Pop up: Die Popkultur-Kolumne
Seit es den Podcast „Geschichten aus der Geschichte“ gibt, darf die Ausrede „Geschichte ist fad“ nicht mehr gelten.
Pia Miller-Aichholz
Wien, 09. April 2022 | 30-jähriger Krieg, Kolonialisierung, der Wiener Kongress – davon haben wir alle an irgendeinem Punkt schon einmal gehört. Sie reihen sich als große, abstrakte Pfeiler in der Menschheitsgeschichte aneinander. Von den kleinen Geschichten in der großen Geschichte oder Geschehnissen hinter der Kulisse der Weltgeschichte hört man meist wenig. Die Historiker Richard Hemmer und Daniel Meßner erzählen seit 2015 genau diese „Geschichten aus der Geschichte“ in ihrem Podcast. Schon dessen Intro und Outro ist ein Stück Geschichte: Bruno Kreiskys (SPÖ) „Lernen’s a bisserl Geschichte“-Sager gegenüber einem Journalisten von einer Pressekonferenz 1981.
Geschichte, von bis
Woche für Woche erzählt der Eine dem Anderen eine Geschichte, die er entweder selbst ausgegraben oder nach einem Tipp aus Hörerschaft oder Bekanntenkreis recherchiert hat. Der Zuhörende weiß dabei im Voraus nicht, worum es gehen wird und stellt immer wieder auch Zwischenfragen, die fürs Verständnis der Geschichte spannend sind. Humor haben die beiden Historiker auch und spürbar Spaß daran, einander ihre Geschichten zu erzählen. Dabei haben beide ihre erzählerischen Eigenheiten, die man beim Zuhören lieb gewinnt.
Hemmer spricht gerne über Essen, ist immer wieder für einen Exkurs gut und hängt seinen Ausführungen gerne ein feststellend-fragendes “Ja?” an. Meßner erzählt gerne Wissenschafts- und Wirtschaftsgeschichte, baut häufig Expertenstimmen in seine Folgen ein und beginnt seine Erzählungen typischerweise mit einer Frage.
In den Geschichten geht es geografisch von Amerika über Australien und Afrika nach Asien – wenngleich die Folgen häufig recht eurozentrisch sind, was die beiden aber durchaus selbstkritisch anmerken und sukzessive zu beheben versuchen, und thematisch von einem Kriminalfall rund um einen Arm im Magen eines Hais über ausgestorbene Berufe bis hin zur Kartoffel.
Wenig Gelaber, mehr Inhalt
Begonnen haben die beiden mit dem Anspruch, möglichst ohne viel Blabla im Voraus direkt in die Geschichte zu starten und auf maximal 20 Minuten pro Folge zu kommen. Ersteres ziehen sie konsequent durch, sehr zur Freude jener, die den Trend zu Laber-Podcasts gar nicht nachvollziehen können. Die Folgen dauern mittlerweile in der Regel zwischen 20 und 60 Minuten, und das ist auch gut so, denn manchmal gibt eine Geschichte eben mehr her. Fad wird’s nie, wenn Hemmer und Meßner einander Geschichten erzählen.
Immer wieder drückt man sich beim Zuhören gefühlt die Nase an der Scheibe des imaginären Kaffeehauses platt, in dem die beiden sitzen, und sich spannende und kuriose Geschichten erzählen, und wünscht sich, auch Teil der Gang zu sein. Aber man ist ja bescheiden und gibt sich halt mit der wöchentlichen Dosis Geschichte zufrieden. Und die gibt’s überall, wo es Podcasts gibt und auch auf der Podcast-Website.
Titelbild: ZackZack/pma