Sonntag, September 8, 2024

Westenthaler, Rosam, Nehammer: die ersten Fake-Granaten

Wie 2017 und 2019 setzt die ÖVP auf Fake-Granaten. Die ersten wurden gerade in Kronen Zeitung und oe24 gezündet.

„Große Aufregung“. Die herrschte am Freitag zumindest in der Redaktion von oe24 über die eigene Schlagzeile: „Geheimpapier: ÖVP-SPÖ-Pakt für eine neue Regierung“. Die Ernüchterung kam gleich nach der Schlagzeile: „Peter Westenthaler präsentierte dieses verfrühte “Koalitions-Abkommen” am Donnerstag in FELLNER LIVE und seither wird der schwarz-rote Pakt heftig diskutiert.“

Normalerweise wird ein Westenthaler-Papier auf seine Saugfähigkeit untersucht. Doch diesmal scheint mehr hinter der Geschichte zu stecken. Fast zeitgleich tauchte in der Kronen Zeitung ein zweiter Geheimplan auf. Seine Autorin Ida Metzger ist eine enge Freundin von Katharina Nehammer, der Ehefrau und PR-Beraterin des ÖVP-Chefs.

Metzger und Westenthaler

Metzger klingt ähnlich wie Westenthaler: Der rote Geheimplan – So will die SPÖ Babler nach der Wahl entmachten“. Metzger beruft sich auf „einige SPÖ-Granden“, die „deshalb schon an einem Plan feilen“.

Westenthaler legt in oe24 ein unfreiwilliges Geständnis ab. Es handle sich um ein „aus der ÖVP-Spitze stammenden Geheimpapier“. Metzger verschweigt die Namen der „SPÖ-Granden“ ebenso wie Quelle und Erfinder des „Geheimplans“.

Alles deutet darauf hin, dass es sich um SNU – um „strategisch notwendigen Unsinn“ – aus der Wahlkampfzentrale der ÖVP handelt. An den Schlüsselstellen sitzen dort mit Gerald Fleischmann und Katharina Nehammer zwei Profis, die wissen, mit wem man aus Fake News Schlagzeilen machen kann.

Gratulation am Pogusch

Wolfgang Rosam zieht gerne Fäden und hält sie vielen unter die Nase, damit sie sehen, dass Wolfgang Rosam Fäden zieht. Einer der Rosam-Fäden führte kürzlich ins Steirereck am obersteirischen Pogusch.

Dort feierte Wiens Stadtrat Peter Hanke seinen Geburtstag. Sein anwesender Teil der SPÖ überraschte niemanden. Der Gratulant aus dem ÖVP-Lager, dem Rosam im Wahlkampf hilft, war ein Signal: ÖVP-Chef und Bundeskanzler Karl Nehammer.

Nehammer und Hanke verstehen sich persönlich und politisch gut. Wenn es Personen gibt, die mit der SPÖ Nehammer neben der FPÖ eine zweite Regierungsoption bescheren könnten, dann gehört der schillernde Wiener Finanzstadtrat dazu.

Seit er Kanzler ist, führt Nehammer mit seiner Partei einen Überlebenskampf. Die Hanke-Option wäre für ihn die Krücke, mit der er als einziger Spitzenkandidat plötzlich zwei Varianten für seine künftige Regierung hätte. Wenn die SPÖ diesen Fehler macht, verschafft sie der strauchelnden ÖVP als Scharnierpartei zwischen Blau und Rot eine strategisch wertvolle Position.

Aber hat die Wiener SPÖ einen Plan?

SPÖ, Wiener Partei

Auch Wiens Bürgermeister weiß: Peter Hanke verfolgt eigene Pläne. Einer davon rund um die „Wien Holding-Arena“ hat in einem Desaster geendet. Die Vergabe an ein dubioses Briefkasten-Netzwerk wurde gerichtlich gestoppt. Politisch war Hanke rechtzeitig in Deckung gegangen.

Wie einst Wolfgang Sobotka ist er riskanten Spekulationen nicht abgeneigt. Hanke und Nehammer können sich darauf verlassen, dass der Stadtrat von allen SPÖ-Granden am besten in die politische Geschäftswelt der ÖVP passt. An der Spitze des Finanzministeriums, so meinen viele in „der Partei“, hätte er alle Voraussetzungen, ein roter Karl Heinz Grasser zu werden.

Mit Hanke als Personalhoffnung werden über Journalisten-Tools der ÖVP Gerüchte, Michael Ludwig plane nach der Wahl die Übernahme der Regierungsverhandlungen und die politische Entmündigung von Andreas Babler, gestreut.

Ludwig entscheidet selbst, ob den Gerüchten geglaubt wird. Unterstützt er Babler im Wahlkampf mit allen Mitteln der Wiener SPÖ, dann verpufft zumindest diese ÖVP-Nebelgranate im Niemandsland. Hält er sich zurück, macht er sie scharf.

SPÖ, Bundespartei

Andreas Babler merkt, dass die SNU-Granaten der ÖVP immer öfter einschlagen. „Die werden immer nervöser“, merkt Babler gegenüber ZackZack an. Der SPÖ-Chef hat das Wundern längst aufgegeben. „Wenn das Koalitionspapier nur der Herr Westenthaler und niemand in der SPÖ kennt, dann geht es wohl eher um die Koalition, die gerade vorbereitet wird: die zwischen ÖVP und FPÖ.“

In der Bundes-SPÖ hat man sich darauf eingestellt, dass einzelne Zeitungen wie 2017 und 2019 mit Fake-Kampagnen versuchen, der ÖVP die Wahl zu retten. Für Babler scheint klar: „Da fürchten sich einige vor Vermögenssteuern und WKStA gleichzeitig“.


Titelbild: ALEX HALADA / APA / picturedesk.com

Autor

  • Peter Pilz

    Peter Pilz ist Herausgeber von ZackZack.

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