch zu den Ergebenissen der führenden Klimaforscher.

Titelbild: ROLAND SCHLAGER / APA / picturedesk.com, INA FASSBENDER / AFP / picturedesk.com, Montage ZackZack / Thomas König

DanielPilz
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Taucht gern tiefer in komplexe Themengebiete ein. Lebt trotz Philosophiestudiums nicht im Elfenbeinturm und verpasst fast kein Fußballspiel.
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13 Kommentare

  1. In sieben Jahren soll die Treibhausgasemission halbiert werden???? Das ist unmöglich, alleine weil die Einsicht fehlt, dass der Klimawandel eine eklatante Bedrohung für die Menschheit ist. Eigentlich unfassbar was gerade passiert, wir tanzen auf einem Vulkan.

    • Ach, der Neusiedlersee trocknet aus? Egal. Das Wasser kommt ja aus der Leitung. Betrifft ja nur die Burgenländer!

      Es ist unfassbar. Es ist so desaströs. Es ist auch schändlich. Und wir können nur zuschauen.

      Co2 und Methan halbieren? Eine Utopie. Wir steuern auf 3 bis 4° Erwärmung schon zu. Das ist fix. Bei 5° ist es für Menschen kein habitabler Planet mehr. Is ihnen alles wurscht.

      Es hat eher den Eindruck, dass sie geil drauf sind, die Apokalypse persönlich zu erleben.

      • Ich persönlich vergleiche ja schon die Klimaprognosen und die zu erwartenden Temperaturanstiege mit meiner Lebenserwartung, damit ich weiß ob ich besser nicht 80 Jahre alt werde um dann an der Hitze elendig zugrunde zu gehe. Mich kotzt das alles an. Jeder Sommer ist mittlerweile wie eine Lotterie, du weißt nie was kommt. Ich schätze ich werde noch einen guten Teil dieses Desasters erleben müssen wenn das alles weiter so schnell voranschreitet. 🙁

  2. Nehammer ist sogar die Zukunft seiner Kinder wurscht. Wer weiß schon was es dann bei McDonald’s gibt.

  3. “In wichtigen Fragen müsse die Politik zunächst unpopuläre Schritte ergreifen, so Huppmann, der zum Beispiel auf das Rauchverbot und die Begegnungszone in der Mariahilferstraße in Wien anführte: „Sobald diese Änderungen einmal umgesetzt wurden, gewöhnt sich die Bevölkerung daran und findet das eigentlich oft besser als es vorher war.“”

    So ist es wohl in diesem Fall eher nicht. Erstens wartet die Bevölkerung bereits darauf, dass endlich etwas getan wird. Klimaschutz wie Klimaschädigung sind nur politisch steuerbar, nicht auf Einzelne oder Unternehmen abwälzbar.

    JEDE diesbezügliche politsche Entscheidung wird Zumutungen auslösen. Bleibt die politische Entscheidung bei Klimaschädigung wie bisher, dann wird “die Natur” das Wasser abdrehen, die Lebensmittelversorgung auch bei uns verunsichern. Dann sind Verteilungskämpfe auf einem ganz anderen Niveau an der Tagesordnung. Pro Klimaschutz wird auch Verteilungskämpfe auslösen, aber auf einem zivilisierten, moderaten Weg ausgetragen.

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